Vertrauen - Voraussetzung und Erfolg einer stabilen Währung Rede bei der Jahrestagung des Markenverbandes
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich für die Einladung, und ich freue mich, heute hier sprechen zu können. Auf den ersten Blick scheint es vielleicht es etwas ungewöhnlich, ausgerechnet einen Notenbanker zum Markenverband einzuladen. Auf den zweiten Blick scheint es jedoch ganz passend, denn: Auch Währungen sind Marken.
Wie Marken auch, sind viele Währungen ein Symbol. Ein Symbol, das viel mehr repräsentiert als nur ein bestimmtes „Produkt“. Was verbinden wir mit dem US-Dollar, wenn nicht den American Dream? Was mit der DM, wenn nicht das deutsche Wirtschaftswunder? Und der Euro ist das sichtbarste Zeichen für die Europäische Integration.
Aber was ist eigentlich das „Produkt“, das hinter der Marke steht? Was ist Geld?
2 Vertrauen als Voraussetzung einer stabilen Währung
Diese Frage hat fast schon etwas Mystisches, und man kann sie von vielen Seiten betrachten. Es gibt zahllose Studien über das Wesen des Geldes – Studien von Philosophen, von Kulturwissenschaftlern, von Historikern, von Soziologen und natürlich von Ökonomen. Gerade Ökonomen gelten dabei häufig als etwas trocken und entsprechend geben sie häufig recht trockene Antworten auf die Frage, was Geld eigentlich sei. Eine dieser Antworten lautet: „Geld ist, was Geld tut“.
Was bedeutet das? Der Gedanke dabei ist, dass Geld lediglich ein Medium darstellt, das bestimmte Funktionen erfüllt. Und alles, was diese Funktionen erfüllt, ist dann eben Geld – das können Scheine sein, Münzen, Guthaben auf dem Girokonto, aber auch Muscheln, Felle oder Zigaretten. Insgesamt drei Funktionen hat das Geld: Es dient als Tauschmittel, es dient als Recheneinheit, und es dient als Wertaufbewahrungsmittel.
Indem es diese drei Funktionen erfüllt, erleichtert es uns das Leben. Stellen Sie sich für einen Moment vor, es gäbe kein Geld. Womit würden Sie zum Beispiel das sprichwörtliche täglich Brot bezahlen? Sie bräuchten etwas zum Tauschen. Etwas, dass sie selbst produziert oder zuvor getauscht haben. Und der Bäcker müsste gerade genau das haben wollen, was Sie ihm im Tausch für sein Brot anbieten können. Mit Geld entfällt diese Suche nach dem passenden Tauschpartner. Geld erleichtert viele Dinge des täglichen Lebens.
Warum aber kann Geld das, was es tut? Geld kann genau dann seine Funktionen erfüllen, wenn die Menschen ihm vertrauen. Sie müssen darauf vertrauen, dass ihr Geld auch in Zukunft als Tauschmittel akzeptiert wird. Und sie müssen darauf vertrauen, dass es bis dahin nicht an Wert verliert.
Von dem österreichischen Dramatiker Johann Nepomuk Nestroy stammt folgendes Zitat: „Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig davon?
“ Die Frage klingt zunächst vielleicht nicht ganz ernst gemeint, aber es lohnt sich, sie ernst zu nehmen. Eine Antwort finden wir in der Geschichte des Geldes.
Wie Sie vielleicht wissen, waren es die Chinesen, die das Papiergeld erfunden haben. Ab 700 nach Christus benutzten sie Vorläufer von Banknoten, das erste richtige Papiergeld tauchte um 1.000 nach Christus auf, legales Zahlungsmittel wurde es zum Ende des 13. Jahrhunderts. Was uns heute selbstverständlich vorkommt, war damals eine fantastische Erfindung. Marco Polo bringt das in seinen Reiseberichten auf den Punkt: Mit einigem Amüsement betrachtet er, wie der Kublai Khan Papier zu Gold macht – nachdem die europäischen Alchimisten Jahrhunderte lang vergeblich versucht hatten, Blei zu Gold zu machen.
Auch die chinesischen Kaiser erkannten natürlich die Bedeutung dieser Erfindung und machten reichlich Gebrauch davon. Sie produzierten mehr und mehr Geldscheine – leider ohne die alten aus dem Verkehr zu ziehen. Das Ergebnis überrascht nicht: Es gab Inflation. Ende des 13. Jahrhunderts war ein Geldschein noch 1.000 Kupfermünzen wert, knapp 150 Jahre später nicht mal mehr eine einzige.
Diese Geschichte beantwortet uns die etwas naiv anmutende Frage, warum es so wenig Geld gibt. In seiner „Kulturgeschichte des Geldes
“ schreibt Dieter Schnaas: „Geld lässt sich beliebig vermehren – so lange gar, bis ein jeder Millionär ist. Nur hört es dann auf, Geld zu sein
“. Und wenn die Menschen nicht mehr darauf vertrauen, dass ihr Geld auch morgen noch Geld ist und einen Wert hat, dann ist es schon passiert: Geld hört auf, Geld zu sein.
Wie bei jeder guten Marke ist das Vertrauen der Menschen entscheidend für den Erfolg. Gleichzeitig schafft eine stabile Währung aber auch Vertrauen. Georg Simmel bringt es in seiner „Philosophie des Geldes
“ so auf den Punkt: „Geld ist die vielleicht konzentrierteste und zugespitzteste Form und Äußerung des Vertrauens in die gesellschaftlich-staatliche Ordnung.
“
Um Vertrauen in das Geld zu schaffen und um dieses Vertrauen zu bewahren, gibt es Zentralbanken. Zentralbanken, die von der Politik unabhängig sind und deren Hauptaufgabe es ist, die Preisstabilität zu gewährleisten. Nach diesem Prinzip ist auch das Eurosystem konstruiert, also die EZB und die nationalen Zentralbanken des Euro-Raums. Und seit Einführung des Euro hat das Eurosystem seine Aufgabe erfolgreich erfüllt: Der Euro ist eine stabile Währung, nach innen und im Übrigen auch nach außen.
3 Vertrauen schaffen, um die Krise zu überwinden
Dennoch befinden wir uns in einer ernsten Krise – und das seit mehr als zwei Jahren. Wenn wir auf den Grund dieser Krise schauen, finden wir Länder, deren Staatsschulden zu hoch sind und deren Wirtschaftsstrukturen kein solides Wachstum mehr ermöglichen, und zunehmend auch Zweifel am Funktionieren der Währungsunion. Ursache ist also eine Mischung aus Schwächen in der Architektur der Währungsunion und nationalen Fehlentwicklungen. Beides blieb durch den Erfolg des Euro zu lange unbeachtet.
Um die Krise zu überwinden, ist also zweierlei nötig: Erstens müssen die betroffenen Länder ihre Staatshaushalte in Ordnung bringen und ihre Wirtschaftsstrukturen reformieren. Zweitens müssen wir die Architektur der Währungsunion verbessern.
Bei Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen sehen wir mittlerweile erste Erfolge. Länder wie Irland, Portugal oder Spanien haben ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht: Die Lohnstückkosten fallen, und die Leistungsbilanzdefizite werden kleiner. Gleichzeitig nehmen auch die Defizite in den Staatshaushalten ab.
Die Fortschritte bedeuten aber nicht, dass diese Länder schon den ganzen Weg hinter sich haben, an dessen Ende tragfähige Staatsfinanzen und wettbewerbsfähige Wirtschaftsstrukturen stehen. Vor allem reichen die bisherigen Fortschritte in vielen Fällen nicht aus, um das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Um aber das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, muss die Politik zeigen, dass sie fähig und willens ist, zu tun, was getan werden muss – auf nationaler wie auf europäischer Ebene.
Auf europäischer Ebene geht es vor allem darum, den Rahmen der Währungsunion zu verbessern. Eine besondere Herausforderung ist, dass der gemeinsamen Geldpolitik 17 nationale Finanzpolitiken gegenüberstehen. Das ist eine schwierige Konstellation. Stellen Sie sich vor, sie müssten eine Marke pflegen, die von 17 eigenständigen Unternehmen nach eigenem Ermessen verwendet wird. Zwar profitieren alle von der gemeinsamen Marke, aber das garantiert nicht, dass auch alle im Interesse der gemeinsamen Marke handeln. Bezogen auf die Währungsunion ergibt sich folgendes Problem: Die einzelnen Regierungen haben einen Anreiz, sich übermäßig zu verschulden, denn die dadurch entstehenden Kosten werden über alle 17 Euro-Länder hinweg „verdünnt“. Eine zu hohe Verschuldung belastet dann wiederum die gemeinsame Währung und damit die gemeinsame Geldpolitik, die für die Stabilität der gemeinsamen Währung verantwortlich ist.
Dieses Problem hat man schon bei Gründung der Währungsunion erkannt. Abhilfe sollten die Maastricht-Regeln schaffen, insbesondere die Obergrenzen für den Schuldenstand und für die jährliche Neuverschuldung. Allerdings ist der Maastricht-Rahmen in den Jahren vor der Krise gedehnt und zum Teil missachtet worden. Dennoch: Bei 17 Ländern, die auf ihre haushaltspolitische Souveränität pochen, brauchen wir solche Regeln. Und wo diese Regeln zu schwach oder unzureichend waren, müssen wir sie gezielt verbessern und ihnen wieder Gültigkeit verschaffen. Und es wurde schon einiges erreicht: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde geschärft, ein Verfahren für gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte eingerichtet und der Fiskalpakt beschlossen. Bei aller Detailkritik kann ein verbesserter Maastricht-Rahmen gemeinsam mit einem Rettungsfonds wie dem ESM ein solides Fundament für die Währungsunion sein.
Zu den Grundprinzipien der Währungsunion gehört die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten, bis hin zum Haftungsausschluss; nach Artikel 125 des EU-Vertrags darf grundsätzlich kein Euro-Land für die Schulden eines anderen Euro-Landes haften. Die diversen Rettungsmaßnahmen haben dieses Prinzip aufgeweicht. Um akute Gefahren für die Finanzstabilität im Euro-Raum abzuwenden, wurden Haftungsrisiken vergemeinschaftet. Das schafft aber neue Probleme. Haftung und Kontrolle müssen im Gleichgewicht bleiben. Denn wenn derjenige, der für die Risiken haftet, nicht auch die Entstehung der Risiken kontrolliert, dann werden allzu leicht zu hohe neue Risiken eingegangen.
Wenn wir auf die Rettungsbemühungen der vergangenen zweieinhalb Jahre zurückblicken, sehen wir ein ständiges Tauziehen. Ein Tauziehen zwischen dem Versuch, die Haftung für Risiken stärker zu vergemeinschaften, und dem Versuch, stärkere Kontrollen zu schaffen, damit neue Risiken gar nicht erst entstehen können. Dieses Tauziehen fand statt bei der Diskussion um die Konstruktion der Rettungsschirme, es fand statt bei der Debatte um Eurobonds und bei der Debatte um die Schaffung einer Fiskalunion. Und es findet statt bei der aktuellen Diskussion um eine Bankenunion.
Hintergrund dieser Diskussion ist ein weiteres zentrales Problem, das die Krise ans Licht gebracht hat: die enge Verbindung zwischen Banken und Staatsfinanzen. Diese enge Verbindung kann zu einem Risiko für die Finanzstabilität im Euro-Raum werden. Geraten viele Banken gleichzeitig in Schwierigkeiten, weil zum Beispiel eine Immobilienblase geplatzt ist, dann kommt der Staat um eine Rettung kaum herum, wenn er noch Schlimmeres verhindern möchte. Die Rettung aber belastet den Staatshaushalt – das war zum Beispiel in Irland deutlich zu sehen. Andersherum gilt: Schwache Staatsfinanzen belasten die Banken und das Vertrauen in deren Solvenz. Auch das beobachten wir zurzeit.
Um die Währungsunion perspektivisch stabiler zu machen, ist es künftig besonders wichtig, dass die Rückkopplung zwischen Banken und Staatsfinanzen gedämpft wird. Und lassen Sie mich eine Nebenbemerkung machen: Es verwundert vor diesem Hintergrund etwas, dass die aktuelle Tendenz mitunter zu sein scheint, den nationalen Bankensystemen immer weitere zusätzliche Risiken aus den Staatsfinanzen aufzubürden.
Zur künftigen Trennung von Banken- und Staatsrisiken gehört aber sicherlich eine adäquate Bankenregulierung, die dies eng begrenzt und eine stärkere Risikotragfähigkeit des Bankensystems. Auch die Bankenunion kann hier einen Beitrag leisten. Kernelemente einer solchen Bankenunion wären, erstens, eine gemeinsame Bankenaufsicht und, zweitens, ein gemeinsames Abwicklungsregime für Banken, die in Schieflage geraten sind. Entsprechende Vorschläge hat die EU-Kommission vor knapp drei Wochen vorgelegt.
Die Deutsche Bundesbank begrüßt grundsätzlich eine europäische Bankenaufsicht. Sie kann helfen, Krisen zu vermeiden, indem sie an die Banken unabhängig von deren Heimatland die gleichen hohen Ansprüche stellt und indem sie grenzüberschreitende Wechselwirkungen berücksichtigt, die nationale Aufseher nicht im Blick haben. Dadurch wird die Stabilität des Finanzsystems erhöht und die gemeinsame Geldpolitik entlastet.
Derzeit sieht es so aus, als solle die europäische Bankenaufsicht auf die EZB übertragen werden. Das ist zunächst natürlich ein Ausdruck des Vertrauens in die Kompetenz der Notenbanken. Aber: Bankenaufsicht und Geldpolitik unter einem Dach zu betreiben, kann zu Interessenkonflikten führen, zu Konflikten mit dem Hauptziel „Preisstabilität“ und mit der Unabhängigkeit der Notenbanken. Die Gefahr solcher Interessenkonflikte hat auch in Deutschland eine große Rolle gespielt als es darum ging, die Bankenaufsicht unter dem Dach der Bundesbank zu bündeln. Wenn die EZB tatsächlich die Bankenaufsicht übernimmt, dann müsste ganz klar getrennt werden zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht. Diese Trennung ist schwierig – schwierig aus organisatorischer Sicht und schwierig aus rechtlicher Sicht. Hier gibt es eine Reihe Fragen, die noch nicht zufriedenstellend beantwortet wurden.
Nach meiner Überzeugung hat eine Bankenunion vor allem den Zweck, Risiken im Bankensystem besser zu kontrollieren. Dennoch stellt sich mit einer europäischen Aufsicht auch die Frage, wer für die Risiken haftet. Und auch hier gilt: Haftung und Kontrolle müssen im Gleichgewicht bleiben. Selbst eine noch so gute Aufsicht kann nicht völlig ausschließen, dass einzelne Banken in Schieflage geraten. Darum gehört zu einer gemeinsamen Aufsicht grundsätzlich auch eine adäquate Regulierung und ein gemeinsamer Abwicklungs- und Restrukturierungsmechanismus – und über den würden potenziell Risiken vergemeinschaftet.
Wichtig ist daher zweierlei. Erstens, Risiken zu vergemeinschaften darf nicht der Hauptzweck einer Bankenunion sein. Zweitens, um Haftung und Kontrolle im Gleichgewicht zu halten, dürfen nur solche Risiken einer gemeinsamen Haftung unterliegen, die entstanden sind, nachdem die gemeinsame Aufsicht eingerichtet wurde. Für die Altlasten in den Bankbilanzen müssen weiter diejenigen Länder verantwortlich zeichnen, unter deren nationaler Aufsicht die Lasten entstanden sind. Alles andere wären finanzielle Transfers, und die sollte man offenlegen und nicht unter dem Deckmantel einer Bankenunion gewähren.
Je stärker die Bankenunion künftig Risiken aus den Bankbilanzen umverteilt, desto wichtiger ist, dass die europäische Ebene das Recht bekommt, in die nationale Finanzpolitik einzugreifen, wenn die vereinbarten Regeln verletzt werden. In diesem Sinn wären ein gestärktes finanz- und wirtschaftspolitisches Regelwerk und die Bankenunion komplementär; sie würden sich gegenseitig ergänzen.
Eine Bankenunion kann also wichtiger Baustein eines stabilen Rahmens für die Währungsunion sein. Aber eine Bankenunion ist kein Wert an sich. Entscheidend ist, dass sie richtig aufgezogen wird und die Währungsunion tatsächlich stabiler macht. Dazu muss eine Bankenunion aber gründlich vorbereitet werden, und das braucht Zeit. Wenn wir die Stabilität des Euro dauerhaft sichern wollen – und dafür tritt die Bundesbank ein –, dann dürfen wir über die Sorgen des Augenblicks nicht die Notwendigkeiten der Zukunft vergessen.
Dies ist übrigens ein grundsätzliches Anliegen, das ganz generell gilt. Denn für eine stabile Währung ist Vertrauen eine entscheidende Voraussetzung. Dieses Vertrauen bezieht sich auf die Fähigkeit, eine leistungsfähige Bankenunion zu schaffen, es bezieht sich auf die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, ihre hausgemachten Probleme in den Griff zu bekommen, und es bezieht sich auf den Willen und die Fähigkeit der Notenbank, Geldwertstabilität zu bewahren. Und wie bei einer Marke gilt: Erworbenes Vertrauen eröffnet zusätzliche, unter Umständen sogar beträchtliche Handlungsoptionen. Doch von diesem Vertrauenskapital kann und darf man nicht beliebig zehren, so wichtig der Zweck auch sein mag.
Wenn es um die angemessene Reaktion auf die gegenwärtige Krise geht, muss alles getan werden, was zum einen die Krise mildert und zum anderen aber auch eine stabile Perspektive bietet. Aber bitte immer von demjenigen, der dafür die Verantwortung trägt und demokratisch mandatiert wurde. Fiskalische Probleme fallen in den Verantwortungsbereich von Regierungen und Parlamenten. Und es ist an ihnen, die Entscheidung zu treffen, in Not geratene Länder bedarfsweise zu finanzieren und die damit verbundenen Risiken auf ihre Steuerzahler zu übertragen. Die Notenbanken haben für Preisstabilität zu sorgen und sollen keine fiskalischen Aufgaben übernehmen. Die Unabhängigkeit dient gerade auch dazu, die zu erwartenden Forderungen der Politik ablehnen zu können, um am Ende die Preisstabilität bewahren zu können.
Denn Vertrauen ist ein kostbares, leicht zu beschädigendes Gut. Für Notenbanken ist Vertrauen ihr wichtigstes Kapital. Die Menschen müssen ihnen vertrauen, dass sie die Preisstabilität sichern und dieses Ziel nicht anderen Zielen unterordnen. Zentralbanken in der ganzen Welt haben sehr viel getan, um eine Eskalation der Krise zu vermeiden. Aber viele der ergriffenen Maßnahmen haben auch unerwünschte Folgen. Und ein aktueller Aufsatz, den der ehemalige Chefvolkswirt der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, William White, verfasst hat, zeigt, dass die Nebenwirkungen der – wie er sie nennt – ultraexpansiven Geldpolitik nicht unterschätzt werden sollten.1 Daher ist es ebenso wichtig wie richtig, dass Notenbanken auf der ganzen Welt darüber diskutieren, wie sie kurzfristige Krisenmaßnahmen so ausgestalten, dass das Vertrauen in die Notenbanken erhalten bleibt.
4 Schluss
Halten wir aber fest: Eine Währung braucht Vertrauen. Vertrauen macht sogar den Kern der Marke „Geld“ aus. Und Vertrauen ist zurzeit knapp – laut einer Emnid-Umfrage glauben 65% der Deutschen, dass es ihnen ohne den Euro besser gehen würde. Ich glaube das nicht.
Ich glaube, dass Europa weiterhin die Chance hat, gestärkt aus der Krise hervorzugehen: wettbewerbsfähiger, widerstandsfähiger und wachstumsstärker. In vielen Ländern gibt es schon jetzt Reformen, die vor der Krise undenkbar schienen. Eine erfolgreich überwundene Krise könnte dann sogar Teil der Erfolgsgeschichte europäischer Integration werden. Dieser Ausgang ist nicht sicher, aber es lohnt sich, dafür zu kämpfen.
1White, William (2012), Ultraeasy Monetary Policy and the Law of unintended Consequences. Federal Reserve Bank of Dallas, Globalization and Monetary Policy Institute, Working Paper, No. 126.