Grußbotschaft Rede beim Symposium 2023 „Sichere Bargeldversorgung – auch in der Krise“
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Begrüßung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem Symposium zur sicheren Bargeldversorgung – auch in der Krise. Schön, dass Sie da sind!
In unserer zunehmend digitalisierten Welt stehen häufig andere Zahlungsmittel als das Bargeld im Zentrum der Aufmerksamkeit: Karte, Smartphone oder Online-Zahlungen. Bargeld wird deshalb von manchen als altmodisch empfunden, etwa so wie Fahrräder mit zunehmender Verbreitung von Autos und Motorrädern als antiquiert galten oder gedruckte Bücher im Zeitalter der E-Books.
Doch tatsächlich erfreut sich das Bargeld hierzulande nach wie vor ziemlich großer Beliebtheit: Gemessen an der Zahl der Transaktionen ist Bargeld weiterhin das meistgenutzte Zahlungsmittel am Point-of-Sale, wie unsere jüngste Zahlungsverhaltensstudie zeigt.
2 Zahlungsverhalten in Deutschland
Ob das auch in Zukunft so bleibt, hängt davon ab, ob und wie sich der Trend der rückläufigen Bargeldnutzung fortsetzt.
Schon vor der Corona-Pandemie war der Anteil der bar getätigten Zahlungsvorgänge zwar langsam, aber stetig zurückgegangen. Während der Pandemie hat sich diese Entwicklung dann beschleunigt. Aktuelle Analysen deuten darauf hin, dass sich der Trend zum bargeldlosen Bezahlen fortsetzen wird, nicht aber in gleicher Geschwindigkeit wie während der Pandemie.
Interessant ist, dass der Bargeldumlauf trotz rückläufiger Bargeldnutzung in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich um 6 Prozent im Jahr zugenommen hat. Denn Bargeld dient nicht nur zum Bezahlen. Es dient auch der Wertaufbewahrung – und das in zunehmendem Maße. Dies belegt das große Vertrauen der Bevölkerung in den Euro an sich und in das Euro-Bargeld im Besonderen.
Aber auch das Vorsichtsmotiv spielt eine Rolle. Und die bundesweiten Störungen an bestimmten Kartenterminals im Mai und Juni 2022 haben gezeigt, dass diese Vorsicht nicht ganz unbegründet ist. Grund für die Störungen war übrigens ein Softwarefehler.
Etwa ein Viertel der von den Störungen Betroffenen musste den Einkauf entweder unterbrechen oder sogar ganz abbrechen, weil sie nicht genügend Bargeld bei sich hatten. Die Mehrheit der Betroffenen konnte ihren Einkauf hingegen ungehindert fortsetzen. Laut unserer Zahlungsverhaltensstudie haben die Menschen im Durchschnitt 100 Euro Bargeld im Portemonnaie; das hat sich auch in diesem Fall ausgezahlt.
Hier hat sich gezeigt, dass das Bargeld einen wichtigen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit des Wirtschaftskreislaufs leistet. Doch nicht nur bei technischen Störungen elektronischer Zahlungsmittel: Auch in Zeiten erhöhter Unsicherheit fragen die Menschen vermehrt Bargeld nach – wie zum Beispiel während der Covid-19-Pandemie.
Welche Rolle das Bargeld gerade in turbulenten Zeiten spielt und wie die Versorgung der Wirtschaft jederzeit sichergestellt werden kann, darum soll es bei dieser Veranstaltung gehen.
Meine Damen und Herren, auch wenn in Zukunft mit einem weiteren Rückgang der Bargeldnutzung zu rechnen ist, sind wir von einer „Cashless Society“ doch weit entfernt. Bargeld ist fest in unserem Alltag verankert.
Meiner Meinung nach ist dies vor allem auf die Alleinstellungsmerkmale des Bargelds zurückzuführen.
3 Eigenschaften von Bargeld
Bargeld vereint Eigenschaften, die es von anderen Zahlungsmitteln unterscheidet. Zunächst einmal ist Bargeld die bisher einzige Möglichkeit für Privatpersonen, Zentralbankgeld zu halten. Alle anderen Arten von Geld werden von privaten Akteuren emittiert.
Darüber hinaus ist Bargeld inklusiv: Es ermöglicht jeder Bürgerin und jedem Bürger die Teilhabe am Geldkreislauf und am Wirtschaftsleben.
Dies ist insbesondere für sozial Schwächere sehr wichtig. Und die Menschen können Bargeld unabhängig davon nutzen, ob sie einen Online-Zugang oder ein Konto haben. Letzteres betrifft insbesondere auch Kinder. Sie können durch Bargeld einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld leichter erlernen.
Aber auch Erwachsene wissen es zu schätzen, dass ihnen Bargeld einen besseren Überblick über ihr Ausgabeverhalten ermöglicht. Dass man Bargeld beim Bezahlen wortwörtlich in die Hand nehmen muss, hilft manchen Menschen sehr.
Andere schätzen vor allem den durch das Bargeld gewährleisteten Schutz der Privatsphäre. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Werbeslogan eines Kreditkartenanbieters: Bezahlen Sie einfach mit Ihrem guten Namen.
Doch vielleicht wollen Sie Ihren Namen lieber für sich behalten und keine digitalen Spuren hinterlassen.
Alles in allem besitzt Bargeld eine einzigartige Kombination von Eigenschaften. Und es entspricht damit in vielerlei Hinsicht den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die Bundesbank und das Eurosystem setzen sich daher dafür ein, dass Euro-Bargeld auch in Zukunft als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel zur Verfügung steht.
4 Wie geht es weiter?
Dabei steht das Bekenntnis zum Bargeld nicht im Widerspruch zu den Erwägungen, einen digitalen Euro einzuführen.
Das Projekt zum digitalen Euro läuft seit Oktober 2021 und befindet sich noch in der Untersuchungsphase. Sollte der EZB-Rat im Herbst beschließen, das Projekt fortzuführen, wird sich eine dreijährige Vorbereitungs- und Implementierungsphase anschließen.
Ein digitaler Euro hätte ähnliche Eigenschaften und Vorzüge wie Bargeld – nur eben in digitaler Form. Er würde die Möglichkeit schaffen, auch in der digitalen Welt mit Zentralbankgeld zu bezahlen. Sei es an der Ladenkasse, im Restaurant oder im Onlinehandel.
Wie auch das Bargeld würde er Europa unabhängiger von internationalen Anbietern im Zahlungsverkehr machen, indem er eine digitale Alternative zu privaten Lösungen bietet.
Dabei soll der digitale Euro das Bargeld keinesfalls ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Solange die Nachfrage nach Bargeld fortbesteht, wird das Eurosystem Bargeld jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung stellen.
Unser Bekenntnis zum Bargeld kommt auch darin zum Ausdruck, dass das Eurosystem derzeit an der Entwicklung einer neuen Serie von Banknoten arbeitet. Diese sollen noch fälschungssicherer sein und auch umweltfreundlicher.
Bei der Frage, wie diese neuen Banknoten aussehen werden, wird übrigens die Bevölkerung mitreden können. Die EZB wird hierzu in Kürze eine Befragung starten – vielleicht wollen auch Sie sich daran beteiligen.
Unsere Aufgabe als Deutsche Bundesbank ist und bleibt es, jederzeit ausreichend Euro-Bargeld in hoher Qualität bereitzustellen. Daran wollen und werden wir uns auch weiterhin messen lassen.
Letztlich entscheiden die Bürgerinnen und Bürger, welches Zahlungsmittel sie nutzen wollen. Aber ich bin sicher: So wie auch heute weiterhin trotz E-Books fleißig gedruckte Bücher gelesen werden, oder wie wir trotz des Automobils weiterhin Fahrrad fahren – mit oder ohne E-Motor, so wird auch Bargeld in Zukunft ein fester Bestandteil unseres Lebens bleiben.