Monatsbericht: Wie grenzüberschreitende Zahlungen beeinflusst werden und welche Rolle das deutsche Bankensystem dabei spielt
Deutschland ist eine offene Volkswirtschaft, in der täglich eine Vielzahl wirtschaftlicher Transaktionen mit dem Ausland getätigt wird. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen Warenexport oder -import, eine Reise ins Ausland oder den Erwerb von ausländischen Wertpapieren handeln. Mit jeder dieser Transaktionen geht eine grenzüberschreitende Zahlung einher. Diese internationale Verflechtung ist für das Leben, Arbeiten und Wirtschaften in Deutschland und vielen anderen Ländern ganz selbstverständlich. Das Bankensystem – also die monetären Finanzinstitute im Inland einschließlich der Zentralbank – erbringt dabei die Zahlungsdienstleistung für alle grenzüberschreitenden Transaktionen. Der aktuelle Monatsbericht geht darauf ein, wie unterschiedliche Entwicklungen im In- und Ausland die damit verbundenen Liquiditätsströme beeinflussen.
Konjunktur, Unsicherheit und Geldpolitik sind wichtige Faktoren
Ein wichtiger Faktor der grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit sei die konjunkturelle Entwicklung, und zwar jene im Ausland verglichen mit der Konjunktur in Deutschland, schreiben die Bundesbank-Fachleute in dem Bericht. Läuft zum Beispiel die Konjunktur im Ausland besser als in Deutschland, steige die Nachfrage nach deutschen Produkten. Die Warenexporte ins Ausland nehmen stärker zu als die -importe, die Leistungsbilanzüberschüsse würden somit begünstigt. Diese gingen dann für sich genommen mit Liquiditätszuflüssen über das deutsche Bankensystem einher.
Auch die Stimmung an den Finanzmärkten sei entscheidend. In einem ruhigen Marktumfeld seien Investoren eher dazu bereit, höhere Risiken in Kauf zu nehmen. In Zeiten erhöhter Unsicherheit strebten Anleger hingegen häufig in „sichere Häfen“, um abrupte Vermögensverluste zu vermeiden. Seien im Falle globaler Krisen vor allem US-amerikanische Wertpapiere gefragt, fließe Liquidität aus dem deutschen Bankensystem ab. Wollten sich Anleger, die auf Euro lautende Instrumente halten möchten, in erster Linie vor kritischen Entwicklungen in anderen Teilen des Euro-Währungsgebiets schützen, gelte ihr Interesse hingegen vornehmlich deutschen Staatsschuldverschreibungen. Dem deutschen Bankensystem fließe folglich Liquidität zu.
Auch die Geldpolitik beeinflusse grenzüberschreitende Transaktionen. So führe beispielsweise eine – im Vergleich zur Geldpolitik in anderen Teilen der Welt – restriktivere Geldpolitik über verschiedene Wirkungen dazu, dass dem deutschen Bankensystem tendenziell Liquidität aus dem (Nicht-Euro-) Ausland zufließt. Zudem wirke die Geldpolitik etwa über ihre Effekte auf den Wechselkurs, Vermögenspreise oder die grenzüberschreitende Kreditvergabe ein.
Mithilfe eines speziellen Modells untersuchten die Fachleute der Bundesbank, wie die drei beschriebenen Faktoren – Konjunktur, Unsicherheit und Geldpolitik – auf die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse aktuell wirken.
Im Jahr 2021 begünstigten Geldpolitik und Konjunktur eher Liquiditätsabflüsse aus dem deutschen Bankensystem
, schreiben die Fachleute. Seit Mitte des Jahres 2022 zeige sich aber die restriktivere Wirkung der Geldpolitik, die wieder mehr Liquiditätszuflüsse nach Deutschland begünstige. Unsicherheit und Konjunktur wirkten hingegen bis zuletzt dämpfend auf die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe eine Zäsur in den außenwirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands dargestellt und zu mehr Unsicherheit geführt. Dies habe weltweit zu einer verstärkten Nachfrage nach US-amerikanischen Wertpapieren geführt. Der Krieg habe auch die Wirtschaft hierzulande belastet und zusammen mit steigenden Rohstoffpreisen zu einer drastischen Verminderung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses geführt.
EZB-Rat strafft die Geldpolitik
Seit Mitte des Jahres 2022 hat der EZB-Rat die Zinsen merklich angehoben, zudem beendete er die Nettoankäufe von Vermögenswerten im Rahmen des sogenannten APP-Programms. Im März 2023 begann der Abbau der Anleihebestände von EZB und nationalen Zentralbanken. Die geldpolitisch motivierten Wertpapierankäufe hatten in den Jahren zuvor zu einer starken Ausweitung der Zentralbankbilanzen geführt.
Privater Interbankenmarkt verlor seit der Finanzkrise an Bedeutung
Die Fachleute untersuchten zudem die Rollenverteilung innerhalb des Bankensystems mit Blick auf die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse. Bis zur internationalen Finanzkrise stellten Geschäftsbanken einander ausreichend Mittel am privaten Interbankenmarkt zur Verfügung – auch grenzüberschreitend
, schreiben sie. Mit der Finanzkrise und der Staatsschuldenkrise in einigen Ländern des Euroraums habe der private Interbankenmarkt jedoch an Bedeutung verloren. Seitdem spielte die Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken auch im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr eine größere Rolle.
Der Bericht endet deshalb mit der Botschaft, dass sich die Bundesbank für den Abbau der Überschussliquidität im Eurosystem einsetzt. Dann läge es wieder verstärkt bei den Geschäftsbanken, finanzielle Mittel zu Marktkonditionen zu verleihen und auf diese Weise knappe Ressourcen zuzuteilen.
Dies ist ein klares Bekenntnis zur Marktwirtschaft, in der diese Aufgabe grundsätzlich privaten Akteuren zufällt.