Rede zum Amtswechsel in der Hauptverwaltung in Nordrhein-Westfalen Amtswechsel des Präsidenten der HV-NRW Düsseldorf

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Begrüßung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlich willkommen zum Neujahrsempfang bei der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Nordrhein-Westfalen. „Wat et nit all jöwt…“ unter diesem Motto steht der diesjährige Karneval in Düsseldorf [1]. Dieser Ausruf der Verwunderung ist sehr passend gewählt für eine Zeit voller Veränderungen und Umbrüche, die uns in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fordern.

Eine Zeit der Veränderungen ist es auch für die Kolleginnen und Kollegen der Bundesbank hier in der Hauptverwaltung. Denn Jochen Metzger hat die Bundesbank zum Jahresende 2023 verlassen. Sein Nachfolger ist Christian Otto, der aus der Hauptverwaltung in Hamburg hier nach Düsseldorf wechselt. Aber dazu kommen wir gleich. 

2 Jochen Metzger

Lieber Herr Metzger,

Sie können auf 35 Jahre im Dienste der Bundesbank zurückblicken. Gut die Hälfte dieser Zeit haben Sie an entscheidenden Stellen die Geschicke der Bundesbank mitbestimmt. Begonnen haben Sie Ihre Karriere im Jahr 1988 als Referendar.

Danach haben Sie zunächst sieben Jahre als Analyst im Zentralbereich Märkte in Frankfurt am Main gearbeitet, bevor es Sie ins Ausland gezogen hat: nach Buenos Aires. An der dortigen Deutschen Botschaft haben Sie drei Jahre als Repräsentant die Netzwerke der Bundesbank gepflegt und über wichtige Wirtschafts- und Finanzentwicklungen in Süd- und Lateinamerika Bericht erstattet. 

Direkt im Anschluss sind Sie von der Bundesbank an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel entsendet worden.

Dort waren Sie drei Jahre als Referent und Mitglied des Sekretariats für das Finanzstabilitätsforum tätig. Erst danach ging es wieder zurück nach Frankfurt. Hier wurde Ihnen im Jahre 2004 zunächst die stellvertretende Leitung der Abteilung „Marktanalyse“ im Zentralbereich Märkte übertragen. Nur ein Jahr später wurden Sie im Jahr 2005 vom Vorstand zum Leiter des Zentralbereichs „Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung“ ernannt. 

Mehr als 15 Jahre haben Sie dieses Amt ausgefüllt und dabei die Weiterentwicklung der europäischen Infrastruktur im Zahlungsverkehr und in der Wertpapierentwicklung maßgeblich mitgestaltet. Drei Jahre davon haben wir beide sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet, da ich mit Eintritt in den Vorstand im Jahr 2018 der zuständige Dezernent war. Dafür möchte ich mich im Namen des kompletten Vorstands bei Ihnen bedanken!

3 Europäischer Zahlungsverkehr

Schon vor der Gründung des Eurosystems war klar, dass eine gemeinsame europäische Währung nicht nur gemeinsames europäisches Bargeld, sondern vor allem auch eine gut funktionierende Infrastruktur für die Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs im Euroraum benötigt.

Dabei wurden insbesondere drei Ziele verfolgt:

  • Die reibungslose Umsetzung der Geldpolitik des Eurosystems sicherstellen.
  • Einen sicheren und verlässlichen Mechanismus für die Abwicklung von Euro-Zahlungen auf Basis einer Echtzeit-Brutto-Verrechnung (Real-Time Gross Settlement, RTGS) schaffen.
  • Und die Effizienz grenzüberschreitender Zahlungen zwischen den Mitgliedsstaaten des Euroraums verbessern.

Vor ziemlich genau 25 Jahren wurde daher zusammen mit der Einführung des Euros als Buchgeld auch die erste Generation des Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer Systems (TARGET-System) auf Basis der nationalen Abwicklungssysteme in Betrieb genommen.[2] Im Laufe der Zeit zeichneten sich zunehmend zwei Nachteile ab: Der dezentrale technische Aufbau und die unterschiedlichen Standards hinsichtlich Technik und Leistungsangebot. Denn harmonisiert war nur die grenzüberschreitende Abwicklung.

Auch im europäischen Zahlungsverkehr geht es letztlich um die grundlegende Frage, die sich für vielen Aufgaben in Europa stellt: Was kann auf dezentraler Ebene bereitgestellt werden, was sollte besser zentral organisiert werden? Während die Ausgabe von physischem Bargeld etwa eine dezentrale Verteilung erfordert, profitieren die Marktteilnehmer im unbaren, elektronischen Zahlungsverkehr von einheitlichen Prozessen und Skaleneffekten einer integrierten, pan-europäischen Infrastruktur.

Für Sie, lieber Herr Metzger, war eine gemeinsame TARGET-Infrastruktur deshalb nicht nur eine Option, sondern zwingende Notwendigkeit. Und für die Bundesbank haben Sie dabei stets die Chance betont, die Expertise und den langjährigen Erfahrungsschatz zusammen mit den Zentralbanken Italiens, Frankreichs sowie schließlich auch Spaniens in eine leistungsfähige und eine international Maßstäbe setzende Eurosystem-Infrastruktur einzubringen.

2008 wurde der TARGET-Verbund dann auch wirklich durch eine moderne, gemeinsame einheitliche Plattform abgelöst: TARGET2. Hinzu kamen die 2015 eingeführte Plattform TARGET2-Securities (T2S) für die harmonisierte und zentralisierte Wertpapierabwicklung in Zentralbankgeld. T2S war am Ende auch das Ergebnis der hartnäckigen Bemühungen Jochen Metzgers, dass die Zentralbankgeld-Verrechnung in der Eurosystem-Infrastruktur verbleiben muss und nicht auf Dritte ausgelagert werden darf. 

Schließlich wurden die TARGET-Services in 2018 durch die TIPS-Plattform komplementiert, auf der europaweit Sofortüberweisungen zwischen Geschäftsbanken abgewickelt werden können. Seit dem vergangenen Jahr teilen sich TARGET2 und T2S eine gemeinsame IT-Plattform. Aus TARGET2 wurde in diesem Zusammenhang: T2.

Meine Damen und Herren,

das Ganze klingt sehr abstrakt und technisch. Und glauben Sie mir, die Themen sind auch tatsächlich sehr technisch. Aber gerade Jochen Metzger hat es in hervorragender Weise verstanden, diese komplexen Sachverhalte verständlich darzustellen. Das hat ihn zu einem außerordentlich geschätzten Gesprächspartner gemacht – national wie international. Er hat der Bundesbank in seiner Zeit als Leiter des Zahlungsverkehrs bei diesen schwierigen Themen Gewicht und Stimme verliehen. 

Und Sie, lieber Herr Metzger, haben auch frühzeitig das Potenzial der Distributed Ledger Technologie erkannt. Im Jahr 2021 konnte zusammen mit der Deutschen Börse und der Finanzagentur erfolgreich vermeldet werden, dass man das Potenzial tokenisierter Wertpapiere in der Abwicklung auch mit einem Brückenschlag zum bewährten TARGET2-System nutzen kann. Eine solche Trigger-Lösung kombiniert technologische Innovation mit effizientem Liquiditätsmanagement in Zentralbankgeld.

Mit einer Weiterentwicklung des Triggers wird sich die Bundesbank ab Mai dieses Jahres auch an konkreten Experimenten mit Marktteilnehmern und Tests mit „echtem“ Zentralbankgeld beteiligen. Wir versprechen uns davon wichtige Einblicke in den Nutzen, die Vorteile und die Implikationen von alternativen Technologien im Zahlungsverkehr.

Das Thema Digitalisierung bestimmt aber natürlich nicht nur die Diskussionen auf dem Gebiet der Großbetragszahlungen. Auch der Zahlungsverkehr für Jedermann wird zunehmend digitaler. Fahrkarten und Flugtickets kauft man heute am bequemsten per App, Hotelzimmer bucht man in der Regel digital und den Weihnachtseinkauf haben viele von uns gerne von Zuhause aus im Onlinehandel erledigt. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass Euro-Banknoten und Euro-Münzen zwar weiter eine wichtige, aber tendenziell abnehmende Rolle im Zahlungsverkehr spielen. Elektronische, bargeldlose Zahlungen gewinnen an Bedeutung.

Und zu einer digitalen Welt gehört auch digitales Geld. Zwar gibt es heute schon digitale Bezahllösungen für viele Einsatzbereiche. Aber diese sind häufig nicht universell einsetzbar – zum Beispiel nur im Onlinehandel, aber nicht in Geschäften vor Ort. Oder es werden nicht alle privaten Bezahlverfahren von jedem Händler unterstützt. Und es stehen oftmals nichteuropäische Anbieter dahinter. Es ist in meinen Augen deshalb nur folgerichtig, dass wir als Zentralbanken über digitales Geld nachdenken – für unseren Alltag und als Ergänzung zu Bargeld. 

Der digitale Euro wäre ein wichtiger Schritt, um unsere Währung zukunftsfest zu machen. Wie auch bei den TARGET-Services würde das Eurosystem die grundlegende Infrastruktur hierfür bereitstellen und einen reibungslosen Betrieb sicherstellen. Das Eurosystem würde den digitalen Euro ausgeben, aber nicht selbst an die Endnutzer verteilen – diese Rolle würden weiterhin die Geschäftsbanken und Finanzdienstleister übernehmen. Der digitale Euro könnte auch privaten Bezahllösungen helfen, innovativer zu werden und zugleich mehr pan-europäische Akzeptanz zu erreichen. Konzipiert als offene Plattform, könnte ein digitaler Euro in der Zukunft weitere Innovationen fördern und neue Geschäftsfelder ermöglichen.

Lieber Herr Metzger,

Sie haben 15 Jahre lang den Euro-Zahlungsverkehr aktiv mitgestaltet, und zwar nicht nur für die Bundesbank. Auch international waren Sie präsent, war doch die Verbesserung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs eine weitere auf Einsicht und Überzeugung gegründete Leidenschaft. 2021 sind Sie dann als Präsident zur Hauptverwaltung Nordrhein-Westfalen gewechselt.

Nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs haben Sie dem Vorstand die gesamtwirtschaftlichen Implikationen auf den deutschen und europäischen Energiemarkt erläutert. Dabei berichteten Sie sehr kompetent und detailreich aus den zahlreichen Gesprächen, die Sie zu diesem gerade für Nordrhein-Westfalen so wichtigen Thema führen konnten.

Nach 35 Jahren sind Sie nun Ende 2023 auf eigenen Wunsch aus dem aktiven Dienst bei der Bundesbank ausgeschieden, um noch eine neue Aufgabe als Head of Markets bei der Anleihen-Transaktionsplattform NowCM zu übernehmen. Für Ihren Start und die anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen ein glückliches Händchen und alles Gute! Und: Sie übergeben Herrn Otto eine gut geführte Hauptverwaltung.

4 Christian Otto

Lieber Herr Otto,

ich freue mich, dass die Bundesbank mit Ihnen einen so würdigen Nachfolger finden konnte. Nach Ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre haben Sie Ihren beruflichen Werdegang in der Bundesbank 1996 als Referendar bei der Hauptverwaltung in Hamburg begonnen. Von 2001 bis 2003 waren Sie stellvertretender Direktor der Filiale Neubrandenburg und kehrten anschließend zurück in die Hauptverwaltung, wo Sie die Leitung eines Referats in der Bankenaufsicht übernahmen.

2006 wechselten Sie dann für acht Jahre auf die gleiche Position bei der Hauptverwaltung in Hessen. Im Anschluss gingen Sie von 2014 bis 2020 in die Zentrale nach Frankfurt, um die Abteilung „Koordinierung der nationalen und internationalen laufenden Aufsicht“ im Zentralbereich Banken und Finanzaufsicht zu leiten. Zuletzt haben Sie in der Hauptverwaltung Hamburg den Regionalbereich „Banken und Finanzaufsicht“ geleitet.

5 Schluss

Lieber Herr Otto,

der kurze Blick auf Ihren Lebenslauf zeigt nicht nur Ihre hohe fachliche Eignung für die neue Position als Präsident der Hauptverwaltung Nordrhein-Westfalen. Er zeigt vor allem auch Ihre Begeisterung für ein anderes zentrales Thema der europäischen Zentralbanken: die Finanz- und Bankenaufsicht.

Auch hier muss die angemessene Balance zwischen dezentraler Ebene und zentralisierter Organisation immer wieder definiert werden, denn Bankgeschäfte enden längst nicht mehr an Ländergrenzen. 

Für alle anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg! Ihnen allen wünsche ich noch einen guten Start ins neue Jahr.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Fußnoten

  1. https://www.ddorf-aktuell.de/2023/03/21/duesseldorf-hat-ein-karnevalsmotto-fuer-2024-wat-et-nit-all-joewt/
  2. https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/unbarer-zahlungsverkehr/target#tar-2