Eurosystem beginnt mit Überprüfung der geldpolitischen Strategie
In der geldpolitischen Sitzung vom 23. Januar hat der EZB-Rat die Überprüfung seiner geldpolitischen Strategie beschlossen. In dem nun beginnenden Prozess sollen neben den nationalen Notenbanken auch die Öffentlichkeit und die Zivilgesellschaft eingebunden werden.
Die Überprüfung umfasst das Verständnis von Preisstabilität, die geldpolitischen Instrumentarien, die wirtschaftliche und monetäre Analyse sowie die Kommunikationspolitik der Zentralbank. Teil der Überprüfung wird auch die Frage sein, wie andere Überlegungen, beispielsweise zu Finanzstabilität, Beschäftigung und ökologischer Nachhaltigkeit, bei der Erfüllung des Mandats der EZB von Bedeutung sein können. Der EZB-Rat wird im Zuge einer Bestandsaufnahme prüfen, wie die Erfüllung des im Vertrag verankerten Mandats der EZB über die Jahre hinweg durch die geldpolitische Strategie unterstützt wurde und ob Strategieelemente angepasst werden müssen.
Die geldpolitische Strategie des Eurosystems wurde 1998 festgelegt, wobei einige Strategieelemente 2003 präzisiert wurden. Bis Ende des Jahres soll der Überprüfungsprozess abgeschlossen sein.
Tiefgreifende strukturelle Veränderungen
Die Wirtschaft des Euroraums und die Weltwirtschaft sind seit 2003 mit tiefgreifenden strukturellen Veränderungen konfrontiert, zu denen der Rückgang des Trendwachstums aufgrund einer sich verlangsamenden Produktivität und der Bevölkerungsalterung sowie die Nachwirkungen der Finanzkrise gehören. Hiermit verbunden war ein deutlicher Rückgang der Inflation, der die Notenbank vor andere Herausforderungen stellte, als sie es aus historischer Perspektive von der Bewältigung hoher Inflation kennt. Die Bedrohung der Umwelt, die rasche Digitalisierung, die Globalisierung und sich wandelnde finanzielle Strukturen haben das Umfeld, in dem die Geldpolitik agiert, sowie die Dynamik der Inflation weiter verändert.
Angesichts dieser Herausforderungen hat der EZB-Rat beschlossen, unter uneingeschränkter Achtung des im Vertrag verankerten Preisstabilitätsmandats mit einer Überprüfung der geldpolitischen Strategie zu beginnen. „Es ist an der Zeit, die geldpolitischen Lehren zu ziehen – aus den vergangenen Jahren niedriger Inflation und niedriger Zinsen, aber auch aus der Finanzkrise“
, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit Blick auf die Strategieüberprüfung. „Besonders wichtig ist mir, dass wir unsere Politik verständlich gestalten und auf die Menschen zugehen“
, so Weidmann.
Flankierende Veranstaltungen
Begleitet wird der Prozess mit einer Reihe von Veranstaltungen der nationalen Zentralbanken und der EZB. Dort diskutieren die Notenbanken mit Bürgerinnen und Bürgern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Wissenschaft über die Strategie des Eurosystems. Den Auftakt macht die EZB in Brüssel. Der Termin soll im zweiten Halbjahr 2020 stattfinden. Die Bundesbank wird ihre ursprünglich auf den 4. Mai 2020 terminierte Veranstaltung mit Vertreterinnen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Wirtschafts- und Verbraucherverbänden in Frankfurt am Main auf den Herbst verschieben. Der genaue Termin wird bestimmt, wenn die Lage wieder eine verlässlichere Planung zulässt.
Ende Oktober 2020 soll die Diskussion um die geldpolitische Strategie des Eurosystems auch ein inhaltlicher Schwerpunkt bei Euro20+ sein. Die Veranstaltung, zu der die Bundesbank 250 junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren einlädt, findet am 30. und 31. Oktober zum dritten Mal statt. Zu Gast wird diesmal unter anderem der spanische Notenbankgouverneur Pablo Hernandez de Cos sein. Nach den jetzigen Planungen wird Bundesbankpräsident Jens Weidmann Anfang 2021 zudem zu einem Bürgerdialog in Essen mit Gästen aus der Region einladen, bei dem über aktuellen geldpolitischen Themen sowie über den Strategieprozess diskutiert wird. Weitere Informationen zum Strategieprozess finden Sie auf der Website der EZB.