Nachhaltiges Investieren bedeutet nicht, Rendite aufzugeben

Joachim Wuermeling bei seiner Rede beim ersten Portfoliotag der Bundesbank ©Nils Thies
Joachim Wuermeling
Bundesbankvorstandsmitglied Joachim Wuermeling hat sich dafür ausgesprochen, Nachhaltigkeits­standards für öffentliche Finanzanlagen in Deutschland zu entwickeln. "Solche Standards wären nicht nur gut für die Portfolioverwaltung. Ohne Frage würden sie auch ein klares Signal für nachhaltiges Investieren nach außen setzen", sagte Wuermeling. Die Bundesbank stehe in diesem Prozess als Mediator und Fazilitator bereit. Nachhaltiges Investieren habe handfeste wirtschaftliche Gründe und sei "kein 'grünes Sahnehäubchen' für den, der es sich leisten kann", so Wuermeling.

Die Bundesbank verwaltet im Auftrag ihrer Mandatsgeber deren Portfolios. Ihre Aufgabe ist es, die Anlagestrategien ihrer Mandatsgeber umzusetzen. Dazu gehören unter anderem die Bundesländer aber auch die Bundesrepublik Deutschland. Dabei steht die Notenbank ihren Kunden mit ihrer Marktexpertise beratend zur Seite, trifft aber selbst keine Anlage­entscheidungen. Bereits seit 2007 setzt die Bundesbank für einzelne öffentliche Mandatsgeber nachhaltige Anlagestrategien um.

Im Rahmen des ersten Portfoliotags diskutierten auf Einladung der Bundesbank erstmalig Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer und des Bundes darüber, wie das Zukunftsthema nachhaltige Geldanlage in Deutschland in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gelangen kann. Dabei ging es um die Frage, wie neben den klassischen Zielen der Vermögensanlage – Rentabilität, Sicherheit und Liquidität – zusätzlich auch Aspekte der Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung Berücksichtigung finden können.

Keine Entscheidung des Entweder-oder

Für gemeinsame Standards sprach sich auch Werner Schnappauf, Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung, in seinem Vortrag aus. Deutschland solle die Möglichkeit nutzen, freiwillig Standards zu setzen, bevor diese Standards durch Regulierung gesetzt würden. "Jetzt ist der ideale Zeitpunkt sich mit einer nachhaltigen Finanzpolitik in dieses Konzert einzubringen", sagte Schnappauf mit Blick auf andere europäische Länder, die in diesem Bereich schon deutlich weiter seien.

Trotz der bereits bestehenden Produktvielfalt und Innovationsfreude am Rentenmarkt, bestehe hier laut Manuel Cseh, Portfoliomanager bei der Bundesbank, noch starkes Entwicklungspotenzial. So bleibe das Angebot oftmals deutlich hinter der Nachfrage zurück, so dass mögliche neue Emittenten von diesem Umstand profitieren könnten.

David Döhrmann beim ersten Portfoliotag der Bundesbank ©Nils Thies
David Döhrmann
David Döhrmann, Portfolio Analyst bei der Bundesbank, sagte in seinem Vortrag, dass Nachhaltigkeit nicht bedeuten müsse, Rendite aufzugeben. Vergleiche man nachhaltige Aktienindizes mit konventionellen, zeige sich, dass nachhaltige Indizes gleich gut oder sogar besser entwickeln können als konventionelle Aktienindizes. "Nachhaltiges Investieren ist keine Entscheidung des Entweder-oder", so Döhrmann.
 

Alexander Bassen beim ersten Portfoliotag der Bundesbank ©Nils Thies
Alexander Bassen
Diese These stützte auch Alexander Bassen, Professor an der Universität Hamburg und Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Er präsentierte eine Analyse von rund 2000 Studien, die sich mit der Frage befasst haben, ob nachhaltiges Handeln positiv oder negativ auf den Unternehmenserfolg wirkt. Das aus seiner Sicht überraschende Ergebnis: Etwa die Hälfte der untersuchten Studien fand einen positiven Zusammenhang zwischen nachhaltigem Handeln und finanziellem Erfolg; 90 Prozent konnten zumindest keinen negativen Zusammenhang feststellen.

Nachhaltiges Handeln noch nicht etabliert

Dennoch sei nachhaltiges Handeln im Finanzsektor in Deutschland noch nicht etabliert, so Bassen. Frankreich, die Niederlande, die Schweiz und auch Großbritannien seien sowohl in Bezug auf die verwalteten Vermögen als auch auf die gewählte Strategie deutlich weiter. "Hier hinkt Deutschland hinter anderen europäischen Ländern noch hinterher", so Bassens Fazit.

Jens Spahn und Joachim Wuermeling beim ersten Portfoliotag der Bundesbank ©Nils Thies
Von links: Jens Spahn und Joachim Wuermeling
Jens Spahn, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, stellte Bassens Ausführungen eine Reihe von Initiativen entgegen, bei denen Deutschland im Bereich Green Finance bereits involviert sei. Dazu gehöre der 2017 gegründete Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung. Bei der Entwicklung einer Anlagestrategie für diesen Fonds spielten nachhaltige Investments eine wichtige Rolle, so Spahn. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beschäftige sich intensiv mit dem Thema Green Finance. Sie habe in den vergangenen zehn Jahren mehr als 250 Milliarden Euro für Umwelt- und Klimaschutz bereitgestellt und sei auch am Green-Bonds-Markt ein großer Mitspieler, sowohl als Investor als auch als Emittent. 

Anlageentscheidungen des Staates nicht politisieren

Aus Sicht von Spahn ist nun eine Diskussion darüber notwendig, inwieweit politische Einmischung bei öffentlichen Investitionsentscheidungen überhaupt gewollt oder wünschenswert sei. "Letztlich ist die Entscheidung für ein nachhaltiges Investment immer eine Wertentscheidung", sagte Spahn. Grundsätzlich sei zwar jeder damit einverstanden, nachhaltige Überlegungen bei der Anlage staatlicher Gelder einzubeziehen. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung gehe, sehe es oft anders aus. Insbesondere im Bereich Klimaschutz gingen die Meinungen oft weit auseinander. "Die Kernfrage ist, bis zu welchem Ausmaß die Anlageentscheidungen des Staates und derjenigen, die öffentliches Geld verwalten, politisiert werden sollten", so Spahn.