Rede zum Amtswechsel in der Hauptverwaltung in Hessen
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Begrüßung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie alle sehr herzlich und hoffe, dass Sie gut ins neue Jahr gestartet sind.
Für die Bundesbank endete das vergangene mit einer traurigen Nachricht: Im Alter von 100 Jahren verstarb ihr ehemaliger Präsident Helmut Schlesinger.
Helmut Schlesinger zeichnete sich durch Fachkunde, Überzeugungskraft und Standfestigkeit aus: eine beeindruckende fachliche Expertise, die er in vier Jahrzehnten bei der Bundesbank aufgebaut hatte; die Fähigkeit, seine Überzeugungen zu vermitteln und danach zu handeln, auch wenn sie nicht von allen geteilt werden; und Standfestigkeit gegenüber politischem Druck, ermöglicht durch die Unabhängigkeit des Zentralbankers.
Seine Verdienste um die Stabilität der D-Mark und die Stabilitätskultur in Deutschland werden in Erinnerung bleiben. Die Bundesbank wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.[1]
Heute soll allerdings ein unbeschwertes Ereignis im Mittelpunkt stehen: der Wechsel in der Leitung unserer Hauptverwaltung in Hessen von Thomas Ollinger zu Ulf Slopek. In meiner Rede wird es um Kontaktfreude gehen, um Abstiegssorgen und um Machermentalität. Und um 214 Menschen, die vom Himmel springen. Doch dazu später mehr.
2 Thomas Ollinger
Lieber Thomas,
fast fünfeinhalb Jahre warst Du als Präsident unserer Hauptverwaltung das Gesicht der Bundesbank hier in Hessen.
Mit großem Engagement bist Du in Kontakt getreten mit Menschen: mit Abgeordneten des Hessischen Landtags und der Landesregierung in Wiesbaden, mit Fachleuten aus der Wirtschaft und dem Finanzwesen, bei Deinen Vorträgen im gesamten Bundesland und als Moderator von Expertendialogen.
Darüber hinaus hast Du bestehende Kontakte zu mehreren Hochschulen ausgebaut: von der TU Darmstadt im Süden bis zur Uni Kassel im Norden des Landes.
Auch beim jährlichen Hessentag ist die Bundesbank regelmäßig vertreten und lädt dort zu einem großen Empfang. Zu dem hättest du bestimmt gerne begrüßt, wenn er dieses Jahr in Deiner Wahlheimat Bad Vilbel stattfindet.
Die Bundesbank nach außen zu repräsentieren ist freilich nur eine Facette im Stellenprofil eines HV-Präsidenten. Auch nach innen hat Thomas Ollinger auf vielfältige Weise Kontakte gepflegt und Spuren hinterlassen.
Er gehörte von Anfang an zur Leitung unseres Wandel-Programms, das wir 2022 angestoßen haben. Hierbei war es ihm ein wichtiges Anliegen, die Zusammenarbeit und die interne Mobilität zu verbessern.
Dabei geholfen hat ihm sicherlich seine langjährige Erfahrung in der Bundesbank: in den Rechtsabteilungen, wo er 1997 anfing und zehn Jahre tätig war, im Zentralbereich Personal, den er von 2013 bis 2019 leitete, und eben als Hauptverwaltungspräsident.
In dieser Funktion hatte er ein breites Spektrum an Themen. Und hat sie mit seiner positiven, dem Menschen stets zugewandten Art angegangen.
Dazu gehörten auch die speziellen Herausforderungen der Pandemie. Thomas Ollinger hat in jener Zeit den „Laden zusammengehalten“ und dafür gesorgt, dass die Beschäftigten ihre Aufgaben auch unter erschwerten Bedingungen erfüllen konnten.
Wir haben damals alle gelernt, wie wichtig und wertvoll der persönliche Kontakt ist. Der Austausch mit den Beschäftigten war ihm stets ein wichtiges Anliegen. Deshalb hat er auch Maßnahmen angestoßen, um die interne Kommunikation zu verbessern, etwa den Relaunch des Intranet-Newsletters „Hessen intern“.
Besondere Erwähnung verdient auch seine Tätigkeit als Demografiebeauftragter des Vorstands.
Bis 2035 werden mehr als 4.000 der insgesamt 11.000 Bundesbank-Beschäftigten in den Ruhestand gehen. Die frei werdenden Stellen nachzubesetzen, den Erfahrungsschatz der Ausscheidenden zu bewahren und eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Generationen zu fördern: Das sind die großen Herausforderungen, vor denen wir im kommenden Jahrzehnt stehen.
Thomas Ollinger hat als Demografiebeauftragter einiges angestoßen: neue Formate zur Weitergabe von Wissen, den verstärkten Austausch mit anderen Behörden, die ja vor ähnlichen Herausforderungen stehen, und die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie der Universität Lüneburg. Damit haben wir eine objektive Bewertung darüber erhalten, wie gut die Bundesbank auf den Umgang mit einer alternden Belegschaft vorbereitet ist.
Im vergangenen September hat Thomas Ollinger nun die Leitung unseres Zentralbereichs Beschaffungen übernommen. Als promovierter Jurist ist er bestens qualifiziert für diesen Bereich, in dem die strengen Vorgaben des Vergaberechts zu beachten sind.
3 Ulf Slopek
Neuer Präsident der Hauptverwaltung in Hessen ist seit dem 1. September Ulf Slopek. Einige von Ihnen hatten in den vergangenen Monaten bereits die Gelegenheit, ihn kennenzulernen.
Als promovierter Ökonom heuerte er im Jahre 2004 bei der Bundesbank im Zentralbereich Volkswirtschaft an. Dort wurde er schnell zum Experten für die US-Wirtschaft, aber auch die Weltwirtschaft insgesamt.
Er leistete Pionierarbeit bei der Anwendung des globalen makroökonomischen Modells NiGEM, mit dem sich vielfältige Politiksimulationen rechnen lassen. So konnte er während der ersten Trump-Administration die Auswirkungen von Importzöllen auf die USA und andere Volkswirtschaften abschätzen. Ein Thema, das leider wieder sehr aktuell ist.
Mit Deiner früheren Leidenschaft, dem Fallschirmspringen, dürftest Du, lieber Ulf, viele Bundesbanker indes noch mehr beeindruckt haben. Gemeinsam mit 213 weiteren Deutschen gelang es Dir nämlich 2014, einen Weltrekord im Formationsspringen aufzustellen.
Wenn sich 214 Menschen vom Himmel stürzen, geht dies nicht ohne gründliche Vorbereitung: Ein Formationsfallschirmspringer sollte nicht nur mutig sein, sondern auch gewissenhaft, verantwortungsbewusst, stressresistent sowie kommunikations- und teamfähig. Allesamt Eigenschaften, die man auch als Führungskraft in der Bundesbank gut gebrauchen kann.
Nach ersten Führungserfahrungen als stellvertretender Leiter der Abteilung Internationale und europäische Wirtschaft übernahm Ulf Slopek 2018 die Leitung der Stabsstelle Querschnittsaufgaben und Reden. Im Februar 2022 wechselte er dann in den Zentralbereich Kommunikation, wo er ständiger Vertreter von dessen Leiterin Ingrid Herden war. Auch so ein Bereich, wo Kontakte eine wichtige Rolle spielen.
Nicht nur die Kontaktfreude eint Ulf Slopek und Thomas Ollinger. Auch die Leidenschaft für die Frankfurter Eintracht.
4 Zur aktuellen Wachstumsschwäche in Deutschland
Bei der Eintracht läuft es aktuell ja ziemlich gut und sie steht weit oben in der Tabelle. Blicken wir hingegen auf unsere Volkswirtschaft, sorgen sich derzeit viele um einen wirtschaftlichen Abstieg.
Außer Frage steht, dass die deutsche Wirtschaft eine ausgeprägte Wachstumsschwäche erlebt. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist ungefähr so hoch wie 2019, und die Aussichten für dieses Jahr sind ebenfalls bescheiden. Gemäß der Dezember-Prognose der Bundesbank wird die deutsche Wirtschaft inflationsbereinigt in diesem Jahr nur um 0,2 Prozent wachsen.
Für die verhaltenen Aussichten spielen strukturelle Belastungsfaktoren eine wichtige Rolle. Das drückt sich auch in einem niedrigeren Potenzialwachstum aus: Die jährliche Zuwachsrate des Produktionspotenzials schätzen unsere Fachleute derzeit auf gerademal 0,4 Prozent. Zum Vergleich: Zwischen 2011 und 2019 betrug das durchschnittliche Potenzialwachstum nach Bundesbank-Schätzung noch 1,4 Prozent.
Damit Unternehmen investieren und expandieren, müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Und nötig ist Vertrauen in die Zukunft. Gute Wirtschaftspolitik kann dieses Vertrauen mit verlässlichen, planbaren Handlungen fördern und damit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Die kommende Bundesregierung hat es in der Hand, Strukturreformen umzusetzen, die das Potenzialwachstum wieder steigern. Damit die Abstiegssorgen sich wieder verflüchtigen.
Mit Blick auf die Länge der Rednerliste möchte ich das Thema hier und heute aber nicht weiter vertiefen.
5 Schluss
Meine Damen und Herren,
bestimmt haben Sie es mitverfolgt: vom Himmel fallende Personen, Kontaktfreude, Abstiegssorgen – das alles ist bereits angesprochen. Fehlt nur noch die Machermentalität: Die ist nötig, um voranzukommen, um Probleme zu lösen und Herausforderungen anzugehen.
Lieber Thomas, Du hast diese Mentalität gezeigt: Im Namen des gesamten Vorstands danke ich Dir für Deine ausgezeichnete Arbeit als Präsident der Hauptverwaltung in Hessen. Alles Gute für Deine neuen Aufgaben!
Und Du, lieber Ulf, hast diese Machermentalität ebenfalls. Ich wünsche Dir gutes Gelingen und viel Freude bei Deiner Arbeit als Präsident der Hauptverwaltung in Hessen.
Fußnote: