Bundesbank-Studie: Wie Bargeld in der Zukunft genutzt wird
Wie wird Bargeld in der Zukunft genutzt werden? Dieser Frage geht eine aktuelle Studie der Bundesbank nach, die dazu drei unterschiedliche Szenarien für das Bezahlen mit Bargeld im Jahr 2037 skizziert. Wir wollten eine Vorstellung davon erhalten, in welchem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld Bargeld zukünftig eingebettet ist, um daraus Handlungsoptionen ableiten zu können
, sagte Bundesbankvorstand Burkhard Balz, unter anderem zuständig für Bargeld, bei der Vorstellung der Studie. Die Zukunftsszenarien sollen einen Beitrag dazu leisten, dass die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden, damit Bargeld auch künftig ein attraktives, allgemein verfügbares und akzeptiertes Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel ist
, ergänzte Balz.
Die Bundesbank hat den gesetzlichen Auftrag, in Deutschland jederzeit ausreichend Euro-Bargeld in hoher Qualität bereitzustellen. Sie sorgt für die Verteilung an Handel und Banken, zieht Falschgeld aus dem Verkehr und ersetzt beschädigte Münzen und Banknoten. Obwohl bargeldlose Zahlungsinstrumente heute immer mehr an Bedeutung gewinnen, ist Bargeld in Deutschland nach wie vor das meistgenutzte Zahlungsmittel – insbesondere bei kleineren Beträgen und alltäglichen Einkäufen.
Mögliche Zukunftsbilder zeigen, wie Bargeld genutzt wird
Die in der Studie erstellten Szenarien sind dabei keine Prognosen, sondern mögliche Zukunftsbilder. Sie verdeutlichen Konsequenzen von möglichen Entwicklungen und unterstützen Entscheidungsträgerinnen und -träger dadurch bei einer ganzheitlichen strategischen Planung.
Das Szenario „Die hyperdigitale Bezahlwelt“ beschreibt eine stark digitalisierte Welt, in der Bargeld aus dem Alltag der meisten Menschen beinahe verschwunden ist. Aufgrund geopolitischer Verschiebungen und der Digitalisierung haben wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen stattgefunden. Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz sichern den Wohlstand. Alle Lebensbereiche, auch das Bezahlen, sind stark digitalisiert. Es gibt nur noch wenige Bankfilialen oder Geldautomaten und auch das Geldabheben an der Ladenkasse ist nicht mehr möglich, da die Menschen im Handel kaum noch bar bezahlen.
Das zweite Szenario „Die Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance“ beschreibt eine teilweise Rückbesinnung auf das Bargeld und seine Vorzüge. Als Reaktion auf globale Lieferkettenprobleme kaufen Menschen Produkte wieder zunehmend lokal und regional. Zudem ist das Bewusstsein in der Bevölkerung, sich auf Katastrophen und Krisensituationen vorzubereiten, durch ihre Erfahrungen in der jüngsten Vergangenheit gestiegen. Nach der Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen, der Einführung von Rundungsregeln und dem vermehrten Einsatz von Bezahlautomaten empfinden es die Menschen als unkompliziert und schnell, Bargeld zu verwenden. Die Bargeldnutzung ist in diesem Szenario zwar zunächst gesunken, stabilisiert sich aber in den 2030er Jahren.
Das Szenario „Die verschwindende hybride Bezahlwelt“ spiegelt hingegen ein Umfeld wider, in dem es sehr stark von den Lebensumständen und Einstellungen der Menschen abhängt, ob sie Bargeld nutzen. Im Handel werden die Kundinnen und Kunden dazu ermuntert, bargeldlos zu zahlen. Der Zugang zu Bargeld verschlechtert sich stetig und die Bargeldnutzung schleicht sich aus.
Erhalt und Verwendung von Bargeld ist kein Selbstläufer
In allen drei Szenarien ist der Anteil von Bargeld an den Gesamttransaktionen in den nächsten 15 bis 20 Jahren im Vergleich zu heute rückläufig. In keinem Zukunftsszenario verschwinde das Bargeld jedoch komplett, kommentierte Burkhard Balz die Ergebnisse der Studie. In zwei von drei Bezahlwelten wären der Zugang zu Bargeld und die Akzeptanz allerdings nicht voll gewährleistet. Damit wäre die Wahlfreiheit praktisch nicht gegeben und die Stabilisierungsfunktion von Bargeld in Krisenzeiten gefährdet. In einer repräsentativen Umfrage der Studie hätten jedoch 93 Prozent der Befragten angegeben, dass sie auch in Zukunft selbst entscheiden möchten, ob sie bar oder unbar bezahlen. Alle Akteure des Bargeldkreislaufs und die Politik müssten handeln, um diesen Wunsch nach Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr gerecht zu werden, so Balz weiter. Die Studie zeigt, dass der Erhalt und die breite Verwendung des Bargelds keine Selbstläufer sind.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, möchte die Bundesbank unter anderem die Zusammenarbeit mit den Bargeldakteuren und ihren Dialog mit der Zivilgesellschaft verstärken. Sie wird in ihr effizientes und zukunftssicheres Filialnetz investieren und die wissenschaftlichen Analysen fortsetzen, um ihren gesetzlichen Auftrag auch zukünftig zu erfüllen und Bargeld als physisches Kernprodukt sicherzustellen.
Interviews und umfassende Literaturrecherche
Die von der Bundesbank in Auftrag gegebene Studie wurde vom Dienstleistungsunternehmen VDI/VDE Innovation + Technik und dem Meinungsforschungsinstitut Sinus von Februar 2022 bis November 2023 erstellt. Sie identifiziert anhand von Interviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Bargeldakteuren und Sozialverbänden sowie einer umfassenden Literaturrecherche und einer repräsentativen Online-Umfrage eine Reihe von Schlüsselfaktoren, die Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Bargelds haben könnten. Schlüsselfaktoren sind zum Beispiel die allgemeine Bargeldakzeptanz, etwa im Handel oder im öffentlichen Personennahverkehr, der Zugang zu Bargeld zum Beispiel über Geldautomaten oder an der Ladenkasse, die Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher an Zahlungsmittel oder die Verbreitung verschiedener unbarer Zahlungsmittel.