Kräne vor blauem Himmel im Hamburger Hafen ©robertdering / Adobe Stock

Bundesbank rechnet erst Anfang 2024 mit leichter wirtschaftlicher Erholung

Die deutsche Wirtschaft bewegt sich weiterhin in konjunkturell schwerem Fahrwasser, heißt es im Monatsbericht November. Im dritten Quartal 2023 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes saisonbereinigt um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Industrie litt noch immer unter den Folgen des vorangegangenen Energiepreisschocks und der schwachen Nachfrage aus dem Ausland. Gestiegene Finanzierungskosten dämpften weiterhin die privaten Investitionen und damit auch die inländische Nachfrage nach Industriegütern und insbesondere nach Bauleistungen. In der Industrie sackte auch die Produktion in Branchen, wie dem Automobilbau, die vorher noch stützend wirkten, kräftig ab. Der Anteil der Industrieunternehmen, die über zu geringe Nachfrage klagen, stieg nach Umfragen des ifo Instituts weiter deutlich an und liegt mittlerweile bei 36 Prozent. 

Kauflaune der Haushalte blieb gedämpft

Auch der private Konsum blieb im dritten Quartal wohl schwunglos. Trotz kräftiger Lohnsteigerungen, rückläufiger Inflationsraten und einer stabilen Beschäftigung hielten sich die Verbraucherinnen und Verbraucher mit zusätzlichen Ausgaben noch zurück, schreiben die Fachleute. Im Einzelhandel sanken die preisbereinigten Umsätze in fast allen Bereichen. Der Dienstleistungssektor (ohne Handel) zeigte sich hingegen in diesem schwierigen Umfeld recht robust. 

Arbeitsmarkt weiterhin stabil

Der robuste Arbeitsmarkt stabilisierte weiterhin das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland, heißt es im Monatsbericht. Trotz leicht gesunkener Wirtschaftsleistung blieb die Beschäftigung in Sommer weiter auf dem hohen Stand des Vorquartals. Saisonbereinigt übertraf die gesamte Erwerbstätigkeit im Durchschnitt des dritten Quartals den Stand des Vorquartals um gerade 8.000 Personen (+0,0 Prozent). Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich moderat. Im Oktober stieg sie jedoch etwas stärker, die entsprechende Quote lag damit bei 5,8 Prozent. Zugleich lag die Zahl der offenen Stellen weiterhin auf hohem Niveau. Das bedeutet, dass die immer noch sehr hohe Anspannung des Arbeitsmarktes – ausgedrückt durch das Verhältnis der offenen Stellen zu den Arbeitslosen – nur wenig nachließ, schreiben die Fachleute. Da die Beschäftigungsaussichten im Oktober stabil blieben, rechnet die Bundesbank auch im Herbst mit keinem nennenswerten Rückgang der Beschäftigung.

Tarifverdienste im Sommer kräftig gestiegen

Die Tarifverdienste stiegen im Sommerquartal 2023 kräftig um 4,7 Prozent und damit stärker als im Frühjahr (+3,9 Prozent). Hierbei spielten nicht nur hohe abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien eine wichtige Rolle, in den jüngeren Tarifabschlüssen wurden auch höhere dauerhafte Lohnsteigerungen vereinbart. Und die Forderungen bleiben hoch: Auch für die weiteren im Herbst verhandelnden Branchen streben die Gewerkschaften kräftige Lohnzuwächse an.

Inflationsrate im Oktober weiter deutlich gesunken

Die Verbraucherpreise, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), sanken im Oktober gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 0,2 Prozent, nachdem sie im September noch um 0,3 Prozent gestiegen waren. Dies lag hauptsächlich an den niedrigeren Energiepreisen, aber auch bei Nahrungsmitteln und Dienstleistungen verlangsamte sich der Preisauftrieb. Die Inflationsrate verringerte sich gegenüber dem Vorjahr erneut erheblich von 4,3 Prozent auf 3,0 Prozent. Dämpfend wirkte im Vorjahresvergleich insbesondere ein Basiseffekt bei den Energiepreisen. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel sank daher weniger stark von 4,8 Prozent auf 4,2 Prozent. Sie liegt damit aber immer noch weit über dem historischen Durchschnitt und oberhalb der Gesamtrate, schreiben die Autorinnen und Autoren. Nach ihrer Einschätzung dürfte die Inflationsrate in den kommenden Monaten um ihren gegenwärtigen Wert schwanken. 

Leichte Erholung erst nach dem Jahreswechsel erwartet

Die deutsche Wirtschaft wird sich wohl nur mühsam aus ihrer seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine anhaltenden Schwächephase befreien, schreiben die Fachleute weiter. Sie rechnen erst im ersten Quartal 2024 wieder mit einer leichten Zunahme der Wirtschaftsleistung. Die realen Nettoeinkommen der privaten Haushalte dürften aufgrund der hohen Lohnsteigerungen und des nachlassenden Preisdrucks weiter steigen. Selbst wenn die privaten Haushalte bei ihren Ausgaben noch etwas zurückhaltend bleiben, werden sie ihren realen Konsum nach und nach ausweiten und damit die Binnenkonjunktur stützen. 

Die Industrie hat nach wie vor mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen. Die schwache Auslandsnachfrage und die Folgen des vorangegangenen Energiepreisschocks bremsen laut Monatsbericht weiterhin ihre Produktion. Die Bundesbank sieht jedoch erste zaghafte Anzeichen für eine zögerliche Besserung nach dem Jahreswechsel. So deutet die Grundtendenz in den Auftragseingängen darauf hin, dass die Auslandsnachfrage die Talsohle erreicht haben könnte. Und die ifo Geschäftserwartungen der Unternehmen hellten sich zuletzt leicht auf.