Wirtschaftspolitische Maßnahmen für mehr Wachstum in Deutschland Rede bei der Berlin School of Economics, Humboldt-Universität zu Berlin
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Einleitung
Meine Damen und Herren,
ich danke Ihnen allen für Ihr Interesse am Thema Wachstumspotenzial.
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.
Dieses Zitat von Karl Marx hängt im Foyer des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität. Und auch wenn die richtigen Rezepte für mehr Wachstum in Deutschland nicht unbedingt bei Karl Marx zu finden sind: Dieses Zitat motiviert meine heutige Rede gut.
Die aktuelle Wirtschaftslage ist bereits von vielen interpretiert worden. Das Potenzialwachstum in Deutschland liegt inzwischen nur noch bei 0,4 % pro Jahr. Das ist 1 Prozentpunkt niedriger als im vergangenen Jahrzehnt und gegenwärtig über 1 Prozentpunkt niedriger als in der EU ohne Deutschland.[1] Viele haben Vorschläge gemacht, was die kommende Bundesregierung wirtschaftspolitisch angehen sollte, um das Wachstum zu erhöhen.
Als Bundesbankpräsident und EZB-Ratsmitglied ist die europäische Geldpolitik meine Hauptaufgabe. Auf dem Weg zur Preisstabilität sind wir inzwischen ein großes Stück vorangekommen. Deshalb war es angemessen, dass der EZB-Rat bei seiner März-Sitzung die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt hat.
Der Gesetzgeber hat der Bundesbank aber auch aufgegeben, die Bundesregierung in Angelegenheiten von währungspolitischer Bedeutung zu beraten. Diesem Beratungsauftrag komme ich hier mit Blick auf die künftige Bundesregierung nach.
Vorab: In meiner heutigen Rede wird es nicht um Verteidigungspolitik gehen. Auch wenn hier ebenfalls ein unverkennbarer Handlungsbedarf besteht. Persönlich bin ich der Meinung, dass außergewöhnliche Zeiten außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Und ich denke, wir in Deutschland leben in außergewöhnlichen Zeiten. Auch Europa rückt bei dieser und anderen Herausforderungen enger zusammen. Und das ist gut so.
In meiner Rede wird es auch nicht explizit um Verschuldungsspielräume gehen. In diesem Zusammenhang möchte ich jedoch betonen, dass außergewöhnliche Zeiten auch außergewöhnliche fiskalische Maßnahmen rechtfertigen. Die Bundesbank hat in der vergangenen Woche konkrete Vorschläge vorgelegt, wie die Schuldenbremse stabilitätsorientiert reformiert und mehr Investitionen ermöglicht werden könnten.[2] Der Bundestag wird in dieser Woche über Anträge zur Änderung des Grundgesetzes beraten. Diese sehen erhebliche zusätzliche Kreditspielräume vor, die weit über die Bundesbank-Vorschläge hinausgehen. Der neue Bundestag soll in diesem Jahr über eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse beraten. Ich denke, unsere Vorschläge können hier einen guten Beitrag leisten.
Aus Sicht der Geldpolitik ist es entscheidend, beides zu schaffen: die Zukunftsaufgaben bewältigen und gleichzeitig die öffentlichen Finanzen solide erhalten – in Deutschland und in Europa. Und höhere Verschuldungsspielräume allein werden Deutschlands Wachstumsschwäche nicht beheben. Die Ursachen sind vielschichtig und sitzen tiefer. Sie erfordern daher ein Bündel an Maßnahmen – darunter viele, bei denen die Finanzierung gar nicht im Vordergrund steht.
Konkret will ich in meiner heutigen Rede die aus meiner Sicht zwölf wichtigsten Punkte ansprechen, an denen die Wirtschaftspolitik den Hebel ansetzen sollte, damit Deutschland auf einen strukturell höheren Wachstumspfad kommt. Diese zwölf Ansatzpunkte betreffen drei große Themenblöcke – Arbeit, Energie und Unternehmensdynamik. Zu jedem der drei Blöcke möchte ich vier Punkte nennen: für ein höheres Arbeitsangebot, für den nötigen Umbau hin zur Klimaneutralität, und für mehr Dynamik im Unternehmenssektor.[3]
2 Arbeitsangebot erhöhen
Zum Themenblock Arbeit: Durch den demografischen Wandel mangelt es in Deutschland mehr und mehr an Arbeitskräften. Die Babyboomer der 1960er Jahre gehen in Rente, die Zahl der Erwerbspersonen sinkt. Das schmälert unser Wachstumspotenzial. Um unseren Wohlstand zu sichern, benötigen wir mehr Menschen, die arbeiten, und mehr Teilzeitkräfte, die länger arbeiten. Vier Ansatzpunkte helfen dabei, das Arbeitsangebot in Deutschland zu erhöhen.
2.1 Arbeitszeiten von Teilzeitkräften erhöhen
Erstens könnten Personen, die in Teilzeit arbeiten, mehr Stunden pro Woche arbeiten. Das betrifft insbesondere Frauen. Zwar liegt die deutsche Frauenerwerbsquote leicht über dem europäischen Durchschnitt, aber die Wochenarbeitszeit von Frauen ist hierzulande weit unterdurchschnittlich.
Ein Grund dafür sind Fehlanreize im Steuer- und Abgabensystem.[4] Es ist wegen bestimmter Regelungen oft nicht sonderlich attraktiv, mehr zu arbeiten. Als Beispiele seien genannt: die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung oder auch die steuerlichen Sonderregeln insbesondere bei Geringverdienenden.
Zudem ist eine längere Wochenarbeitszeit häufig gewünscht, aber nicht möglich. Trotz aller Bemühungen der Bundesländer klafft eine Lücke zwischen nachgefragten Kinderbetreuungsplätzen und der tatsächlichen Betreuungsquote. Gemäß Bundesfamilienministerium fehlten 2022 allein für Kinder unter drei Jahren 321.000 Betreuungsplätze. Dazu kam eine Unterversorgung für 5 % der Über-3-Jährigen im Kindergartenalter und 21 % der Grundschulkinder.[5] Mit besseren Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Pflegebedürftige kann daher der Weg gebahnt werden, um die Arbeitszeit von Teilzeitkräften zu erhöhen.
Ausgerechnet Kinderbetreuung und Pflege sind allerdings Bereiche, in denen ohnehin schon händeringend nach Personal gesucht wird. Dies macht beispielhaft deutlich: Wir sind auf die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte angewiesen!
2.2 Arbeitsmarktorientierte Migration fördern
Zweitens sollte daher die arbeitsmarktorientierte Migration gefördert werden. Mit dem revidierten Fachkräfteeinwanderungsgesetz verfügt Deutschland seit 2024 über ein vergleichsweise liberales Einwanderungsrecht für qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten. Jedoch hapert es am Zusammenspiel der Behörden. Und einige bürokratische Herausforderungen können Zuwanderer nur schwer meistern.
Die Visavergabe müsste schneller gehen. Berufliche Anerkennungsverfahren sollten einfacher und kostengünstiger für die Antragsteller sein. Ideal wäre eine gemeinsame Ansprechstelle für qualifizierte Einwanderungswillige inklusive deren Familien, die sie durch den „Regelungsdschungel“ lotst. Dazu müssten die Vorgänge, die sich auf viele Behörden verteilen, zentralisiert und digitalisiert werden.
Wichtig ist zugleich, dass Fachkräfte, die einmal in den deutschen Arbeitsmarkt eingetreten sind, dauerhaft in Deutschland Fuß fassen. Seit Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Jahr 2011 verließen mehr als 30 % aller arbeitsmarktorientierten Zuwanderer aus der übrigen EU wieder Deutschland innerhalb von zwei Jahren nach Arbeitsmarkteintritt.[6] Für bessere Arbeitsmarktintegration sorgen und es attraktiver machen, im Arbeitsmarkt zu bleiben – das ist ebenso eine Devise bei der Fachkräftezuwanderung. Dies betrifft alle Menschen – egal seit wann sie in Deutschland leben.
Dazu beitragen können beispielsweise ein größeres Angebot an Sprachkursen sowie ein Bleiberecht für Angehörige aus Drittstaaten, damit sie mehr Planungssicherheit haben. Ausländerfeindlichkeit ist schon aus Gründen der Menschlichkeit nicht zu tolerieren. Und sie ist auch teuer: Deutschland kann sich Diskriminierung und Ausgrenzung nicht leisten.
2.3 Arbeitsanreize für Bürgergeldempfänger verbessern
Beim dritten Ansatzpunkt geht es darum, die Arbeitsanreize für Bürgergeldempfänger zu verbessern. Empirische Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen, dass die Bürgergeldreform – und dabei die weitgehende Abschaffung des Sanktionsregimes – den Übergang von Bürgergeldempfängern in den Arbeitsmarkt erheblich reduziert hat.[7]
Will man hier gegensteuern und Bürgergeldempfänger stärker in den Arbeitsmarkt integrieren, sollten bei Schonfristen, Schonvermögen, Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen wieder die zuvor geltenden Regeln erwogen werden.
2.4 Erwerbsanreize für Ältere verstärken
Der vierte Ansatzpunkt betrifft die Gruppe der älteren Menschen. Diese Gruppe birgt beträchtliches Potenzial für zusätzliche, oft sehr qualifizierte Arbeitskraft. Deutschland ist hier besonders herausgefordert: In den kommenden 15 Jahren wird sich das Verhältnis von Ruheständlern zu Personen im erwerbsfähigen Alter hierzulande deutlich ungünstiger verändern als im Durchschnitt der OECD-Länder.
Um den Kreis der Erwerbspersonen zu vergrößern, sollte der vorgezogene Rentenzugang weniger attraktiv werden. So sind die derzeitigen Abschläge bei vorgezogenem Renteneintritt tendenziell zu niedrig. Die abschlagfreie Rente nach 45 Beitragsjahren begünstigt den vorgezogenen Rentenzugang. Sie wird insbesondere von Fachpersonal mit mittleren Qualifikationen und großer Berufserfahrung genutzt. Das Kriterium der 45 Beitragsjahre ist allerdings wenig zielgenau, um Personen in besonders belastenden Arbeitsumgebungen zu schützen. Insoweit wäre es naheliegend, diese Sonderregelung wieder zu beenden.[8]
Darüber hinaus spricht sich die Bundesbank schon seit längerem dafür aus, das Rentenalter nach 2031 an die Lebenserwartung zu knüpfen.[9] Aktuell steigt das Renteneintrittsalter schrittweise an und liegt ab 2031 bei 67 Jahren. Mit diesem Vorschlag haben wir uns beileibe nicht überall beliebt gemacht, und Politikern dürfte es ähnlich gehen. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist aber keine Lösung.
Wenn wir länger leben, und das vielfach bei besserer Gesundheit als die Generation vor uns, ist es alles andere als zwingend, dass die gewonnenen Jahre ausschließlich in einen längeren Rentenbezug fließen. Sinnvoll wäre, das Verhältnis von Arbeits- zu Rentenzeiten zu stabilisieren. Ein so an die steigende Lebenserwartung gekoppeltes Rentenalter würde nicht nur die Arbeitskräfteknappheit mildern und das Wirtschaftswachstum stützen. Es würde auch den Finanzierungsdruck bei der Rentenversicherung dämpfen.
3 Energiesektor klima- und wirtschaftsfreundlich umbauen
Mein zweiter Themenblock betrifft den Energiesektor. Hier gilt es, die deutsche Wirtschaft bestmöglich dabei zu unterstützen, treibhausgasneutral zu werden. Dies ist eine gewaltige Aufgabe, sowohl zeitlich als auch finanziell. Nach aktueller Gesetzeslage soll Deutschland bis 2045 klimaneutral werden, ein Zeitraum von gerademal zwei Jahrzehnten.[10] Gleichzeitig sind hierfür hohe Investitionen notwendig.[11] Was ist nötig, damit die Energiewende möglichst effizient gelingt?
3.1 Adäquate CO₂-Bepreisung auf alle Sektoren gleichmäßig anwenden
Erstens: Alle Sektoren sollten möglichst einem einheitlichen CO2-Preis unterworfen werden. Die CO2-Bepreisung sorgt dafür, dass klimaschädliche Emissionen in das Kalkül einfließen, wenn es darum geht Güter und Dienstleistungen bereitzustellen. Dabei wirkt der CO2-Preis zum einen über die Nachfrage, indem er CO2-intensive Güter und Dienstleistungen teurer macht. Zum anderen wirkt er über das Angebot, indem er Anreize setzt, die CO2-Intensität der Produkte zu verringern.
Aktuell unterscheidet sich der CO2-Preis jedoch nach Sektoren.[12] Mit einem möglichst einheitlichen CO2-Preis lassen sich erhebliche Effizienzvorteile erzielen. Einheitliche CO2-Preise ergeben auch EU-weit Sinn. Wichtig in diesem Kontext ist, dass Deutschland sich weiter für die CO2-Bepreisung in der EU und möglichst auch in anderen Wirtschaftsräumen stark macht. Denn nur durch einen einheitlichen CO2-Preis ist sichergestellt, dass Einsparungen dort erfolgen, wo sie am kostengünstigsten sind. Wenn sich CO2 in einem Sektor zu niedrigen Kosten einsparen lässt, in einem anderen Sektor aber nur zu hohen Kosten, dann führt ein einheitlicher CO2-Preis dazu, dass die günstigsten Einsparungen zuerst angegangen werden.
Die CO2-Bepreisung würde auch die Verwendung von grünen Technologien attraktiver machen und die Energieeffizienz der Produktion steigern.[13] Gezielte Forschungs- und Entwicklungsförderung könnte dazu beitragen, dass CO2-Bepreisung und Wirtschaftsaktivität gut harmonieren könnten und das Produktivitätspotenzial im Bereich grüner Technologien besser ausgeschöpft wird.
3.2 Verlässlichen und stimmigen Rahmen für die Energiewende schaffen
Zweitens: Die Politik sollte für die Energiewende einen verlässlichen und konsistenten Rahmen aufzeigen. Wegen des langen Planungshorizonts und der hohen Investitionen ist dies das Fundament einer erfolgreichen Energiewende. Die Politik muss klar darstellen, wie erneuerbare Energien aus dem Inland und Energieimporte in Zukunft zusammenwirken sollen. Potenzielle Engpässe bei der Energieversorgung müssen hierbei berücksichtigt werden, besonders bei Dunkelflauten im Winter.
Wichtiger Bestandteil dieses Zusammenspiels ist ein Plan für den Ausbau der Energie-Infrastruktur, der mit geeigneten Anreizen zu unterlegen ist. Unsere Netze, Reservekraftwerke und Speicherkapazitäten müssen eine zuverlässige Energieversorgung sicherstellen. Bei Reservekraftwerken ist das Vorhalten von Leistung angemessen zu vergüten, da sonst zu wenig dieser Kapazität aufgebaut werden dürfte.
In den vergangenen Jahren wurden bereits Planungs- und Genehmigungsverfahren erleichtert. Zu prüfen ist, ob das schon ausreicht oder weitere Schritte erforderlich sind. Schnellere Verfahren könnten es zum Beispiel erleichtern, beim Netzausbau stärker auf die weitaus kostengünstigeren oberirdischen Stromleitungen zu setzen anstatt auf unterirdische Leitungen.
Gleichzeitig sollten ökonomische Anreize geschaffen werden, Stromangebot und Stromnachfrage innerhalb Deutschlands besser in Einklang zu bringen. Dazu bietet sich das Zusammenspiel aus flexiblen Stromtarifen und innovativen Ansätzen wie bidirektionalem Laden von Elektro-Autos an.[14] Flexible Stromtarife setzen den Anreiz, die Nachfrage zu reduzieren, wenn Strom gerade knapp und damit teuer ist. Wer das eigene Elektroauto dann nachts lädt statt abends, der kann so bei seiner Stromrechnung sparen. Zeitgleich signalisiert der Marktmechanismus, wo ein Kapazitätsausbau wirtschaftlich ist. Zudem könnten Elektro-Autos in Zeiten hoher Stromproduktion und damit niedriger Preise als Zwischenspeicher fungieren.
Um die zunehmende Nutzung von elektrischer Energie in der Wirtschaft grundsätzlich zu unterstützen, könnte die deutsche Stromsteuer zudem einheitlich auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
3.3 Klimaschädliche Subventionen abschaffen
Drittens: Klimaschädliche Subventionen sollten abgeschafft werden. Denn sie wirken den ökonomischen Anreizen der CO2-Bepreisung entgegen, indem sie den Verbrauch fossiler Energieträger begünstigen, und binden gleichzeitig knappe finanzielle Mittel.[15]
3.4 Europäische Energiemärkte stärker integrieren
Viertens: Die europäischen Energiemärkte sollten stärker integriert werden. Die Stromproduktion in Europa ergänzt sich teilweise: Die Nordseeländer produzieren vergleichsweise viel Strom durch Windenergie. Im europäischen Süden ist zudem Sonnenenergie eine wichtige erneuerbare Energiequelle. Und wenn mal weder der Wind weht noch die Sonne scheint, könnte gespeicherte Wasserkraft etwa aus Norwegen das Energiedefizit abmildern.
Eine stärkere Integration des europäischen Stromnetzes würde helfen, Angebot und Nachfrage besser auszugleichen und die Zahl der nötigen Reservekraftwerke reduzieren.[16]
4 Unternehmensdynamik erhöhen
Ich komme zum dritten Themenblock, mehr Dynamik im Unternehmenssektor. Wenn wir auf die längerfristige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zurückblicken, sehen wir: schwache Unternehmensinvestitionen,[17] rückläufiges Produktivitätswachstum[18] und eine nachlassende Unternehmensdynamik.[19] Diese negativen Trends umzukehren, würde die deutsche Wirtschaft wieder auf einen steileren Wachstumspfad führen. Wie kann das gelingen?
Wer investieren möchte, wer ein Unternehmen gründen möchte, wer eine innovative Idee verwirklichen möchte, sollte in Deutschland offene Türen einrennen. Derzeit sind viele Türen zu schwergängig. Sie sind nur mit Mühe zu öffnen, und es quietscht oft ganz ordentlich. Wenn wir mehr Dynamik wollen, müssen wir an einigen Stellen ölen.
4.1 Bürokratie abbauen
Erstens: In Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern höre ich immer wieder Klagen über zunehmende Bürokratie und Regulierung.[20] Der Normenkontrollrat empfiehlt, den Bürokratieabbau vom punktuellen Ausnahmefall zum systematischen Regelfall zu machen.[21] Es gilt also, das Regelungsdickicht regelmäßig kritisch zu durchforsten. Das betrifft insbesondere die Vielzahl an Dokumentations-, Berichts- und Meldepflichten. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Regeln ihr Ziel effizient erreichen und ob es bessere Instrumente gibt.
Um den Erfüllungsaufwand zu begrenzen, sollten EU-Vorgaben möglichst schlank und bürokratiearm umgesetzt werden. Dazu gehört, auf „Gold-Plating“ weitgehend zu verzichten. Dieses „Vergolden“ von EU-Vorgaben meint, dass auf nationaler Ebene eine zusätzliche Regelungsschicht aufgetragen wird.
Um den Erfüllungsaufwand zu verringern, wäre außerdem ein besseres Zusammenspiel der Behörden untereinander und mit der Wirtschaft wichtig. Häufig fragen unterschiedliche Stellen gleiche oder ähnliche Daten ab. Wären sie enger verzahnt, müssten Daten nur noch einmal gemeldet werden. Wo möglich, sollten Behördenleistungen aus einer Hand angeboten werden.
4.2 Unternehmensgründungen erleichtern und Innovationskraft stärken
Für mehr Unternehmensdynamik müssen wir zweitens Unternehmensgründungen erleichtern und die Innovationskraft stärken. Mehr als die Hälfte der Gründerinnen und Gründer nehmen bürokratische Hürden und Verzögerungen als Problem wahr.[22] Wer ein Unternehmen gründen möchte, sollte dies bei einer zentralen Anlaufstelle erledigen können. Ausgestaltet als „One-Stop-Shop“ könnte diese Anlaufstelle gebündelt alle typischen Angelegenheiten einer Gründung abdecken.
Gerade innovativen Start-ups sollten wir keine unnötigen Steine in den Weg legen, sondern den roten Teppich ausrollen. Start-ups und Wachstumsunternehmen profitieren von einem großen Heimatmarkt und passenden Finanzierungsangeboten. Beide erleichtern es Unternehmen, Innovationen zu skalieren und zu einer Größe heranzuwachsen, mit der sie auch international bestehen können. Und für beides ist eine Vertiefung des EU-Binnenmarktes zentral.[23]
Nicht nur bei Waren, sondern auch bei Dienstleistungen und mit Blick auf den Kapitalmarkt gilt: Hindernisse für grenzüberschreitendes Wirtschaften müssen weg, um die Größenvorteile Europas voll ausschöpfen können.[24] So ist die schon lange angestrebte Kapitalmarktunion überfällig, nicht zuletzt um mehr Wagniskapital zu mobilisieren.[25] Die künftige Bundesregierung sollte sich daher mit aller Kraft für Fortschritte zur Vollendung des europäischen Binnenmarktes einsetzen. Ich bin sicher, dass ein gut-geölter deutsch-französischer Motor uns hierbei gut voranbringen kann!
Auch bei der Forschungsförderung kann es sich lohnen, die europäischen Kräfte zu bündeln. Gerade mit Blick auf disruptive Innovationen im Bereich der Hochtechnologie wie KI besteht Nachholbedarf.[26] Eine gemeinsame europäische Initiative könnte helfen, EU-Gelder stärker auf diese Zukunftsthemen auszurichten und internationale Spitzenkräfte anzuziehen.
Künstliche Intelligenz ist als neue Basistechnologie ein Sprungbrett für innovative Anwendungen in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft. Denken Sie zum Beispiel an humanoide Roboter. Sie ähneln in ihrer Gestalt dem Menschen. Mit Hilfe der KI können sie ihr Umfeld erkennen. Und sie können auch kommunizieren. Da sie gleichzeitig auch lernen, ergibt sich besonders für die Industrie ein breites Anwendungsfeld. Bei den Anwendungen von KI in der Wirtschaft ganz vorne mitzuspielen, wird für Europa eine der zentralen Aufgaben der kommenden Jahre sein.
Aber auch auf nationaler Ebene gibt es Ansatzpunkte, Forschung und Entwicklung stärker zu fördern. So besteht in Deutschland meist eine strikte Trennung zwischen militärischer und ziviler Forschung. Damit entgehen uns Chancen. Denn Beispiele wie das Internet oder GPS zeigen, dass aus ursprünglich für das Militär entwickelter Technik bedeutende Innovationen entstehen können. Hier könnte es sich lohnen, mehr Synergien zu ermöglichen.[27]
Studien deuten darauf hin, dass staatliche Forschungsausgaben für Verteidigung weitere Forschungsausgaben anregen: Ein so eingesetzter US-Dollar regte in US-Bundesstaaten zwischen 0,57 und 0,72 Dollar an zusätzlichen privaten Forschungsausgaben an.[28] Zudem wurde gezeigt, dass ein so erzeugter Anstieg bei privaten Forschungsausgaben auch zu Produktivitätsgewinnen führte.[29]
Damit Unternehmen insgesamt mehr in Forschung und Entwicklung investieren, könnte man sie dafür steuerlich stärker belohnen.
4.3 Unternehmen steuerlich entlasten
Das bringt mich zu meinem dritten Ansatzpunkt für mehr Unternehmensdynamik: die steuerliche Entlastung von Unternehmen. Ein gezielter Investitionsanreiz wären beschleunigte Abschreibungen für einen bestimmten Zeitraum. Für den Staat hätte dies einen wesentlichen Vorteil: Die Steuerzahlungen wären meist nur aufgeschoben und nicht aufgehoben.
Solche gezielten Entlastungen ändern sicherlich nichts am grundsätzlichen Befund: Die Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland ist im internationalen Vergleich hoch. Mit einer Effektivsteuerbelastung von 28,5 % lag Deutschland 2024 fast zehn Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt.[30]
Damit sich international tätige Unternehmen verstärkt hierzulande ansiedeln, dürfte eine Senkung des tariflichen Körperschaftsteuersatzes am effektivsten sein. Diese Maßnahme hätte allerdings auch hohe Steuerausfälle zur Folge. Zudem wäre sie im Hinblick auf Investitionen weniger zielgenau als beschleunigte Abschreibungen oder eine Investitionszulage. Vor- und Nachteile sind also genau abzuwägen.
In jedem Fall sinnvoll wäre es, die Besteuerung von Unternehmen einfacher und effizienter zu gestalten. Dies ist in Deutschland politisch ein dickes Brett: Es gibt seit Jahrzehnten nachvollziehbare Vorschläge, die aber nicht umgesetzt wurden. Ein aktueller Bericht der Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ bietet eine Reihe bedenkenswerter Vorschläge.[31] Hier könnte sich ein neuer politischer Anlauf lohnen.
Damit steuerliche Anreize ihre gewünschte Wirkung entfalten und tatsächlich zu mehr Investitionen führen, muss es auch an anderer Stelle vorangehen: Zwischen guten Ideen und deren Umsetzung liegen in Deutschland oft umfangreiche und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren. Endgültige Entscheidungen können sich über den Rechtsweg erheblich hinauszögern.
4.4 Verwaltungsprozesse vereinfachen und beschleunigen
Als vierten Ansatzpunkt zum Thema Unternehmensdynamik sehen wir deshalb Vereinfachung und eine schnellere Verwaltung. Zum einen sollten Verwaltungsprozesse durch Digitalisierung, Automatisierung und Standardisierungen vereinfacht werden. Zum anderen könnten Vorgaben für die maximale Dauer bis zu einer Entscheidung zu mehr Planbarkeit für den Antragsteller führen. Verknüpft man solche Vorgaben mit einem vereinfachten Schadensersatz bei Überschreitungen einer Frist, würde dies die entsprechenden Anreize setzen.
Zügigere Verfahren zur Planung und Genehmigung würden auch dem Staat helfen, seine Infrastruktur schneller zu modernisieren. Die Infrastruktur in Deutschland wird zunehmend kritisch bewertet.[32] Wer auf deutschen Straßen unterwegs ist oder mit der Bahn fährt, kann diesen Eindruck meist bestätigen.
Und auch die Suche nach schnellem Internet ist oft ein Hindernislauf. So liegt Deutschland beim Glasfaserausbau im OECD-Vergleich auf Platz 36 von 38.[33] Dabei ist das Glasfasernetz zentral für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Betrieben. Dies betont die Expertenkommission Forschung und Innovation in ihrem jüngsten Gutachten. Sie empfiehlt: Das Glasfasernetz sollte insbesondere in ländlichen Regionen zügig weiter ausgebaut werden.[34]
Alles in allem zeigt sich: Es gibt mehr als genug Türen, die man leichter öffnen können sollte, um eine höhere Unternehmensdynamik zu ermöglichen.
5 Schluss
Meine Damen und Herren,
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.
Umgemünzt auf die heutige Situation in Deutschland ist der eingangs zitierte Spruch von Karl Marx der entschiedene Rat, in Sachen Wirtschaftswachstum ins Handeln zu kommen.
Ich habe ein Dutzend Stellen aufgezeigt, an denen die neue Bundesregierung den Hebel ansetzen kann, damit die deutsche Wirtschaft wieder mehr wächst. Die große Mehrzahl der von mir vorgeschlagenen Maßnahmen belastet den Bundeshaushalt nicht.
Dennoch: Manches kostet. Deshalb ist es unverzichtbar, Prioritäten zu überprüfen – so unpopulär das sein mag. Dies gilt auch, wenn großvolumige Sondervermögen und Ausnahmen von der Schuldenbremse bei manchen den trügerischen Eindruck vermitteln, es gäbe keine Finanzierungsengpässe. Mehr Schulden – damit ist letztlich nur für eine Übergangszeit abgeholfen. Danach muss eine nachhaltige Finanzierung über den Haushalt erfolgen. Denn mehr Schulden bedeutet auch steigende Zinslasten und weniger Haushaltsspielräume in der Zukunft.
Die Bildung einer neuen Regierung kommt zügig voran, und das ist wichtig. Ich möchte hier nicht tiefer auf die Sondierungsergebnisse vom vergangenen Wochenende eingehen. Zu begrüßen ist, dass wichtige Herausforderungen in einigen wesentlichen Bereichen angegangen werden sollen. Das betrifft insbesondere die Verteidigung, die Infrastruktur, den Bürokratieabbau, die Verbesserung staatlicher Leistungen und die Mobilisierung von Erwerbstätigkeit.
Letztlich ist die konkrete Umsetzung entscheidend, und viel ist natürlich auch noch endgültig festzulegen. Dabei ist darauf zu achten, dass neue Verschuldungsspielräume auch nur neuen, zusätzlichen Investitionen zugutekommen und nicht durch Verlagerungen in Sondervermögen oder Ausnahmen von der Schuldenbremse letztlich Haushaltslöcher stopfen. Und es müssen die dringend notwendigen Reformen zur Stärkung von Potenzialwachstum und Wettbewerbsfähigkeit Vorrang erhalten vor Partikularinteressen.
Meine Damen und Herren,
wir stehen vor großen Herausforderungen – politisch und wirtschaftlich. Eine kluge, konsistente und verlässliche Wirtschaftspolitik kann die Rahmenbedingungen setzen. Und die Aufbruchstimmung erzeugen, die wir jetzt benötigen.
Deutschland hat große Stärken: stabile politische Institutionen, finanziell solide aufgestellte Unternehmen, die veränderungsbereit und innovationsfähig sind und vor allem gut ausgebildete, kluge und tüchtige Menschen, die anpacken wollen. Um unser Land wieder voranzubringen.
Deutschlands Potenzial liegt nicht zuletzt darin, im Herzen Europas zu liegen. Spätestens jetzt dürfte auch dem Letzten klargeworden sein, dass wir in Europa enger zusammenrücken müssen. Das betrifft allen voran unsere Fähigkeit, uns zu verteidigen. Aber auch wirtschaftlich müssen wir noch enger zusammenarbeiten.
Die Potenziale des gemeinsamen Binnenmarkts stärker auszuschöpfen, ist ganz zentral, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Allen voran solle die europäische Bankenunion vollendet und die lang angestrebte Kapitalmarktunion endlich geschaffen werden. Sie bietet die große Chance, die finanziellen Mittel zur Transformation unserer Wirtschaften zu heben und optimal einzusetzen.
Europa kam immer dann entscheidend voran, wenn Deutschland und Frankreich am selben Strang zogen. Deswegen sollte der deutsch-französische Dialog wieder gestärkt werden. Es stimmt, dass unsere Länder mitunter sehr unterschiedliche Ansichten haben. Aber je bedrohlicher die Welt sich zeigt, desto wichtiger wird es, sich auf das zu besinnen, was uns eint. Und Kompromisse zu suchen und zu finden.
Europäische Integration heißt dicke Bretter zu bohren. Das ist mitunter mühsam. Aber es lohnt sich.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Fußnoten:
- Vgl. Deutsche Bundesbank (2024), Deutschland-Prognose: Wachstumsausblick deutlich eingetrübt – Inflation geht zurück auf 2 %, Monatsbericht Dezember, sowie Europäische Kommission (2024), European Economic Forecast, Autumn 2024, Institutional Paper 296, November 2024.
- Deutsche Bundesbank (2025), Solide Staatsfinanzen, gestärkte Investitionen: ein Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse, Monatsbericht, März 2025.
- Eine Reihe weiterer, wichtiger Faktoren für mehr Wachstumspotenzial wie Bildung, ausreichend Wohnraum, innere Sicherheit und eine Reform des Föderalismus seien aus Zeitknappheit lediglich erwähnt.
- Vgl. hierzu auch: ifo (2025), Einkommen von Frauen sinken nach Heirat um 20 %, Pressemitteilung vom 7. März 2025.
- Damit fehlten unabhängig vom Umfang der Betreuung bereits für mehrere Hunderttausend Kinder überhaupt Betreuungsplätze. Vergleiche Sachverständigenrat Jahresgutachten (2023/24), Wachstumsschwäche überwinden – In die Zukunft investieren, S. 269. Erschwerend kommt hinzu, dass vorhandene Betreuungsangebote teils vom Stundenumfang zu gering oder zu wenig zuverlässig sind. Vgl. z. B.: Engpass Kinderbetreuung – Hans-Böckler-Stiftung (2023) oder Bertelsmann Stiftung (2023) Mehr Plätze und bessere Qualität in Kitas bis 2030 – wenn jetzt entschlossen gehandelt wird.Auch dürften unzureichende Betreuungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige immer mehr Frauen daran hindern, mehr oder überhaupt zu arbeiten.
- Saisonarbeiter sind dabei herausgerechnet. Vergleiche Hammer, L., M. Hertweck, EU enlargement and (temporary) migration: Effects on labour market outcomes in Germany, Bundesbank Discussion Paper No. 02/2022.
- Vgl. Weber, E. (2024), The Dovish Turnaround: Germany’s Social Benefit Reform and Job Findings. IAB-Discussion Paper 07/2024.
- Inwieweit zusätzliche finanzielle Anreize für eine Erwerbsphase über die Regelaltersgrenze hinaus wie gewünscht wirken, lässt sich schwer einschätzen.
- Deutsche Bundesbank, Langfristige Perspektiven der gesetzlichen Rentenversicherung, Monatsbericht Oktober 2019 sowie Deutsche Bundesbank, Rentenversicherung: Langfristszenarien und Reformoptionen, Monatsbericht Juni 2022.
- Vgl.: Deutsche Bundesregierung (2024), Klimaschutzgesetz.
- Der Expertenrat für Klimafragen betrachtet insgesamt 13 verschiedene Studien und beziffert den jährlichen Investitionsbedarf auf 135 bis 255 Mrd € („Transformationsinvestitionen“). In Relation zum BIP sind dies rund 3,2 bis 6 Prozent. Vgl.: Expertenrat für Klimafragen (2025), Zweijahresgutachten 2024. In vielen Fällen werden Technologien auf Basis fossiler Brennstoffe durch klimaneutrale Alternativen ersetzt. Dies erfordert nur dann eine zusätzliche Finanzierung, wenn die klimaneutralen Technologien kostspieliger sind oder der ersetzte Kapitalstock noch nicht vollständig abgeschrieben ist. Der Bedarf an zusätzlicher Finanzierung ist somit deutlich geringer. Vgl. hierzu vertiefend: Nagel (2025), Finanzierung des Übergangs zu Klimaneutralität – Kosten und Instrumente, Rede an der Adam Smith Business School University of Glasgow, 13.02.2025.
- In Deutschland ist die CO2-Bepreisung derzeit in zwei unterschiedlichen Systemen organisiert: Der Zertifikathandel auf europäischer Ebene (EU-ETS1) deckt die Sektoren Energiewirtschaft, energieintensive Industrie und innereuropäischer Luftverkehr ab. Für die Sektoren Wohnen und Verkehr gilt seit 2021 eine nationale CO2-Bepreisung, die geringer ausfällt. Die nunmehr emissionsklassenabhängige LKW-Maut auf Bundesautobahnen schafft auf diesen Strecken allerdings einen erheblichen Aufschlag auf den CO2-Preis. Ab 2027 sollen die Sektoren Wohnen und Verkehr in einen europäischen Emissionshandel (EU-ETS2) überführt werden. Nach jetziger Gesetzeslage soll die CO2-Bepreisung auch nach dem Jahr 2027 mit dem EU-ETS1 höher ausfallen als mit dem EU-ETS2. Ein einheitlicher, umfassender CO2-Preis im EU-Rahmen ist derzeit frühestens für die Zeit ab 2031 angelegt.
- Bei einem wie in Deutschland politisch festgelegten CO2-Preis für Wohnen und Verkehr muss dieser zudem hoch genug sein, um die Emissionsziele zu erreichen.
- Energieversorger sind in Deutschland seit 2025 dazu verpflichtet, gestaffelte Strompreise anzubieten. Auf der Nachfrageseite setzt ein solches Angebot aber Smart Meter voraus, deren zügige Einführung somit ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Energiewende sein sollte.
- Plötz, P. et al. (2024), Klimaschädliche Subventionen entsprechen negativen CO2-Preisen, Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.
- Konkret bieten sich zur Integration der europäischen Energiemärkte die folgenden Maßnahmen an: Zum einen sollten europaweite Auktionen für erneuerbare Energien und Reservekapazitäten durchgeführt werden. Vgl.: Heussaff, C. (2024), Decarbonising for competitiveness: four ways to reduce European energy prices, Policy Brief 32/2024, Bruegel. Zum anderen sollte der Erwerb langfristiger Übertragungsrechte durch Netzbetreiber vereinfacht werden. Möglich wäre dies zum Beispiel, indem die Frequenz der Auktionen erhöht und ein Sekundärmarkt eingeführt wird. Vgl. auch: Zachmann, G. et al. (2024), Unity in power, power in unity: why the EU needs more integrated electricity markets, Policy Brief 2024/03, Bruegel.
- Scheuermeyer, P. (2025), Investitionsentwicklung in Deutschland – eine Bestandsaufnahme, Fokus Volkswirtschaft Nr. 485, KfW Research.
- Deutsche Bundesbank (2021), Zur Verlangsamung des Produktivitätswachstums im Euroraum, Monatsbericht, Januar 2021.
- Deutsche Bundesbank (2024), Dynamik im deutschen Unternehmenssektor in den letzten zwei Dekaden insgesamt rückläufig, Monatsbericht, März 2024.
- Dies zeigt auch die repräsentative Unternehmensumfrage der Bundesbank im September 2024: Bei der Frage nach drängenden Problemen in den kommenden sechs Monaten verwiesen rund zwei Drittel auf Bürokratielasten – kein anderes Problem wurde häufiger genannt. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024), Unternehmensstudie (BOP-F): Herausforderungen für Unternehmen. Laut einer ifo-Umfrage ist die Regulierungsdichte bzw. Bürokratie in Deutschland das wichtigste Investitionshemmnis, vgl. von Maltzan, A. und L. Zarges (2024), Der Investitionsstandort Deutschland aus Unternehmenssicht, ifo Schnelldienst 3/2024.
- Nationaler Normenkontrollrat (2024), Gute Gesetze. Digitale Verwaltung. Weniger Bürokratie. Momentum nutzen, Wirkung steigern, Jahresbericht 2024.
- Metzger, G. (2024), Der Gründungstätigkeit fehlen die makroökonomischen Impulse – Selbstständige werden als Multiplikatoren wichtiger, KfW-Gründungsmonitor 2024, KfW Research.
- Adilbish, O. E., D. A. Cerdeiro, R. A. Duval, G. H. Hong, L. Mazzone, L. Rotunno, H. H. Toprak und M. Vaziri (2025), Europe’s Productivity Weakness: Firm-Level Roots and Remedies, IMF Working Papers, WP/25/40.
- Vgl. auch Nagel, J., und F. Villeroy de Galhau (2024), Gemeinsamer Appell zur Wiederbelebung des deutsch-französischen Dialogs, Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in Le Monde, 22. November 2024.
- Zu einem weiteren Thema, der Bankenunion, vgl. Nagel, J., und N. Véron (2024), Den Teufelskreis zwischen Banken und Staaten endgültig durchbrechen, Gastbeitrag bei Politico, 22. Oktober 2024.
- Fuest, C., D. Gros, P-L. Mengel, G. Presidente und J. Tirole (2024), Reforming innovation policy to help the EU escape the middle-technology trap, VoxEU Column, 19. April 2024.
- EFI – Expertenkommission Forschung und Innovation (2024): Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2024.
- Pallante, G., E. Russo und A. Roventini (2023), Does public R&D funding crowd-in private R&D investment? Evidence from military R&D expenditures for US states, Research Policy, 52 (8).
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