Weidmann: Beim Preisausblick überwiegen derzeit die Aufwärtsrisiken
Bundesbankpräsident Jens Weidmann rechnet mit verstärktem Preisdruck in Deutschland in den kommenden Monaten. Zum Jahresende sei in Deutschland mit Raten zu rechnen, die in Richtung 5 Prozent gehen könnten, sagte er beim Bundesbank-Symposium „Bankenaufsicht im Dialog“. Die zunehmende Teuerung gehe aber vor allem auf vorübergehende Faktoren wie den Anstieg der Rohölpreise und die Rückkehr zu höheren Mehrwertsteuersätzen zurück. Sobald diese Effekte ausliefen, werde sich die Inflationsrate wieder mäßigen – in Deutschland und im Euroraum insgesamt. „Allerdings müssen wir auch auf die Risiken beim Preisausblick achten. Aus meiner Sicht überwiegen derzeit die Aufwärtsrisiken“
, betonte Weidmann. So könnten Angebotsengpässe zusätzliche Preisschübe auslösen. Auch in der Pandemie angehäufte Ersparnisse spielten eine Rolle. Weidmann zufolge könnten die privaten Haushalte sie stärker für Konsum ausgeben als erwartet. „Und wenn diese vorübergehenden Faktoren zu höheren Inflationserwartungen und beschleunigtem Lohnwachstum führen, kann die Inflationsrate auch längerfristig spürbar steigen.“
PEPP schrittweise zurückfahren
Für den EZB-Rat sei die entscheidende Frage, wie hartnäckig der verstärkte Preisauftrieb im Euroraum sein werde, so Weidmann. Zuletzt habe die Inflationsprognose für den Euroraum in den kommenden Jahren deutlich unter der Zielrate von 2 Prozent gelegen. Daher sei eine expansive Geldpolitik weiterhin angemessen. Laut Weidmann sollte aber auch das Risiko einer zu hohen Inflation nicht ausgeblendet werden. „Angesichts der bestehenden Unsicherheit sollten wir den sehr lockeren Kurs der Geldpolitik nicht für zu lange festschreiben“
, sagte Weidmann. Dafür habe er im EZB-Rat bei der Diskussion um die Forward Guidance geworben. Mit Forward Guidance bezeichnet die EZB ihre Kommunikation hinsichtlich der längerfristigen Ausrichtung der Geldpolitik.
Weidmann sprach sich zudem dafür aus, das Notfallankaufprogramm PEPP zu beenden, sobald die pandemische Notsituation überwunden sei. „Wegen der anhaltenden Unsicherheit können wir den PEPP-Ausstieg aber nicht weit im Voraus festlegen“
, so Weidmann. „Damit die PEPP-Nettokäufe dann nicht ruckartig enden müssen, sollten wir sie meines Erachtens schon vorher schrittweise zurückfahren, wenn es die Situation erlaubt.“
Bankensystem in robuster Verfassung
Bei dem Symposium sprach auch Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling, der in seiner Rede den Fokus auf die anstehenden Veränderungen für die deutschen Banken lenkte. „Die Transformationen der Volkswirtschaft durch den Strukturwandel Post-Corona, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung erfordern gigantische Investitionen und Kredite“,
sagte er. Auf diesen neuen, andersartigen Kreditbedarf seien die deutschen Banken jedoch kaum vorbereitet. Banken müssten ihre Finanzierungsinstrumente überprüfen und anpassen, um an der Transformation teilzunehmen.
Die Panels des Symposiums drehten sich unter anderem um das Bankgeschäft nach der Coronapandemie sowie um die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Karen Braun-Munzinger, stellvertretende Leiterin des Bereichs Banken und Finanzaufsicht bei der Bundesbank, zeigte bei ihrem Vortrag unter anderem die aus dem Klimawandel entstehenden Risiken für die Banken auf. Weitere Vorträge hielten Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Industrie (BDI) und Christoph Bornschein, Gründer und Geschäftsführer eines Digitalunternehmens.