Bankenaufsicht - Konstanz im Wandel
Seit mittlerweile fast 90 Jahren gibt es in Deutschland eine staatliche Aufsicht über die Finanzinstitute. In dieser Zeit ist nur eines konstant geblieben: Der Wandel und damit die Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten. So wurde das nach der Bankenkrise 1931 entworfene und 1934 erstmals beschlossene Kreditwesengesetz mittlerweile sechsmal novelliert. Dazu wurde die Aufsichtspraxis und Gesetzgebung immer wieder den aktuellen Begebenheiten angepasst.
Die letzte Anpassung erfolgte nach der Finanzkrise im Jahr 2007 mit der Einführung von Basel III im Jahr 2010. Bedeutend war auch die Gründung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus SSM (Single Supervisory Mechanism) im Jahr 2014. Aktuell steht die Bankenaufsicht vor einer neuen Herausforderung: Dem Umgang mit der Corona-Pandemie und ihrer Bedeutung für die Leistungs- und Handlungsfähigkeit der Institute.
Marcus Haas – Experte für „Operationelle Risiken“
Marcus Haas hat den Wandel fast fünfzehn Jahre mitbegleitet. Seit Oktober 2019 ist er Fachdozent für die Bankenaufsicht im Zentrum für internationalen Zentralbankdialog. Als Referent für "Operationelle Risiken" hat er ein Thema betreut, das sich innerhalb kurzer Zeit stark veränderte - von der Einführung interner Modelle mit Basel II im Jahr 2007 bis zu deren Abschaffung im Dezember 2017 durch die Finalisierung von Basel III. Durch seine langjährige Tätigkeit im Zentralbereich Bankenaufsicht bringt er neben seiner Fachexpertise auch ein riesiges Netzwerk mit. Dies kommt ihm in seiner neuen Tätigkeit zu Gute: "Um die aktuellsten Entwicklungen in der Bankenaufsicht mit unseren Partnernotenbanken zu teilen, bin ich auf die Expertise der Kollegen und Kolleginnen im Fachbereich angewiesen", sagt Haas. "Das Wissen über aufsichtliche Themen ist in der Regel spätestens nach einem Jahr veraltet."
Aktuelles Fachwissen durch riesiges Netzwerk
Insbesondere die Twinning-Projekte mit Nordmazedonien, Montenegro und Albanien benötigen den neuesten Stand der Regulierung, hier sollen schließlich möglichst die aktuellen EU-Regelungen implementiert werden. Generell sind in der bilateralen und internationalen Zusammenarbeit aktuelle Trends und Entwicklungen in der Bankenaufsicht gefragt. So erreichen das ZiZ vermehrt Anfragen zu Themen wie Green Finance, Fintechs, Leverage Ratio und seit kurzem auch zur Corona-Pandemie. So fand beispielsweise Ende April ein Austausch per Videokonferenz mit der Bank of Israel zur Kontrolle von Händlern im Homeoffice statt.
Homeoffice statt Dienstreisen
Dass das Corona-Virus derzeit internationale Begegnungen und Reisen verhindert, sieht Haas sportlich: "Wir haben unsere Partnernotenbanken angeschrieben, ob sie sich Veranstaltungen als Web-Seminare oder Videokonferenzen vorstellen könnten und das Feedback war fast durchgängig positiv". So finden bereits im Mai und Juni erste Web-Seminare zu Vor-Ort-Prüfungen, Eigenmitteln, IT Aufsicht und Vergütungsrichtlinien statt. Montenegro und die Ukraine werden die ersten Länder sein, für die Veranstaltungen komplett elektronisch durchgeführt werden. Das ZiZ hat hierfür eine Lizenz der Web-Seminar-Software "YuLinc" gekauft. Zudem steht WebEx als Tool für Videokonferenzen zur Verfügung.
Für die mittelfristige Zukunft sollen insbesondere Teile der internationalen Zentralbankkurse als Web-Seminar angeboten werden. Den Anfang wird dabei der Kurs "Introduction to the Basel III framework" machen, der in mehreren Blöcken im Wochenrhythmus angeboten werden soll. Haas hat sich mit seinem Arbeitsplatz im Homeoffice arrangiert und freut sich auf die Herausforderung, Kurse vor einer Kamera anstatt vor Publikum zu halten. Dabei kommt ihm eines seiner Hobbies zu Gute: Er betreibt einen YouTube-Kanal in dem er antiquarische Kochbücher vorstellt.
Text: Marcus Haas
Fotos: Alexandra Lechner, Marcus Haas