Niedrige Zinsen belasten Banken und Sparkassen weiterhin

Die niedrigen Zinsen machen den Banken und Sparkassen in Deutschland weiterhin zu schaffen. "Die durch niedrige Zinsen verursachte Durststrecke ist noch längst nicht überstanden", sagte Bundesbankvorstand Andreas Dombret bei der Vorstellung der aktuellen Umfrage zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute in Frankfurt am Main. Laut der Umfrage rechnen die 1.555 befragten kleineren und mittelgroßen Institute auf Sicht von fünf Jahren mit einem Gewinnrückgang um 16 Prozent vor Steuern im Verhältnis zu ihrer Bilanz. Bei der vorigen Umfrage im Jahr 2015 waren die Banken und Sparkassen noch von einem Rückgang um 25 Prozent ausgegangen.

"Der Abschwung hat  sich fortgesetzt, aber ein wenig verlangsamt", kommentierte Dombret dieses Ergebnis. Banken leiden unter niedrigen Zinsen, weil durch sie ihre Margen im Zinsgeschäft zurückgehen. Laufen beispielsweise hoch verzinste Anlagen aus, können Banken und Sparkassen diese nur zu erheblich geringeren Zinsen erneut anlegen. Das drückt auf ihre Erträge. Der aktuellen Umfrage zufolge zeigten sich die Banken und Sparkassen aber trotzdem gut kapitalisiert. Dies helfe den meisten Instituten dabei, die Verluste aus dem Niedrigzinsumfeld abzufedern, sagte Raimund Röseler, der für Bankenaufsicht zuständige Exekutivdirektor der BaFin. Er stellte die Ergebnisse gemeinsam mit dem Bundesbankvorstand in Frankfurt am Main vor. Die teilnehmenden Banken und Sparkassen stehen gemessen an der Bilanzsumme für etwa 41 Prozent des deutschen Bankenmarktes und machen zahlenmäßig 88 Prozent aller deutschen Institute aus. Sie unterliegen der direkten Aufsicht von BaFin und Bundesbank. Die Studie befragte nicht die deutschen Großbanken, die unter der direkten Aufsicht der Europäischen Zentralbank stehen.

Kreditinstitute spielen Szenarien durch

Neben der Offenlegung ihrer eigenen Planszenarien  waren die teilnehmenden Institute auch dazu aufgefordert worden, fünf hypothetische Zinsszenarien für den Zeitraum von 2017 bis 2021 durchzuspielen. "Bei einem Fortbestehen des niedrigen Zinsniveaus oder gar einem weiteren Absinken würden die Ergebnisse einbrechen", beschrieb Dombret die Erkenntnisse. Sollte die Phase niedriger Zinsen bis 2021 andauern, würde der Gewinnrückgang bei einer im Szenario angenommenen konstanten Bilanzsumme 41 Prozent betragen. Bei Szenarien mit weiteren Zinssenkungen erwarteten die Institute Einbußen von sogar 60 Prozent. Würden die Banken ihr Portfolio in diesem Szenario im Rahmen einer dynamischen Bilanzannahme anpassen, fielen die Einbußen etwas geringer aus (minus 41 Prozent). "Anders sieht es bei einem Zinsanstieg aus", sagte Dombret. Zwar würden die Institute auch dann zunächst Gewinneinbrüche erwarten, mittel- bis langfristig würden die Ergebnisse aber sogar um 7 Prozent über den Wert von 2016 steigen, wie aus den Modellrechnungen hervorgeht. "Doch eine solch positive Entwicklung erwarten die Banken und Sparkassen nicht, weil dieses Zinsszenario nicht als wahrscheinlich angesehen wird", sagte Dombret.

Teil der Umfrage war auch ein Stresstest, der die Widerstandsfähigkeit der Institute unter verschiedenen Szenarien prüfte, welche Zinsänderungsrisiken, Kredit- und Marktpreisrisiken berücksichtigten.  Laut der Aufseher sind die meisten der befragten Institute widerstandsfähig genug und verfügen über ausreichend dicke Kapitalpuffer, um solche möglichen Schocks abfedern zu können. "Auch nach Stress sind die Institute überwiegend stark kapitalisiert und können die aufsichtlichen Kapitalanforderungen weit übererfüllen", sagte Röseler. "In allen Szenarien sehen wir eine Erosion der traditionellen Ertragsbasis, aber nirgendwo sehen wir ein flächendeckendes Problem des deutschen Bankensektors." "Allerdings könnten im Stressfall 68 der Institute trotz Berücksichtigung stiller Reserven ihre Kapitalanforderungen nicht mehr erfüllen.

Institute unter Druck

Angesichts der aktuellen Entwicklungen geraten die Institute aus Sicht von Dombret aber zunehmend unter Ergebnisdruck. Die Standards für die Kreditvergabe seien zwar noch nicht weitreichend gelockert worden. Dennoch zeige sich angesichts der großen Nachfrage nach Finanzierungen wegen der niedrigen Zinsen, dass die Institute tendenziell bereit seien, höhere Risiken einzugehen, sagte Dombret. Ein Trend zu höherer Risikobereitschaft sei bei der Vergabe von Immobilienkrediten zu beobachten. "Im Niedrigzinsumfeld nehmen die Immobilienkredite in den Bankbilanzen zu - sowohl das Gesamtvolumen als auch die durchschnittliche Kreditgröße sind merklich gestiegen", sagte Dombret. "Außerdem scheinen die Institute bereit zu sein, Kredite gegen geringere Sicherheiten zu vergeben." Trotzdem sehe die Bundesbank keine Anzeichen für eine Wohnimmobilienpreisblase.

Im Hinblick auf die schrumpfenden Margen im Zinsgeschäft würden die Banken und Sparkassen zudem zunehmend alternative Ertragsquellen erschließen. "Insbesondere das Provisionsgeschäft wird künftig mehr zur Stabilisierung der Ergebnisse beitragen", so Dombret. Doch sind diese Gegenmaßnahmen aus seiner Sicht noch nicht ausreichend. "Für eine Kehrtwende sind weitere, größere Anstrengungen erforderlich", so der Bundesbankvorstand. "Grundsätzlich raten wir Banken: Nehmt kosten- und risikogerechte Preise", sagte Röseler in diesem Kontext. Auch der Trend zu Fusionen nehme zu, so die Aufseher.