Schwerpunkte des Monatsberichts Januar 2016

Zur Investitionstätigkeit im Euro-Raum

Mit der konjunkturellen Erholung im Euro-Raum hat sich auch die Investitionstätigkeit wieder belebt. Die gesamtwirtschaftliche Sachkapitalbildung bleibt jedoch immer noch erheblich hinter der Vorkrisenzeit zurück. Dieser Zeitraum war allerdings durch ein überdurchschnittliches Investitionswachstum in einigen Ländern gekennzeichnet. Insbesondere die Bauinvestitionen hatten dort ein nicht nachhaltiges Ausmaß erreicht. Auch gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Investitionsquote lag die Sachkapitalbildung in den vergangenen Jahren unterhalb ihres längerfristigen Durchschnitts. Während im Mittel der Jahre 1995 bis 2007 22 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Bruttoanlageinvestitionen entfielen, verringerte sich ihr Anteil bis 2014 auf weniger als 20 %.

Dazu beigetragen haben verschlechterte Finanzierungsbedingungen, hohe Unsicherheit und die Notwendigkeit, Schuldenstände abzubauen. Insgesamt war das makroökonomische Umfeld durch gravierende Anpassungsprozesse gekennzeichnet. Einige dieser hemmenden Faktoren haben inzwischen an Bedeutung verloren. Die Finanzierungsbedingungen fallen nicht mehr so restriktiv aus wie in den Vorjahren, und die gesamtwirtschaftliche Unsicherheit erweist sich derzeit als vergleichsweise gering. Stützend wirkt auch die akkommodierende Geldpolitik des Eurosystems. Zudem wurden bereits wichtige makroökonomische Anpassungsleistungen erbracht.

Diese Faktoren sollten die Investitionstätigkeit stützen. Die Investitionstätigkeit leidet jedoch weiter darunter, dass nicht nur die gesamtwirtschaftliche Aktivität in den vergangenen Jahren erheblich hinter früheren Erwartungen zurückgeblieben ist, sondern dass auch die Wachstumsaussichten zurückhaltender eingeschätzt werden als noch vor wenigen Jahren. Aus dieser Perspektive war die Sachkapitalbildung in den Jahren seit der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht generell zu niedrig. In dieses Bild passt, dass trotz der gefallenen Investitionsquote der gesamtwirtschaftliche Kapitalkoeffizient in den vergangenen Jahren seinen Vorkrisenwert übertroffen hat. Eine erfolgversprechende Stärkung der Sachkapitalbildung sollte deshalb weniger an der Investitionstätigkeit selbst ansetzen, sondern eine nachhaltige Stärkung der langfristigen Wachstumsperspektiven im Euro-Raum zum Ziel haben.

Gefragt sind weniger Maßnahmen zur Konjunkturstimulierung; zentral ist vielmehr ein Politikansatz, der auf die Stärkung der langfristigen Wachstumskräfte setzt. Ansonsten wird - trotz einer konjunkturellen Aufhellung - das Expansionstempo der Investitionen mittelfristig verhalten bleiben.

Der Einfluss alternativer Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit auf den realen Güterexport

Traditionell wird der preislichen Wettbewerbsfähigkeit eines Landes eine maßgebliche Rolle für seine Exportentwicklung beigemessen. Auch im Hinblick auf eine adäquate Einschätzung der Wirtschaftslage und der Konjunkturentwicklung stellt sich damit die Frage, welche Indikatoren die preisliche Wettbewerbsfähigkeit besonders treffend abbilden. So ist es zwar weitgehender Konsens, dass reale Wechselkurse die Entwicklung der relativen Preis- oder Kostenposition einer Volkswirtschaft vergleichsweise gut widerspiegeln und sich somit als Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit eignen. Es steht aber vor allem in der Diskussion, welcher Preis- oder Kostenindex für ihre Berechnung herangezogen werden soll, damit der Indikator in einem besonders engen Bezug zur realen Ausfuhr steht. Jeder der gebräuchlichen Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit ist mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden.

Aus konzeptioneller Sicht spricht aber einiges dafür, dass Indikatoren auf Basis breit abgegrenzter Preis- und Kostenindizes die preisliche Wettbewerbsfähigkeit angemessener abbilden können als enger abgegrenzte, da letztere die Preis- und Kostenentwicklung nur in Teilbereichen der heimischen Wirtschaft erfassen. So decken beispielsweise die früher weit verbreiteten Indikatoren auf der Basis von Lohnstückkosten im Verarbeitenden Gewerbe lediglich einen Teil der relativen Kostenentwicklung ab. Dieser ist für die Entwicklung der gesamten Kosten in der deutschen Wirtschaft nicht unbedingt repräsentativ und kann damit leicht zu Verzerrungen und Fehlinterpretationen führen. Preis- und Kostenindizes, die auf gesamtwirtschaftliche Größen abstellen, vermeiden diesen Nachteil.

Der vorliegende Aufsatz präsentiert eine aktuelle länderübergreifende empirische Untersuchung zur Eignung alternativer Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit als Bestimmungsgrößen des realen Güterexports. Dabei wird festgestellt, dass eine Änderung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit generell einen statistisch signifikanten und ökonomisch bedeutsamen langfristigen Einfluss auf die Ausfuhr ausübt. Es stellte sich aber auch heraus, dass zwischen Indikatoren auf Basis von Verbraucherpreisindizes und dem realen Export oft kein langfristiger Zusammenhang besteht. Zudem erwies sich die Prognosequalität von produzenten- und verbraucherpreisbasierten Indikatoren für die langfristige Exportentwicklung als vergleichsweise schwach. Nach verschiedenen Kriterien günstigere Ergebnisse erhält man hingegen für Indikatoren auf Basis von Deflatoren des Gesamtabsatzes, von BIP-Deflatoren oder auch von Lohnstückkosten in der Gesamtwirtschaft. Dies stützt die oben geäußerte Vermutung, dass Indikatoren auf Basis breiter abgegrenzter Aggregate zur Abbildung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit für die Erklärung des realen Güterexports zu bevorzugen sind.

Die Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute im einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus

Am 4. November 2014 hat der einheitliche europäische Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism: SSM) als einer der zentralen Eckpfeiler einer Bankenunion seine Tätigkeit aufgenommen. Dieser soll einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten sowie zur Stabilität des Finanzsystems in der Europäischen Union und jedem einzelnen Mitgliedstaat leisten. Im Gegensatz zu den bedeutenden Instituten, die in der Regel eine Bilanzsumme von über 30 Mrd Euro aufweisen und direkt von der EZB beaufsichtigt werden, liegt die direkte Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute weiterhin bei den nationalen Aufsichtsbehörden.

In Deutschland betrifft dies circa 1 660 Institute, die gemeinsam durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Bundesbank beaufsichtigt werden. Hier bleibt es bei den bisherigen Zuständigkeiten und Aufgaben. Insbesondere nimmt die Bundesbank die laufende Überwachung der Institute wahr. Damit ist sie auch in Zukunft Ansprechpartner für die Institute vor Ort. Die Europäische Zentralbank (EZB) übt über die weniger bedeutenden Institute eine indirekte Aufsicht im Sinne einer Überwachungsfunktion aus. Ziel ist die Sicherstellung einheitlicher und hoher Aufsichtsstandards sowie eines konsistenten Vorgehens innerhalb des SSM.

Zurzeit werden diese gemeinsamen Aufsichtsstandards schrittweise von der EZB in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden erarbeitet. Zudem können Aufsichtsschwerpunkte oder Grundsätze für die Bewertung bestimmter Sachverhalte durch die EZB vorgegeben werden. In Ausnahmefällen kann die EZB die direkte Aufsicht übernehmen, wenn dies zur Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards erforderlich ist. Im Rahmen ihrer Überwachungsfunktion kann die EZB Verordnungen, Leitlinien oder allgemeine Weisungen erlassen, welche die nationalen Aufseher umzusetzen haben, sowie Empfehlungen an die Aufseher adressieren. Darüber hinaus haben die nationalen Behörden bestimmte Mitteilungspflichten gegenüber der EZB einzuhalten. Zudem kann die EZB weitergehende Informationsanfragen an die nationalen Behörden stellen.

Die Intensität der indirekten Aufsicht durch die EZB richtet sich nach der Priorität eines Instituts, die anhand seines Risikoprofils und seines Einflusses auf das heimische Finanzsystem ermittelt wird. Insgesamt ist nach etwas mehr als einem Jahr SSM grundsätzlich eine positive Bilanz im Bereich der indirekten Aufsicht zu ziehen. Durch die enge Kooperation und den intensiven Dialog zwischen der EZB und den nationalen Aufsehern konnte auf dem Weg zu einer einheitlichen europäischen Aufsicht bereits einiges erreicht werden. Gleichzeitig bleiben aber viele Herausforderungen bestehen. Im laufenden Jahr gilt es insbesondere, den Austausch sowie die Abstimmungsprozesse zwischen der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden weiter zu optimieren. BaFin und Bundesbank werden sich dabei gemeinsam dafür einsetzen, dass dem Proportionalitätsprinzip und der klaren Zuständigkeitsverteilung zwischen EZB und nationalen Aufsehern bei der Beaufsichtigung der weniger bedeutenden Institute ausreichend Rechnung getragen wird.