Alltag prägt Inflationserwartungen privater Haushalte – Podiumsdiskussion mit Michael Weber und Joachim Nagel Bundesbank Invited Speakers Series

Im Rahmen der „Bundesbank Invited Speakers Series“ hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel mit Michael Weber, Professor of Finance an der University of Chicago Booth School of Business, über die Wahrnehmung von Inflation privater Haushalte diskutiert. 

In seinem Eröffnungsvortrag zum Thema „Inflationserwartungen und Realität: Implikationen für die letzte Meile der Disinflation“ stellte Weber aktuelle ökonomische Forschungsergebnisse vor. Sie zeigen, dass private Haushalte oft andere Inflationserwartungen haben als die offiziell erfassten Inflationsraten. Weber erklärte, dass diese Abweichungen mit den Informationsquellen der Menschen zusammenhängen: Ihre Wahrnehmung werde vor allem durch Einkaufserfahrungen sowie Gespräche mit Familie und Freunden geprägt, weniger durch klassische Medien.

Alltagswahrnehmung prägt Inflationserwartungen

Private Haushalte nehmen Inflation vor allem bei Produkten und Dienstleistungen wahr, die sie regelmäßig kaufen – etwa Lebensmittel. Einzelne Preise dieser alltäglichen Güter prägten maßgeblich ihre Inflationserwartungen, so Weber. Das erkläre auch geschlechtsspezifische Unterschiede: Männer und Frauen hätten häufig spezielle Güter im Sinn, wenn sie an Inflation denken, zum Beispiel Frauen eher Milch und Männer eher Benzin. Da Frauen häufiger für den täglichen Bedarf einkaufen, schätzten sie die Inflation zudem oft höher ein als Männer. 

Hohe Inflation schärft Aufmerksamkeit, erschwert aber das Umdenken

Weber ging zudem der Frage nach, inwiefern geldpolitische Kommunikation durch Zentralbanken die Inflationserwartungen beeinflussen kann. Seine Forschung zeigt: In Zeiten niedriger Inflation schenken Haushalte diesem Thema kaum Beachtung, was es schwieriger macht, sie kommunikativ zu erreichen.

Steigen die Inflationsraten, beobachten die Menschen Preisentwicklungen jedoch deutlich aufmerksamer. Sie sind dann empfänglicher für Informationen. Doch genau hier liegt die Herausforderung: Haushalte von künftig sinkender Inflation zu überzeugen, gestalte sich schwierig. Nach Phasen hoher Teuerung zeige sich, dass ihre Inflationserwartungen langsamer sinken als die tatsächlichen Inflationsraten.

Austausch mit Bundesbankpräsident Nagel

Unter der Moderation von Falko Fecht, Leiter des Forschungszentrums der Bundesbank, diskutierte Weber anschließend mit Bundesbankpräsident Joachim Nagel darüber, wie die gefühlte Inflation von privaten Haushalten die Geldpolitik beeinflusst. Dabei spiele auch die Kommunikation von Zentralbanken eine tragende Rolle. „Es ist wichtig, dass Preisstabilität in den Mittelpunkt gerückt wird, so Nagel. Klare Sprache, klare Botschaften, und die Reduzierung von Komplexität in unserer Kommunikation ist wichtig sagte er. Ich glaube, dass wir mehr und zielgerichteter kommunizieren müssen, als weniger. Auch finanzielle Bildung spiele eine wichtige Rolle, ein Thema, was immer noch sehr unterschätzt werde. 

Im Rahmen der Reihe „Bundesbank Invited Speaker Series“ spricht Bundesbankpräsident Joachim Nagel mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über aktuelle Themen aus den Bereichen Forschung und Zentralbankwesen. Zuletzt sprach er mit dem Ökonomieprofessor Markus Brunnermeier über Resilienz.