Wie beeinflussen Informationsvorteile und Regulatorik die Immobilienaktivitäten der Banken im europäischen Ausland? Research Brief | 72. Ausgabe – Januar 2025
Ein wesentlicher Teil von Krediten großer Banken im Euroraum ist mit Immobilien besichert. In einer neuen Studie untersuchen wir insbesondere, ob Banken während des Niedrigzinsumfeldes vermehrt in ausländische Kredite, welche mit Immobilien besichert sind, investiert haben. Unsere Ergebnisse zeigen, dass regulatorische Unterschiede zwischen dem Heimatland der Bank und möglichen Zielländern für die Suche nach Rendite von Bedeutung sind.
Finanzkrisen sind oft nicht von Problemen an den Immobilienmärkten losgelöst. Ein Grund dafür ist, dass ein wesentlicher Teil von Bankkrediten mit Immobilen besichert ist (Schaubild 1). Ausgewählte Studien konzentrieren sich auf die Entwicklung des Immobilienmarkts im Inland und mögliche Gefahren für die Stabilität der Banken. Jedoch gibt es wenig Evidenz für die Bestimmungsfaktoren von Immobilienaktivitäten der Banken im europäischen Ausland sowie die Folgen für die Stabilität der Banken. Wir untersuchen zum einen, ob Banken während des Niedrigzinsumfeldes vermehrt in ausländische Kredite, welche mit Immobilien besichert sind, investiert haben (Schmidt und Tonzer, 2024). Zum anderen analysieren wir die Auswirkungen der von Banken gewährten Immobilienkrediten im Ausland auf das Bankrisiko.
Problemstellung
In einem ersten Schritt untersuchen wir, inwieweit für Banken im Euroraum auf der Suche nach Rendite lokale Informationsvorteile für die Vergabe von ausländischen Immobilienkrediten relevant sind. Gerade im Niedrigzinsumfeld könnten Banken Expertise und Spezialisierungsvorteile im Ausland genutzt haben, um durch Investitionen dort ihre Profitabilität zu stärken. In einem zweiten Schritt untersuchen wir, ob Banken potenzielle Verluste offenlegen, wenn sie verstärkt in einem ausländischen Immobilienmarkt aktiv waren, welcher eine höhere Zinsmarge im Vergleich zum Heimatland aufwies.
Vorgehen und Erkenntnisse
Für eine Stichprobe der größten Banken, die im Zeitraum von 2015 bis 2022 in einem der Euro-Länder ansässig waren, nutzen wir Informationen zu Geschäftsaktivitäten auf Länderebene. Im Besonderen kennen wir das Volumen der immobilienbesicherten Kredite, die die Banken jeweils in jedem Land des Euroraums vergeben haben. Auf Basis dieser bilateralen Daten ergibt sich, dass Banken mit einer stärkeren Anbindung an das Zielland ihre Kreditvergabe am jeweiligen Immobilienmarkt ausweiten, wenn der Auslandsmarkt höhere Kreditzinsen im Vergleich zum Heimatland bietet. Das Ergebnis liegt insbesondere vor, wenn es keine regulatorischen (immobilienspezifischen) Maßnahmen im Inland und Zielland gibt oder sich die Ausrichtung der makroprudentiellen Politik im Inland und Zielland konträr unterscheidet.
Makroprudenzielle Maßnahmen werden nach dem Ermessen der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden getroffen. Deren Ziel ist es, systemische Risiken im Inland, zum Beispiel auf dem Immobilienmarkt, zu vermeiden. Dies ist möglich, indem beispielsweise Kapitalrisikogewichte der betroffenen Kredite erhöht werden und bedeutet, dass es für die Banken „teurer“ wird Kredite in dem betroffenen Segment zu vergeben.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Banken bei Krediten für gewerbliche Immobilien eine größere Sensitivität bei der Kreditvergabe gegenüber Zinsdifferenzen aufweisen, gerade wenn es keine politischen Maßnahmen oder länderspezifischen Umsetzungsunterschiede gibt. Bei mit Wohnimmobilien besicherten Krediten ist es vor allem eine im Vergleich zum Ausland restriktivere Regulatorik im Inland, die eine Ausweitung der Kreditvergabe in Ländern mit größeren Zinsmargen mit sich bringt.
Höhere Zinsmargen können mit einem höheren Risiko zusammenhängen. Daher analysieren wir, ob Banken, die verstärkt in ausländischen Immobilienmärkten mit höheren Zinsmargen investiert haben, höhere Risikokennzahlen aufweisen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass besonders Banken mit besserer Kapitalausstattung höhere Forbearance-Ratios aufweisen, also mehr Kreditnehmern aufgrund von Zweifeln an deren Kreditwürdigkeit (vorübergehende) Erleichterungen bei der Rückzahlung des Kredits gewähren. Im Gegenzug gehen die Angaben zu potenziellen Verlusten tendenziell zurück, wenn schwach kapitalisierte Banken stärker in Ländern aktiv sind, die höhere Zinsen für Immobilienkredite aufweisen. Die Feststellung, dass die Kapitalisierung bei der Verlustmeldung von Bedeutung ist, steht im Einklang mit bereits bestehenden Forschungsergebnissen (Behn und Couaillier, 2023). Während der Pandemie stieg vor allem für schwach kapitalisierte Banken der ausländische Anteil ausfallender Immobilienkredite im Portfolio der Banken.
Fazit
Unsere Erkenntnisse tragen dazu bei, die jüngste Dynamik der von Banken mit Immobilien unterlegten Kredite im Ausland und die Wirksamkeit makroprudenzieller Regulierung zu verstehen. Insgesamt scheinen regulatorische Unterschiede zwischen dem Heimatland der Bank und möglichen Zielländern für die Suche nach Rendite von Bedeutung zu sein. Wenn Banken regulatorische Unterschiede nutzen und in den einzelnen Ländern des Euroraums investieren, kann dies zum einen Diversifikationsaspekte begünstigen, den Home Bias verringern und zur Finanzintegration im Euroraum beitragen. Zum anderen ist die Reaktion von Banken auf unterschiedliche Regulierung in diesem Fall durchaus zu begrüßen, denn es bedeutet, dass sie weiterhin in der Lage sind, ein bestimmtes Kreditspektrum zu bedienen, ohne im heimischen Markt mit systematischen Risiken investieren zu müssen. Dies gilt aber nur, sofern Aufsichtsbehörden im Inland und Ausland bei der Bewertung von systemischen Risiken die gleichen regulatorischen Standards anwenden. Dieser Argumentation folgend, unterstützt unsere Analyse die Bestrebungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) nach einer Sicherstellung der Harmonisierung makroprudenzieller Politik in den einzelnen Euro-Ländern.
Haftungsausschluss |
Die hier geäußerten Ansichten spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Deutschen Bundesbank oder des Eurosystems wider. |
Referenzen
- Behn, Markus und Couaillier, Cyril (2023). „Same same but different: credit risk provisioning under IFRS 9”. Working Paper Series No 2841. European Central Bank.
- Schmidt, Kirsten, Tonzer, Lena (2024). „Banks’ Foreign Homes“. Discussion Paper No 46/2024. Deutsche Bundesbank
Die Autorinnen | |
Kirsten Schmidt Ökonomin im Zentralbereich Banken und Finanzaufsicht der Deutschen Bundesbank | Prof. Dr. Lena Tonzer Otto von Guericke Universität Magdeburg und Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle |
Neuigkeiten aus dem Forschungszentrum
Veröffentlichungen
- „Banks of a Feather: The Informational Advantage of Being Alike” von Peter Bednarek (Deutsche Bundesbank), Valeriya Dinger (Universität Osnabrück), Alison Schultz (Universität Mannheim) und Natalja von Westernhagen (Deutsche Bundesbank) wird im Journal of Money, Credit and Banking erscheinen.
- „Are risky banks disciplined by large corporate depositors?” von Björn Imbierowicz (Deutsche Bundesbank), Anthony Saunders (NYU Stern), Sascha Steffen (Frankfurt School of Finance and Management) wird im Journal of Money, Credit and Banking erscheinen.
Veranstaltungen
- Spring Conference on Expectations of Households and Firms
24. – 25.04.2025 | Eltville am Rhein
589 KB, PDF
Weiterführende Informationen
in englischer Sprache