100 Jahre deutsche Zahlungsbilanz Ein Rückblick von 1924 bis 2024
- Veröffentlichung von Ergebnissen
- Einreichung von Meldungen
- Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 6
- Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 5
- Erläuterungen zur Tabelle: Jubiläum 100 Jahre Zahlungsbilanz
- Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 4
- Weiterentwicklung des statistischen Erhebungssystems II
- Weiterentwicklung des statistischen Erhebungssystems I
- Statistisches Beiheft 3
- Statistische Meldungen zur Zahlungsbilanz
- Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 3
- Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 2
- Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 1
- Weiterentwicklung der Konzepte
- Die ersten internationalen Vorgaben zur Zahlungsbilanz
- Der Anfang der offiziellen deutschen Zahlungsbilanz
- „Memorandum on Balance of Payments and foreign trade balances”
- Resolution des Völkerbunds
- Die erste deutsche Zahlungsbilanz
Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass, im Jahr 2024 öfter einen Blick zurückzuwerfen. An dieser Stelle möchten wir Sie auf eine kleine Reise mitnehmen und Ihnen zeigen, wo die Zahlungsbilanzen von 1924 und 2024 noch sehr ähnlich sind und wo sie sich (deutlich) unterscheiden.
Darüber hinaus wird es einen Monatsberichtsaufsatz geben, der die letzten 100 Jahre der Zahlungsbilanz beleuchtet.
Veröffentlichung von Ergebnissen
Die Bundesbank veröffentlichte statistische Ergebnisse traditionell im Anhang des Monatsberichts. Da die Ergebnisse für die verschiedenen Statistiken der Bundesbank so umfangreich sind, dass der Monatsbericht zu dick wäre, wurden die meisten Ergebnisse in sogenannten Beiheften zum Monatsbericht ausgegliedert. Diese Printpublikationen konnte man sich je Interesse zum Monatsbericht dazu bestellen. Der Druck der Beihefte wurde Ende 2018 eingestellt. Die Informationen wurden dann nur noch als pdf-Datei zur Verfügung gestellt.
Im April 2020 wurden die Beihefte durch die sogenannten Fachreihen ersetzt. Auch wenn die Fachreihen auf den ersten Blick eine starke Ähnlichkeit zu den Beiheften haben gibt es doch einen entscheidenden Unterschied. Die Ergebnisse in den Fachreihen werden nicht mehr an einem Stichtag zur Verfügung gestellt. Vielmehr kann jede Tabelle einen eigenen Veröffentlichungstermin haben. Somit erhält man bei der Fachreihe immer die aktuellsten Informationen. Diese aktuellen Fachreihen findet man auf den jeweiligen Statistikseiten rechts unter „Daten“.
Um in wissenschaftlichen Arbeiten leichter zitieren zu können gibt es neben dieser Ausgabe, regelmäßige (meist monatliche) „eingefrorenen“ Versionen, die man auf der Webseite der Bundebank unter Publikationen findet.
Interne Links
Aktualisierte Fachreihe
Eingefrorene Fachreihe
bundesbank.de
Einreichung von Meldungen
Die Anforderungen an die Granularität der Zahlungsbilanz steigen seit jeher. Daher ist es für die Statistik unerlässlich, ständig an der Verbesserung der technischen Infrastruktur zu arbeiten, um die wachsenden Datenmengen effizient verarbeiten zu können. Dazu gehört auch, aber nicht nur, die Einreichung von Meldungen.
Die Übermittlung der Daten ist schon lange elektronisch möglich. Vor dem Zeitalter des Internets wurden noch physische Datenträger ausgetauscht. Mit der Etablierung des Internets war auch eine direkte Übermittlung möglich. Daneben gab es für sehr lange Zeit aber immer auch die Möglichkeit die Meldungen auf einem Papiervordruck einzureichen. Diese Möglichkeit wurde auch rege genutzt. Mit der neuen Außenwirtschaftsverordnung 2013 wurde die elektronische Einreichung verpflichtend. Seitdem sind die Papierberge in der Statistik Geschichte.
Aktuell wird die Einreichungsplattform, das Allgemeine Meldeportal Statistik (AMS), von Grund auf neu konzipiert, um die Einreichung für Melder noch komfortabler zu ermöglichen.
Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 6
In den 90iger und früher 2000er Jahren gab es eine Reihe von Zahlungsbilanzkrisen (u. a. Mexiko 1994, Asien 1997, Argentinien 2002), die durch untragbar hohe Auslandsschulden mitverursacht wurden. Diese Krisen verdeutlichten die enorme Bedeutung des Auslandsvermögensstatus in der wirtschaftspolitischen Analyse. Die Konzepte zur Messung der Außenwirtschaft reagierten darauf radikal. Während in der 5. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs der Auslandsvermögensstatus erstmals auf wenigen Seiten beschrieben wurde, stellt die 6. Auflage den Auslandsvermögensstatus in das Zentrum der Betrachtung, während die Zahlungsbilanz hauptsächlich die Veränderungen im Auslandsvermögensstatus erklärt. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass die Buchungskonventionen in der Kapitalbilanz so geändert wurden, dass das Vorzeichen der Kapitalbilanz die Bestandsveränderung anzeigt. Der Auslandsvermögensstatus wurde auch in den Namen des Handbuchs aufgenommen (Balance of Payments and International Investment Position Manual). Es wurde auch diskutiert, ob es sich damit um ein ganz neues Konzept handelt und man die Zählung der Handbücher wieder bei 1 beginnen sollte. Hier hat man sich offensichtlich dagegen entschieden.
Die Fortschritte in der EDV haben außerdem dazu geführt, dass der Handel mit Dienstleistungen weiter stark zugenommen hat. Darauf wurde von der UN bereits 2002 mit einem eigenen Handbuch zum internationalen Dienstleistungshandel reagiert, das 2010 aktualisiert wurde. Die Messung des internationalen Dienstleistungshandels, ausgehend von der Zahlungsbilanz, wurde so weiterentwickelt. Dienstleistungsstatistiken, die hier vorgeschlagen wurden, werden zum Teil von der Bundesbank seit 2024 erstellt.
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Externe Links
imf.org
unstats.un.org
Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 5
Bereits zu Beginn der konzeptionellen Überlegungen zur sinnvollen Messung von außenwirtschaftlichen Verflechtungen war klar, dass es neben der Messung der Transaktionen auch die Messung von Beständen wichtig ist. Die Herausforderungen für eine zuverlässige Messung der Bestände wurde aber wohl als zu hoch angesehen, während gerade am Anfang die Bestände noch sehr niedrig waren. Daher hat man sich auf die Messung der Transaktionen in der Zahlungsbilanz beschränkt. In der 5. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs sollte sich das ändern. Hier wurde nun erstmal die Messung der außenwirtschaftlichen Bestände in Form des Auslandsvermögensstatus konzeptionell vom Internationalen Währungsfonds beschrieben.
Außerdem hatte sich die wirtschaftliche Verflechtung seit der 4. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs verändert. Einerseits ist der Handel mit Dienstleistungen stark gestiegen und dieser wird nun differenzierter dargestellt. Anderseits hat die Liberalisierung auf den internationalen Kapitalmärkten zu seiner wesentlichen Verstärkung der Verflechtung und neuen Produkten geführt, deren statistische Behandlung nun ebenfalls beschrieben werden.
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imf.org
Erläuterungen zur Tabelle: Jubiläum 100 Jahre Zahlungsbilanz
Bei der Erstellung von statistischen Ergebnissen wird hoher Wert daraufgelegt, dass die Ergebnisse über die Zeit vergleichbar sind. Die grundsätzlichen Konzepte der Zahlungsbilanz blieben über den gesamten dargestellten Zeitraum sehr stabil. Der Fokus der Darstellung hat sich über die Zeit aber stark verändert. Es ist daher nicht trivial, die Ergebnisse von 1924 und 2023 in einem sinnvollen und einheitlichen Schema darzustellen. Es wäre einfacher gewesen, die Darstellung am aktuellen Rand in die früheren Darstellungen zu übersetzen. Da ein heutiger Nutzer der Tabelle aber die heutige Darstellung kennt, halten wir den Nutzen der Tabelle in der aktuellen Darstellung für höher, auch wenn in den frühen Jahren nur eine grobe Zuordnung der Ergebnisse möglich war.
Bei der hier vorliegenden Zusammenstellung der Ergebnisse der Zahlungsbilanz seit 1924 gibt es einige gravierende Einschränkungen beim zeitlichen Vergleich der Ergebnisse:
- Wirtschaftsgebiet: Über den Zeitablauf hat sich die Fläche Deutschlands mehrfach geändert. Die Statistik bildet die außenwirtschaftlichen Verflechtungen des jeweiligen Landeszuschnitts ab.
- Währung: Vor 1949 werden die Ergebnisse in Reichsmark dargestellt. Die Ergebnisse ab 1949 werden in Euro darstellt. Dabei wurden die früheren Ergebnisse in DM mit dem offiziellen Wechsel (1 Euro = 1,95583 DM) umgerechnet.
- Konzepte: Die Zahlungsbilanz wird aktuell nach den Vorgaben der 6. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs erstellt.
Von 1991 bis zum aktuellen Rand erfüllen die Ergebnisse diese Vorgaben weitestgehend.
Von 1971 bis 1990 wurden bei der Implementierung der 6. Auflage (2014) grobe Umrechnungen vorgenommen, wo dies möglich war.
Vor 1971 wurde lediglich das Vorzeichen der Kapitalbilanz gedreht. Weiterführende Anpassungen an veränderte Konzepte wurden nicht vorgenommen.
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Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 4
1973 wurde das System fester Wechselkurse von Bretton Woods, welches die Währungsordnung über Jahrzehnte hinweg bestimmt hatte, faktisch aufgelöst. Dies hatte starke Auswirkungen auf die internationalen Finanzmärkte und deren Verflechtungen. Diese massiven Veränderungen haben zu einer Überarbeitung des Zahlungsbilanzhandbuchs in 1977 geführt. Die analytische Rolle der Zahlungsbilanz für finanzielle Transaktionen ist stark gewachsen. Die Zahlungsbilanz musste viele neue analytische Fragen beantworten.
Die Autoren des Zahlungsbilanzhandbuchs haben dem insofern Rechnung getragen, dass sie die Zahlungsbilanz zu einem außenwirtschaftlichen Rechenwerk weiterentwickelt haben und so den Nutzern viele unterschiedliche analytische Bausteine zur Verfügung stellen wollen. Die offensichtlichsten Änderungen betreffen dabei die Kapitalbilanz. Mit der Einführung der Funktionalkategorien (Direktinvestitionen, Wertpapiere, Übriger Kapitalverkehr) wird zur besseren Analyse der geänderten Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten reagiert.
Nach über 50 Jahren kontinuierliche Entwicklung in der Zahlungsbilanz stellt die 4. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs die größte Revolution in den Konzepten der Zahlungsbilanz dar. Jede Statistik, die relevant ist muss sich weiterentwickeln, um bei geänderten Rahmenbedingungen immer noch verlässliche und hilfreiche Informationen zu liefern. Diese Fähigkeit hat die Zahlungsbilanz mit der 4. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs eindrucksvoll bewiesen.
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14.10.2013
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imf.org
Weiterentwicklung des statistischen Erhebungssystems II
Bei der effizienten Erstellung eines makroökonomischen Rechenwerks wie der Zahlungsbilanz wird laufend evaluiert, ob der aktuelle Mix aus Quellen die statistischen Ergebnisse gut und kosteneffizient generiert. Dabei wird möglichst auf bereits bestehende Informationen zurückgegriffen. Zum Teil sind diese Informationen aber auch Grundlage für eine statistische Modellierung der Ergebnisse. So wird häufig die Veränderung von Bestandsangaben als Näherung für den Saldo der Transaktionen in diesem Zeitraum verwendet. Darüber hinaus ermöglichen weiterentwickelte statistische Methoden manchmal den Verzicht auf bestimmte Informationen.
Diese Optimierung wird im statistischen Produktionsprozess laufend vorgenommen. Für den Außenstehenden sind diese Veränderungen am offensichtlichsten, wenn auf statistische Meldungen gänzlich verzichtet werden kann. In den 1990iger Jahren wurde auf die Vordrucke Z 2 (Auslandskontenmeldung (Eingänge)) und Z 3 (Auslandskontenmeldung (Ausgänge)) verzichtet. Die Informationen können seitdem aus einer Kombination aus der Auslandsposition der Bundesbank, der Auslandspositionen der Banken und der Auslandspositionen der Unternehmen gewonnen werden.
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Weiterentwicklung des statistischen Erhebungssystems I
Bei der effizienten Erstellung eines makroökonomischen Rechenwerks wie der Zahlungsbilanz wird laufend evaluiert, ob der aktuelle Mix aus Quellen die statistischen Ergebnisse gut und kosteneffizient generiert. Dabei wird möglichst auf bereits bestehende Informationen zurückgegriffen. Zum Teil sind diese Informationen aber auch Grundlage für eine statistische Modellierung der Ergebnisse. So wird häufig die Veränderung von Bestandsangaben als Näherung für den Saldo der Transaktionen in diesem Zeitraum verwendet. Darüber hinaus ermöglichen weiterentwickelte statistische Methoden manchmal den Verzicht auf bestimmte Informationen.
Diese Optimierung wird im statistischen Produktionsprozess laufend vorgenommen. Für den Außenstehenden sind diese Veränderungen am offensichtlichsten, wenn auf statistische Meldungen gänzlich verzichtet werden kann. 1974 und 1984 gab es Anpassungen der Außenwirtschaftsverordnung, bei denen die Erhebungsvordrucke Z 6 (Überfällige Auslandsforderungen), Z 7 (Vorauszahlungen bei Ausfuhren) und Z 9 (Meldung der Reisebüros) eingestellt wurden. Die Informationen können seitdem aus anderen Quellen bezogen werden.
Statistisches Beiheft 3
Die Bundesbank veröffentlicht seit ihrem Bestehen den Monatsbericht. Mit jedem Monatsbericht wurden auch umfangreiche statistische Ergebnisse veröffentlicht. Da diese den Rahmen des Monatsberichts sprengen, wurden sogenannte „Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank“ etabliert. Im Beiheft 3 wurden die Ergebnisse der Zahlungsbilanz veröffentlicht. Das älteste Exemplar liegt uns vom Juni 1968 in elektronischer Form vor.
Die Beihefte wurden im April 2020 durch die sogenannten Fachreihen ersetzt, die nur noch als PDF-Dokument angeboten werden, aber ansonsten praktisch unverändert blieben. In Zukunft soll diesem klassischen Veröffentlichungsformat ein zeitgemäßeres Publikationsformat an die Seite gestellt werden.
Statistische Meldungen zur Zahlungsbilanz
Die Erstellung einer großen makroökonomischen Statistik wie der Zahlungsbilanz ist immer eine Puzzle-Arbeit. Welche Quellen stehen zur Verfügung und welche Lücken sind noch zu füllen? Gerade in der Anfangszeit der Zahlungsbilanz glich jede Erstellung der Statistik eher jeweils einer eigenständigen Forschungsarbeit.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges konnte man in Deutschland nicht einfach Fremdwährung halten. Man musste die Devisen, die man für Auslandsgeschäfte benötigte, beantragen (Devisenbewirtschaftung). Für die Erstellung der Zahlungsbilanz war dies eine hervorragende Quelle, um grenzüberschreitende Geschäfte zu messen. Mit der Zeit wurde die Devisenbewirtschaftung aber mehr und mehr gelockert, sodass für die Erstellung der Statistik wieder auf immer mehr indirekte Quellen und Schätzungen zurückgegriffen werden musste.
Für die Erstellung der Zahlungsbilanz ist das Jahr 1961 ein Meilenstein. In diesem Jahr wurde die Außenwirtschaftsverordnung mit Meldepflichten für die Zahlungsbilanz erlassen. Sie legt fest, dass sowohl Bestände als auch Zahlungen mit Ausländern direkt an die Bundesbank zu melden sind. Damit hat die Zahlungsbilanz ihr eigenes Erhebungswerkzeug erhalten. Dies hat den Prozess der Erstellung wesentlich verstetigt und ist eine wichtige Grundlage, um qualitativ hochwertige, über den Zeitablauf vergleichbare Zahlen zu produzieren. Das Erhebungssystem wird zwar ständig an die veränderte Welt angepasst, es wurde damals aber mit so viel Weitblick erstellt, dass das Grundsystem bis heute besteht.
bgbl.de
Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 3
Elf Jahre nach der 2. Auflage überarbeitet der IWF das Zahlungsbilanzhandbuch erneut. Die Änderung hat zwei Schwerpunkte:
Zum einen werden die Prinzipien der Zahlungsbilanz ausführlicher dargestellt. Das Handbuch verschiebt damit den Fokus des Handbuchs von einer reinen Beschreibung von statistischen Anforderungen hin zu einer Einführung in die Außenwirtschaft an sich. Auch wenn diese Einführung in den nächsten Auflagen immer weiter ausgebaut wird, so ist das Handbuch am Ende aber bis heute kein Lehrbuch zur Außenwirtschaft, sondern primär ein Nachschlagewerk für Expert:innen.
Zum anderen wurden kleine Änderungen an den Tabellen vorgenommen, um die Ergebnisse der Zahlungsbilanz mit weiteren Wirtschaftsstatistiken, die erst nach dem 2. Weltkrieg entstanden sind, vergleichbarer zu machen. Auch dieses Ziel wird die Entwicklung der kommenden Auflagen der Handbücher immer begleiten. Somit wird die autark entstandene Zahlungsbilanz immer weiter an (neue) Statistiken angepasst, um die wirtschaftspolitischen Analysen weiter zu fördern.
imf.org
Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 2
Die Datenlage bei den einzelnen Ländern war sehr heterogen. Die Zusammenstellung vergleichbarer Länderergebnisse für das Zahlungsbilanzjahrbuch war sehr schwierig. Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit haben dazu geführt, dass bereits nach zwei Jahre das Zahlungsbilanzhandbuch weiter überarbeitet wurde.
Zusätzlich zu der eigentlichen Tabelle zur Zahlungsbilanz wurden weitere Tabellen hinzugefügt, aus denen sich die Haupttabelle ableiten lässt. Mit den detaillierteren Informationen wollte der IWF ein besseres Verständnis für die Unterschiede erhalten und somit besser abzuschätzen, wie gut die Daten zwischen Ländern vergleichbar sind.
Für die Staatsverschuldung wurde dafür eine sehr detaillierte Aufstellung eingeführt, die den Bestand zum Anfang und zum Ende der Periode, sowie den Gründen für die Bestandsveränderung enthielt. Dieses Schema wird bis zur 7. Auflage zum vollintegrierten Auslandsvermögensstatus weiterentwickelt werden.
Neben diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Vergleichbarkeit gab es auch eine große konzeptionelle Änderung. Nichtausgeschüttete Gewinne wurden nun in der Zahlungsbilanz so berücksichtigt, dass sie fiktiv ausgeschüttet werden und gleichzeitig neu im Unternehmen angelegt werden. Diese Verbuchung erfolgt auch noch heute unter „Reinvestierte Gewinne“.
imf.org
Das Zahlungsbilanzhandbuch – Auflage 1
Nach Ende des 2. Weltkrieges übernahmen die Vereinten Nationen die Aufgaben des Völkerbundes. Die Aufgabe der Standardsetzung und Veröffentlichung von Zahlungsbilanzen wurde dem neu gegründeten Internationalen Währungsfonds (IWF) übertragen. Eine zentrale Aufgabe des IWFs ist bis heute die Vergabe von Finanzhilfen an Länder mit gravierenden Zahlungsbilanzproblemen.
Das Zahlungsbilanzhandbuch der 1. Auflage basiert grundlegend auf den Entwicklungen des Völkerbundes. In einer Fachkonferenz im September 1947 mit Vertretern aus etwa 30 Ländern und Internationalen Organisationen wurde eine vorläufige Form des Handbuchs verabschiedet. Die Struktur ist dabei den „Anforderungsschreiben“ des Völkerbunds sehr ähnlich. Eine große Neuerung stellt aber dar, dass neben umfangreichen Tabellen gleich am Anfang zentral die konzeptionellen Grundlagen der Zahlungsbilanz dargestellt werden.
imf.org
Weiterentwicklung der Konzepte
Die Konzepte der Zahlungsbilanz wurden laufend weiterentwickelt und verfeinert. Dafür wurde 1938 bei dem Völkerbund ein Subkomitee eingerichtet, das aber durch den Ausbruch des 2. Weltkriegs seine Arbeit nicht aufnahm. Es wurde 1945 erneut einberufen und die Mitglieder verschickten bereits im Dezember 1945 einen relativ kurzen Bericht. Obwohl der Bericht kurz ist sollte er die Entwicklung der Zahlungsbilanz für die nächsten 30 Jahre bestimmen. Die Empfehlung den Begriff der Zahlungsbilanz in „International Transaction Account“ umzubenennen wurde (leider?) nicht umgesetzt.
Die ersten internationalen Vorgaben zur Zahlungsbilanz
Der Völkerbund verschickte regelmäßig leere Tabellenrahmen und Erläuterungen an die Länder, um die Ergebnisse der nationalen Zahlungsbilanzen zusammenzutragen. Die Erläuterungen umfassten etwa 12 Seiten und sollen sicherstellen, dass die Ergebnisse der einzelnen Länder möglichst vergleichbar sind. Man kann sie somit als die ersten internationalen Vorgaben zur Zahlungsbilanz betrachten. Vieles erinnert dabei schon sehr an die heutigen konzeptionellen Vorgaben des Internationalen Währungsfonds:
- Es ist bereits festgelegt, dass Importe mit dem Wert an der Grenze des exportierenden Landes (sogenannte c.i.f.-Bewertung) erfasst werden sollen. Auch die Auswirkungen auf das Transportkonto werden bereits erläutert. Die c.i.f.-Bewertung der Importe wird in der neuen Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs kritisch hinterfragt werden, aber bis auf Weiteres unverändert bleiben.
- Außerdem werden im Warenhandel schon grundsätzlich notwendige Anpassungen des Außenhandels erläutert, die auch heute noch so durchgeführt werden.
- Die aufgeführten Dienstleistungen umfassen schon sehr genau die aktuelle Dienstleistungsbilanz mit Ausnahme von IT-Dienstleistungen.
- Sehr umfangreich wurde die Behandlung von Effekten der Migration auf die Zahlungsbilanz behandelt. Diese Effekte werden seit 2009 grundsätzlich anders behandelt (keine Transaktion).
- In der Kapitalbilanz wurde in kurz- und langfristigen Transaktionen gedacht. Die heutigen Funktionalkategorien standen nicht im Fokus. Klargestellt wurde aber schon damals, dass bei Rückzahlungen zwischen Zinszahlungen und Tilgung zu unterscheiden ist und dass Wertschwankungen nicht Teil der Zahlungsbilanz sind.
Archiv der Vereinten Nationen in Genf
archives.ungeneva.org
Der Anfang der offiziellen deutschen Zahlungsbilanz
Am 15. Juli 1926 wurde eine Arbeitsgruppe in Deutschland beauftragt, eine Zahlungsbilanz im Sinne des Völkerbundes zu stellen. 1930 veröffentlicht die Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse beginnend mit dem Berichtsjahr 1924. Es wird dabei weitgehend das Schema des Völkerbunds verwendet. An einigen Stellen werden die Untergliederungen erweitert, wo es für Deutschland Besonderheiten gibt, ohne dadurch die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern zu gefährden. Dies ist ein Vorgehen, das auch heute noch üblich ist.
Die aktuellen Standards versuchen die Vergleichbarkeit sicherzustellen, in dem Erweiterungen der „Kernzahlungsbilanz“ bereits als mögliche zusätzliche Bestandteile enthalten sind. Bei der Behandlung von Banknoten ging Deutschland damals aber einen eigenen Weg, da die Arbeitsgruppe die Natur von Banknoten näher bei einem Kredit als beim (Währungs-)Gold sah. Eine Interpretation, die sich später auch international durchgesetzt hat. Heute werden Banknoten und kurzfristige Kredite in der Zahlungsbilanz gemeinsam ausgewiesen (Position: Währung und Einlagen).
„Memorandum on Balance of Payments and foreign trade balances”
Bezugnehmend auf die Resolution von 1922 versendete der Völkerbund leere Tabellenrahmen einschließlich Ausfüllanweisungen an die Länder, mit der Bitte, diesen ausgefüllt zurückzuschicken.
Wir sehen diese Ausfüllanweisungen als die erste internationale Empfehlung für die Erstellung der Zahlungsbilanz an, auch wenn anfangs wohl nur sehr wenige Länder diesen Ausfüllanweisungen folgten, sondern die Ergebnisse nach ihren nationalen Konzepten sendeten. Die Lieferungen wurden vom Völkerbund so gut es ging in die gewünschten Konzepte umgerechnet.
1924 wurde der erste Bericht mit den Ergebnissen von 13 Ländern veröffentlicht. Deutschland ist in diesen Berichten erstmals 1926 mit Ergebnissen ab 1924 vertreten.
Archiv der Vereinten Nationen in Genf
archives.ungeneva.org
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Resolution des Völkerbunds
Der Begriff „Zahlungsbilanz“ wurde bereits im 14. Jahrhundert verwendet, die erste Verwendung in der heutigen Bedeutung geht vermutlich auf Sir James Steuart im Jahre 1767 zurück.
Die ersten Versuche, Zahlungsbilanzen zu erstellen, wurden im 19. Jahrhundert in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika unternommen.
Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich die Wirtschaftsordnung grundlegend und es kam zu starken wirtschaftlichen Verwerfungen zwischen den Ländern. Aus diesem Grund hat der Völkerbund in seiner 3. Versammlung am 28. September 1922 unter anderem die Sammlung und Veröffentlichung von nationalen Zahlungsbilanzen in Auftrag gegeben.
„Sie hofft, dass die Untersuchungen von verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit der Stabilisierung von Währungen und besonders des Handelsbilanzsaldos und der Zahlungsbilanz verschiedener Länder, was ein grundlegendes Element des Problems darstellt, aktiv vorangetrieben wird, so dass es zur Veröffentlichung von Berichten kommt, die diese Frage beleuchten, die von dringender Wichtigkeit ist.“
Resolution der 3. Vollversammlung, 1922
Völkerbund
Dies kann als Startschuss für die systematische internationale Entwicklung der Konzepte und Methoden der Zahlungsbilanzen angesehen werden.
Archiv der Vereinten Nationen in Genf
archives.ungeneva.org
Die erste deutsche Zahlungsbilanz
Für das Jahr 1924 wurde die erste umfangreiche Zahlungsbilanz für Deutschland aufgestellt. Die hohen Reparationszahlungen, die Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkriegs leisten musste, haben zu Verwerfungen im internationalen wirtschaftlichen Austausch geführt. Dies machte es notwendig, den internationalen wirtschaftlichen Austausch auch jenseits des Warenhandels zu beleuchten.