Methodik und Notifikationstabellen Maastricht-Defizit und -Schuldenstand
Die statistische Abgrenzung der zu meldenden Daten basiert auf den Definitionen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG 2010; englisch: ESA 2010). Das Eurostat-Handbuch "Manual on Government Deficit and Debt – Implementation of ESA 2010" sowie Eurostat-Entscheidungen und Leitlinien zu speziellen Verbuchungsfragen konkretisieren diese Vorgaben einheitlich für alle EU-Mitgliedsstaaten. Zudem legt jeder Mitgliedstaat detailliert dar, anhand welcher Methoden, Verfahren und Quellen er Schulden und Defizite sowie die zugrunde liegenden Staatskonten ermittelt (sog. „EDP inventory“). Diese Veröffentlichungen finden sich auf den Internetseiten von Eurostat. Links dazu finden sich in der rechten Spalte.
Das Statistische Bundesamt berechnet das Maastricht-Defizit, das dem Finanzierungsdefizit nach ESVG 2010 entspricht. Die Tabellen zur Maastricht-Notifikation zeigen die Zusammenhänge zwischen dem Defizit in nationaler finanzstatistischer Abgrenzung und dem Maastricht-Defizit. Angaben hierzu werden auf den Internetseiten des Statistischen Bundesamtes im Bereich Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) veröffentlicht. Die Bundesbank ermittelt den Maastricht-Schuldenstand. Die Notifikations-Tabellen zeigen zudem in Überleitungsrechnungen die Zusammenhänge zwischen dem Maastricht-Defizit und der Veränderung des Maastricht-Schuldenstands.
Tabelle 1 der Maastricht-Notifikation enthält die Angaben zur Berechnung von Defizit- und Schuldenquote des Staates in der für das Europäische Haushaltsüberwachungsverfahren relevanten Abgrenzung. Darüber hinaus gibt die Tabelle einen Überblick über die Defizite der einzelnen staatlichen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen; einschließlich der gemäß VGR zugeordneten Einheiten außerhalb der Kernhaushalte), eine Aufteilung der Schuldenstruktur nach einzelnen Instrumenten, Angaben zu Investitions- und Zinsausgaben sowie zum nominalen Bruttoinlandsprodukt.
Beim Ausweis des Maastricht-Schuldenstandes sind die einzelnen Komponenten zum Nennwert einzurechnen und umfassen die Positionen Bargeld und Einlagen (Münzumlauf), Geldmarkt- und Kapitalmarktpapiere sowie kurz- und langfristige Kredite. Nicht enthalten sind beispielsweise Finanzderivate, Handelskredite und übrige Verbindlichkeiten, die sich aus einer vom Zahlungszeitpunkt abweichenden zeitlichen Zuordnung von Transaktionen in den VGR oder finanziellen Transaktionen am Sekundärmarkt ergeben können.
Abweichend von der Verschuldung gemäß nationaler finanzstatistischer Abgrenzung werden in den Maastricht-Schuldenstand (neben dem Münzumlauf) auch sogenannte unterstellte Kreditaufnahmen einbezogen. Beispiele sind staatlich initiierte Transaktionen, die in ökonomischer Hinsicht dem Staat zuzurechnen sind, jedoch nicht über den Kernhaushalt, sondern von öffentlichen Unternehmen finanziert werden, oder Investitionsausgaben im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften, sofern bestimmte Projektrisiken vom Staat getragen werden. Verbriefungstransaktionen, bei denen der Staat das ökonomische Eigentum nicht vollständig abgibt oder die sich auf künftige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beziehen, werden ebenfalls schuldenwirksam erfasst.
Die Maastricht-Verschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts (Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) wird in Tabelle 1 konsolidiert – das heißt bereinigt um die Verschuldung zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen – ausgewiesen.
Beim Maastricht-Schuldenstand handelt es sich um ein Bruttokonzept. Er unterscheidet sich also insofern von der Nettofinanzposition des Staates, als die Verbindlichkeiten nicht mit den finanziellen Forderungen beziehungsweise den Finanzaktiva des Staates saldiert werden (mit Ausnahme der Konsolidierung innerhalb des Staatssektors). Dies ist der Hauptgrund für Unterschiede zwischen dem Maastricht-Defizit und der Veränderung des Maastricht-Schuldenstandes. Die Notifikationstabellen 3A bis 3E enthalten Überleitungsrechnungen, in denen sowohl für den konsolidierten Gesamtstaat (3A) als auch für die einzelnen Ebenen getrennt (3B bis 3E) die Zusammenhänge zwischen Defizit und Schuldenstandsänderung dargestellt werden. Neben Transaktionen in Finanzaktiva des Staates können auch durch Veränderungen der sonstigen Verbindlichkeiten, die nicht in den Komponenten des Maastricht-Schuldenstandes enthalten sind, Abweichungen entstehen. Weitere Anpassungen bei der Überleitung des Maastricht-Defizits in Veränderungen des Maastricht-Schuldenstandes sind erforderlich, da der Maastricht-Schuldenstand zu Nennwerten und ohne die kapitalisierten (im Defizit enthaltenen) Zinsen ausgewiesen wird. Zudem können unter anderem Veränderungen in der Sektorzugehörigkeit von Einheiten zu Schuldenstandsänderungen führen, die sich nicht im Defizit widerspiegeln.
Während in Tabelle 1 der Maastricht-Notifikation der gesamtstaatliche Schuldenstand konsolidiert erfasst wird, sind in den Schuldenständen der Notifikationstabellen 3B bis 3E auch die Verbindlichkeiten gegenüber anderen staatlichen Ebenen enthalten. Subtrahiert man die ebenfalls ausgewiesenen Bestände an Forderungen gegenüber anderen staatlichen Subsektoren, ergibt sich der Beitrag einer einzelnen Ebene zum konsolidierten Maastricht-Schuldenstand.
Nach der Validierung der Daten durch Eurostat werden die gesamten Notifikationstabellen durch Eurostat veröffentlicht. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 des Rates sind die der Notifikation zugrunde liegenden Quellen- und Methodenbeschreibungen ebenfalls zu veröffentlichen. Auf den Internetseiten von Eurostat finden sich die Quellen- und Methodenbeschreibungen aller Mitgliedstaaten.
Die methodischen Grundlagen sowie die konkrete Ermittlung des Maastricht-Schuldenstands in Deutschland werden in einem Sonderaufsatz im Monatsbericht ausführlicher beschrieben.