„Ich bin besorgt, was das für die künftige Haushaltsdisziplin im Euro-Raum bedeutet“
Im Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“ zeigte sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann besorgt mit Blick auf die Einigung im Haushaltsstreit zwischen der italienischen Regierung und der EU-Kommission. „Es wird der Kommission und anderen Regierungen künftig noch schwerer fallen, auf solide Staatsfinanzen zu dringen“
, sagte Weidmann. Er wünsche sich, dass die Regeln stringent umgesetzt würden und die Bindungswirkung nicht weiter geschwächt werde – „auch mit Blick auf die Akzeptanz weiterer Integrationsschritte“
, so Weidmann.
Auch an Frankreich appellierte er, jetzt das Defizit zu senken. „Es wäre richtig, in guten Zeiten für schlechte vorzusorgen, die Drei-Prozent-Grenze einzuhalten und das strukturellen Defizit angemessen zu senken“
, sagte Weidmann.
Abschottung ist keine Lösung
Vor dem Hintergrund des 20-jährigen Jubiläums des Euro im Jahr 2019 sagte Weidmann, dass die Zustimmung zur gemeinsamen Währung trotz aller Kritik in den meisten Ländern hoch sei. In der Krise seien die eigene Geldpolitik und der eigene Wechselkurs als Anpassungsinstrumente weggefallen. Die nationale Wirtschaftspolitik sei daher umso mehr gefordert, erklärte er. „Das wurde vor der Krise offenbar unterschätzt“
, so Weidmann.
Der Bundesbankpräsident gestand ein, dass im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise Vertrauen in das marktwirtschaftliche System verloren gegangen sei. „Abschottung und der Versuch, das Rad zurückzudrehen, sind aber keine Lösung“
, warnte Weidmann. Er plädierte dafür, sich auf europäischer Ebene auf solche Projekte zu konzentrieren, die einen erkennbaren europäischen Mehrwert für die Bürger hätten. Dazu gehörten beispielsweise die Grenzsicherung, die Klima- oder die Verteidigungspolitik. Zwar würden eine Währungsunion und eine politische Union aus Sicht Weidmanns gut zusammenpassen. „Aber die Bereitschaft, die man dazu braucht – nämlich umfassendes nationales Entscheidungsrecht aufzugeben –, sehe ich nicht“,
sagte er.
Wichtiger Schritt in Richtung Normalisierung
Weidmann begrüßte die Entscheidung des EZB-Rats, ab Januar 2019 keine neuen Staatsanleihen mehr zu kaufen. Dies sei ein erster, bedeutender Schritt der Normalisierung. Gleichzeitig betonte er, dass das Programm noch nicht beendet sei und die Geldpolitik weiterhin expansiv bleibe, da auslaufende Anleihen noch für einen längeren Zeitraum reinvestiert würden: „Der EZB-Rat lässt den Fuß auf dem Gaspedal, tritt es aber nicht noch weiter durch.“