Investitions­tätigkeit in den Euro-Ländern erholt sich nur langsam

In den meisten Euro-Ländern bleibt die Investitionstätigkeit noch weit hinter dem Vorkrisenstand zurück. "Am größten ist der Rückstand mit über 70 Prozent in Griechenland und fast 60 Prozent in Zypern", heißt es im jüngsten Monatsbericht der Bundesbank. In Italien, Spanien, und Portugal belaufe sich das Minus auf 30 Prozent, in Frankreich auf fast 10 Prozent. Lediglich in drei Mitgliedsländern, darunter Deutschland, wurden der Vorkrisenstand laut dem Bericht wieder erreicht oder geringfügig überschritten.

Insgesamt erhole sich die Investitionstätigkeit aber derzeit. Grund dafür seien die inzwischen verbesserten Finanzierungsbedingungen, eine geringere Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung sowie die konjunkturelle Entwicklung, die nun wieder anziehe. "Seit dem Frühjahr 2013 zeigt die Konjunktur im Euro-Raum wieder nach oben. Auch die Bruttoanlageinvestitionen sind seither wieder aufwärtsgerichtet", schreiben die Bundesbank-Ökonomen. Um die Investitionen weiter anzukurbeln, ist aus Sicht der Autoren ein Politikansatz notwendig, der durch Strukturreformen die langfristigen Wachstumsperspektiven des Euro-Raums stärkt.

Verschlechterte Finanzierungsbedingungen, hohe Unsicherheit und die Notwendigkeit, Schuldenstände abzubauen, haben nach Meinung der Bundesbank-Ökonomen in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass sich Unternehmen, private Haushalte und die öffentliche Hand bei den Investitionen zurückgehalten haben.

Private Haushalte und nichtfinanzielle Unternehmen hätten in der Vorkrisenzeit hohe Schulden angehäuft, schreiben die Autoren. So sei die Verschuldung der privaten Haushalte im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 1999 und 2007 in Spanien um 39 Prozentpunkte auf 81 Prozent, in Portugal um 34 Prozentpunkte auf 87 Prozent und in Irland um 50 Prozentpunkte auf 100 Prozent gestiegen. "Der Zwang, Schuldenstände abzubauen, drückt auf die Wirtschaftstätigkeit insgesamt und die Investitionen im Besonderen", schreiben die Ökonomen. Schließlich müssten Mittel aufgewendet werden, um Schulden zurückzuführen. Diese stünden Akteuren dann nicht mehr für Investitionen zur Verfügung.

Nach Meinung der Autoren beeinflussten die Entwicklung auch die gesamtwirtschaftlichen und politischen Turbulenzen der letzten Jahre. "In Zeiten erhöhter Unsicherheit liegt bei in die Zukunft reichenden Entscheidungen eine abwartende Haltung nahe. Insbesondere die Investitionsentscheidungen der Unternehmen sollten hiervon betroffen sein", schreiben sie. Zudem sei die Finanz- und Wirtschaftskrise in einigen Ländern zunächst mit einer Verschärfung der Kreditvergabestandards einhergegangen, was die Investitionen ebenfalls gedrückt haben könnte.

Dass die Investitionen in den Euro-Ländern im Vergleich zur Vorkrisenzeit schwach ausfallen, liegt nach Meinung der Autoren auch daran, dass das Investitionswachstum vor der Krise in einigen Ländern überdurchschnittlich gewesen war. "Insbesondere die Bauinvestitionen hatten dort ein nicht nachhaltiges Ausmaß erreicht", schreiben die Bundesbank-Ökonomen.

Mit der Finanzkrise im Jahr 2008 kam es dann zum Umbruch. Die Wohnungsbauinvestitionen verringerten sich etwa in Griechenland um 90 Prozent, in Irland um 70 Prozent und in Spanien um 50 Prozent; im Vergleich der Zeiträume 1999 bis 2007 und 2007 bis 2014. Bis heute seien die Bauinvestitionen in der Tendenz abwärts gerichtet. "Der Rückgang betraf insbesondere den Wohnungsbau, war jedoch auch beim sonstigen Bau, das heißt dem Wirtschaftsbau sowie der Erstellung öffentlicher und privater Infrastruktur, sehr ausgeprägt", heißt es in dem Bericht. Bauinvestitionen machen einen großen Teil der gesamten Investitionen aus, im Jahr 2014 beispielsweise gut 50 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Bruttoanlageinvestitionen im Euroraum. Gehen sie zurück, hat dies großen Einfluss auf die Entwicklung der Investitionen insgesamt, zu denen auch Ausrüstungen und Investitionen in geistiges Eigentum zählen. 

Investitionen haben für die Wirtschaft gleich zwei wichtige Funktionen: Sie sind zum einen eine wichtige Komponente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Außerdem tragen sie zum Kapitalstock bei, der nach der Definition des Statistischen Bundesamtes alle produzierten Vermögensgüter umfasst, die länger als ein Jahr wiederholt oder dauerhaft in der Produktion eingesetzt werden. Damit sind Investitionen eine "zentrale Determinante der gesamtwirtschaftlichen Produktionsmöglichkeiten", wie es in dem Bericht heißt. Werde der Kapitalstock nicht regelmäßig erneuert, erschwere dies die Umsetzung des technischen Fortschritts und den gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel.