Europa und der Euro Vortrag beim Management Center Innsbruck

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Begrüßung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlichen Dank für Ihre Einladung, der ich ausgesprochen gerne gefolgt bin. Ich werde heute über Europa und den Euro sprechen und dabei eine Art Vogelperspektive einnehmen, ungefähr so, wie es die Skispringer hier in Innsbruck regelmäßig tun, wenn sie zum Beispiel anlässlich der Vierschanzentournee in die Tiefe springen. Diese Vogelperspektive erlaubt uns einen unverstellten Blick auf die Krise in der Währungsunion. Und genau dieser ist notwendig, um die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen.

Für nicht wenige sind die Zusammenhänge der Krise im Euro-Raum allerdings so vielschichtig, dass sie sich in gewisser Weise an das über 500 Jahre alte Goldene Dachl erinnert fühlen:

  • Denn die Bedeutung des Spruchbands auf den Erkerreliefs hinter den Tänzern konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Bei aller Komplexität scheint es mir mit der Euro-Krise jedoch einfacher zu sein als mit diesem Spruchband. Ich denke schon, dass man die zentralen Gründe für das Entstehen der Krise ausmachen und dementsprechend Lehren für die Zukunft des Euro-Raums ziehen kann.

Lassen Sie mich dafür zunächst auf die Anfänge des geeinigten Europas blicken, als der Wunsch nach einem dauerhaften Frieden zwischen den europäischen Völkern das Projekt "Europa" überhaupt erst entstehen ließ. Schon bald kam zu diesem Friedenswunsch aber der Wunsch hinzu, den wirtschaftlichen Wohlstand in Europa dauerhaft zu erhöhen.

Deshalb begann die europäische Einigung mit einer stärkeren wirtschaftlichen Integration und führte zunächst zum europäischen Binnenmarkt. Aber schon früh wuchs die Erkenntnis, dass es auch eine stabile gemeinsame Währung geben müsse, damit die wirtschaftliche Integration volle Wirkung entfalten könne: So entstand die Europäische Währungsunion.

Diese unterscheidet sich aber von anderen Währungsräumen: es gibt eine einheitliche Geldpolitik, aber es gibt viele Fiskalpolitiken, genauso viele, wie es Euro-Länder gibt, aktuell also 19.

Die einheitliche Geldpolitik für den Euro-Raum wird vom Eurosystem betrieben – also dem Verbund aus der Europäischen Zentralbank und den 19 nationalen Notenbanken der Euro-Länder, somit auch der Österreichischen Nationalbank und der Deutschen Bundesbank. Die primäre Aufgabe des Eurosystems ist dabei, Geldwertstabilität im Euro-Raum zu gewährleisten.

Die Finanzpolitik ist hingegen in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten geblieben: Jedes Land entscheidet weitgehend unabhängig über seine Staatsausgaben und -einnahmen, über Überschüsse und Defizite seines Staatshaushalts.

Denn in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren war die Bereitschaft zu einem über die Geldpolitik hinausgehenden Souveränitätsverzicht nur gering - und ich ergänze: Das scheint mir heute nicht anders zu sein.

In einer Währungsunion ist aber die Kombination von zentraler Geldpolitik und dezentraler Finanzpolitik, in der die einzelnen Staaten selbst über ihre nationalen Haushalte und nationalen Steuern beschließen, nicht unproblematisch – das haben wir schmerzlich erfahren. Denn diese Kombination kann mit bestimmten Fehlanreizen einhergehen. Zu diesen Risiken kann vor allem ein gewisser Anreiz zählen, dass die Mitgliedstaaten übermäßige Schulden anhäufen.

Grundsätzlich steigt das Kreditausfallrisiko bei zunehmender Verschuldung. Bei funktionierenden Kapitalmärkten muss ein Land, das sich stärker verschuldet hat, in der Regel auch höhere Zinsen auf seine Staatsschulden zahlen; dies ist die disziplinierende Rolle der Kapitalmärkte.

Die Kapitalmärkte gehen jedoch bei einer Währungsunion tendenziell davon aus, dass die Mitgliedstaaten eine untrennbare Schicksalsgemeinschaft bilden – und sich wechselseitig finanziellen Beistand leisten.

In einem solchen Fall steigen also nicht nur die Zinsen für das einzelne, stark verschuldete Land, sondern tendenziell auch für die anderen Mitgliedsländer. Gleichzeitig nimmt der Zins für das sich zunehmend verschuldende Land nicht so stark zu, wie es mit einer eigenen Währung der Fall wäre.

Das einzelne Mitgliedsland hat somit in einer Währungsunion einen Anreiz, sich stärker zu verschulden. Denn die negativen Folgen des Schuldenmachens in Form steigender Schuldzinsen werden zum Teil von den anderen Mitgliedsstaaten getragen.

  • Das ist ähnlich wie beim Überfischen der Meere; auch hierunter leiden alle Anrainerländer.

Den Gründungsvätern der Währungsunion war dieses Problem sehr wohl bewusst.

  • Denn der Bericht der Delors-Kommission hatte Lehren aus den Erfahrungen mit dem Europäischen Währungssystem gezogen und kam zu dem Schluss, dass "[…] die fehlende Konvergenz der Fiskalpolitiken, die sich in großen und dauerhaften Budgetdefiziten niedergeschlagen haben, eine Quelle von Spannungen geblieben sei, welche für die Geldpolitik eine große Bürde darstellte."

Gerade deswegen hatten die Gründerväter des Euro Vorkehrungen getroffen, die eine übermäßige Verschuldung der Mitgliedstaaten verhindern sollten.

Diese gingen in den im Jahr 1992 geschlossenen Vertrag von Maastricht ein, der bis heute das rechtliche Fundament der Währungsunion darstellt.

So wurden in dem Maastrichter Vertrag konkrete Verschuldungsgrenzen eingeführt:

  • Das öffentliche Defizit eines Landes in einem Jahr sollte nicht mehr als maximal 3 % seiner Wirtschaftsleistung ausmachen.
  • Zusätzlich sollten die gesamten Staatsschulden eines Landes nicht höher als 60 % seiner jährlichen Wirtschaftsleistung sein.

Hinzu kam der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der grundsätzlich sogar ausgeglichene Staatshaushalte oder leichte Überschüsse fordert. Außerdem wurde in den Maastrichter Vertrag die Nichthaftungsklausel eingefügt, um die finanzpolitische Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten zu betonen, die "No Bail-out"-Klausel, die man frei am besten übersetzt mit "kein Herauspauken".

  • Nach dieser Klausel dürfen weder die Europäische Union noch die einzelnen Mitgliedstaaten für die Schulden eines anderen Mitgliedslandes haften.

Dieser Nichthaftungsklausel kam in der Aufbauphase der Währungsunion eine geradezu konstitutive Bedeutung zu; für manche Mitgliedstaaten war sie Voraussetzung dafür, überhaupt an der Währungsunion teilzunehmen.

Und neben den Verschuldungsgrenzen und dem Haftungsausschluss war ein dritter Aspekt im Maastricht-Vertrag zentral: den Notenbanken des Eurosystems wurde es verboten, den Mitgliedstaaten direkt Kredit zu geben, sie also monetär zu finanzieren.

Das Fundament der Währungsunion besteht also aus drei wichtigen Bauteilen:

  • aus der finanzpolitischen Eigenverantwortung,
  • aus der Verpflichtung zu soliden Staatsfinanzen und
  • aus einer primär auf die Preisstabilität ausgerichteten, von politischen Weisungen unabhängigen Geldpolitik.

Die Währungsunion wurde damit als Stabilitätsunion konzipiert – und was die geldpolitische Ausrichtung und die Unabhängigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken betrifft, stand dabei sicher auch die Bundesbank Pate.

Mit der klaren stabilitätspolitischen Ausrichtung der Währungsunion wurde der Geldpolitik der Rücken freigehalten, um primär für Preisstabilität sorgen zu können. Wird eines dieser drei Bauteile untergraben, so kann es für die Geldpolitik schwierig werden, ihrem Mandat gerecht zu werden und Preisstabilität zu gewährleisten.

2 Krise der Europäischen Währungsunion

Allerdings, und damit komme ich nun zur Krise, haben die genannten Sicherungssysteme nicht wirklich gut funktioniert. Die fiskalpolitischen Regeln wurden nicht konsequent durchgesetzt und die No-bail-out-Klausel von den Finanzmärkten offenbar nicht recht geglaubt. Zumindest kam es nach Einführung des Euro trotz sehr unterschiedlicher Schuldenstände und Schuldenzuwächse zu einer sehr weitgehenden Angleichung der Zinsen für Staatsanleihen.

Im Ergebnis stieg die Verschuldung einiger Mitgliedsländer weiter stark an. Mit den sich abzeichnenden fiskalischen Belastungen aus der Finanzkrise sank jedoch das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen einzelner Länder – und diese Vertrauenskrise führte zur Staatsschuldenkrise. Die Kapitalströme in die betroffenen Länder versiegten, die Schulden konnten damit nicht mehr am Kapitalmarkt finanziert werden – oder nur noch zu sehr hohen Kosten. Letztlich mussten die übrigen Mitgliedstaaten finanziell zur Seite springen, erst über bilaterale Kredite wie im Falle Griechenlands, später über europäische Rettungsfonds wie den EFSF und den ESM. Und auch Maßnahmen der Notenbanken haben eine Zuspitzung der Krise verhindert.

Der durch den Maastricht-Vertrag errichtete Ordnungsrahmen der Währungsunion hatte also hinsichtlich der öffentlichen Finanzen der Mitgliedsländer erhebliche Schwachstellen und offenkundig nicht die erhoffte, stabilisierende und schuldenbegrenzende Wirkung.

Die Krise hat aber auch gezeigt, dass es einige Länder versäumt hatten, für solide und dauerhaft wachstumsfördernde Wirtschaftsstrukturen zu sorgen. Stattdessen hatten sich nationale wirtschaftliche Fehlentwicklungen in verschiedenen Ländern zu erheblichen Ungleichgewichten ausgeweitet. Im Ergebnis sank die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer über die Jahre hinweg kontinuierlich.

In der Vergangenheit hatten die Staaten häufig mit einer Abwertung ihrer Währung reagiert. Dies ging in der Währungsunion nun nicht mehr. So entstanden hohe Leistungsbilanzdefizite. Die private und öffentliche Verschuldung stieg teilweise deutlich an. Kurzum, die Länder lebten jahrelang "über ihre Verhältnisse" – und die internationalen Finanzmärkte finanzierten dies lange Zeit über zu günstige Zinsen. So erlebten die späteren Krisenländer in den ersten Jahren der Währungsunion einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung – dank der im Vergleich zu der Zeit vor der Währungsunion für sie niedrigen Zinsen.

Doch wie wir heute alle wissen, war der Boom in diesen Ländern auf Pump finanziert, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. Er fand durch den Ausbruch der Staatsschuldenkrise ein abruptes Ende.

Dass von übermäßiger Verschuldung gravierende Risiken ausgehen, das wusste man übrigens schon im alten Preußen. Als sich Friedrich I. 1701 zum König in Preußen krönen ließ, wurde eine Generalamnestie verkündet. Ausgenommen waren lediglich Gotteslästerer, Mörder, Hochverräter und – Schuldenmacher.

Die Krise hat auch gezeigt, wie schnell ein überschuldetes Bankensystem die Zahlungsfähigkeit ganzer Staaten gefährden kann – und zwar auch solcher Staaten, die vor der Krise eine relativ niedrige Staatsverschuldung hatten.

Die Lage an den Finanzmärkten der Euro-Länder hat sich seit dem Höhepunkt der Krise erheblich entspannt. So sanken die Zinsen für die Staatschulden der problemgeplagten Länder – quasi die Fieberkurven der Krise – sehr stark. Zum Teil wurden diese Zinsen sogar so niedrig wie niemals zuvor. Deutschland und Österreich werden fürs Schuldenmachen mittlerweile bezahlt.

Anfang Oktober war eine über 50 Jahre laufende Anleihe des italienischen Staates, also der am höchsten verschuldete Ökonomie des Euro-Raums, mit einer angesichts der langen Laufzeit überschaubaren Rendite von 2,85 % fast sechsfach überzeichnet.

In Krisenländer ist also ein gutes Stück Vertrauen zurückgekehrt – vor allem, weil diese Länder erkennbare Fortschritte gemacht haben, um die Krisenursachen zu überwinden. So konnten die öffentlichen Haushaltsdefizite und die Lohnstückkosten teils erheblich gesenkt werden. Daneben wurden Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitsmärkte ergriffen. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Länder hat sich insgesamt spürbar verbessert.

Die zwar rückläufige, aber nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit in vielen früheren Krisenländern und die noch immer sehr hohe private und öffentliche Verschuldung in einigen Euro-Ländern sprechen aber dagegen, die Krise endgültig als beendet anzusehen.

Außerdem haben zum guten Teil eher kurzfristige Krisenmaßnahmen die Finanzmärkte beruhigt – zum Beispiel die finanziellen Rettungsschirme, die die Regierungen beschlossen hatten, und auch verschiedene Sondermaßnahmen des Eurosystems.

Diese Maßnahmen waren – bildlich gesprochen – starke Schmerzmittel. Mit ihnen wurde Zeit gekauft, so dass die notwendigen Anpassungen in den Krisenländern über die Zeit gestreckt und damit erträglicher gemacht werden konnten. Sie bekämpfen aber bestenfalls die Symptome, nicht aber die Ursachen der Krise.

Um die tiefer liegenden strukturellen Ursachen dauerhaft zu überwinden, sind weiterhin erhebliche Anstrengungen und ein langer Atem nötig – ähnlich wie bei einem Marathon. Denn letztlich haben wir es ja nicht nur mit einer Krise zu tun, sondern mit einem Zusammenspiel verschiedener Krisen: einer Staatsschuldenkrise, einer Wirtschaftskrise, einer Bankenkrise und einer Vertrauenskrise. 

3 Brexit

Bevor ich auf diese Anstrengungen eingehe, auf die verschiedenen Maßnahmen, mit denen der Euro-Raum dauerhaft wetterfest gemacht werden kann, möchte ich einen kurzen Blick auf die jüngste Erschütterung werfen, die Europa getroffen hat: Das Brexit-Votum der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs. Es verstärkt Fragen bezüglich des Zusammenhalts der europäischen Länder und es hat Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb Europas.

Der hohe Grad der Verunsicherung zeigte sich unmittelbar mit den erheblichen Ausschlägen an den Finanzmärkten als erste Reaktion auf den Volksentscheid. Allerdings steckten die Finanzmärkte und die Realwirtschaft den ersten Schock besser weg als erwartet.

Innerhalb des Vereinigten Königreichs hat dazu wohl die Abwertung des Britischen Pfundes beigetragen. Vor dem Brexit-Referendum am 23. Juni war ein Euro circa 0,75 britische Pfund wert. Heute erhält man in etwa 0,9 britische Pfund für einen Euro. Somit hat das Pfund 15 Prozent seines Wertes verloren.

Zudem hat die Bank von England eine Lockerung der Geldpolitik angekündigt und die neue Regierung plant, auf das Brexit-Votum mit einer Lockerung der Fiskalpolitik zu reagieren.

Auch der Euro-Raum hat die Entscheidung der Briten bislang gut verkraftet. Die Stimmung unter den Einkaufsmanagern im Euro-Raum war im August auf einem Sieben-Monats-Hoch, von dem es im September nur wenig einbüßte. Der Stimmungsindikator der EU-Kommission – der übrigens nicht die Stimmung unter den Brüsseler Beamten, sondern in der Realwirtschaft misst – legte im September merklich zu, und zwar auf den höchsten Stand seit Januar 2016.

Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen des Brexit-Votums waren bisher also eher gering. Was die längerfristigen Auswirkungen betrifft, so hängen sie allerdings maßgeblich vom Ergebnis der Trennungsverhandlungen ab. Die Ankündigung der britischen Regierungschefin Theresa May, dass dieser Brexit ein klarer Schnitt sein solle und dass der Austrittsantrag spätestens im März 2017 gestellt werden soll, hat das britische Pfund allerdings weiter gedrückt.

Darin kommt die Befürchtung der Marktteilnehmer zum Ausdruck, es könne zu einem sogenannten "harten" Brexit kommen, bei dem Großbritannien den Zugang zum gemeinsamen europäischen Markt aufgibt, um keine Zugeständnisse im Hinblick auf die Freizügigkeit des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs machen zu müssen.

Ob sich diese Befürchtungen bewahrheiten, werden erst die Verhandlungen zeigen. Eines werden die Verhandlungspartner dann aber hoffentlich vor Augen haben: Je weiter der freie Austausch von Waren, Kapital und Dienstleistungen eingeschränkt wird, desto mehr leidet die Produktivität – auf beiden Seiten.

Umso wichtiger ist es deshalb, alle Maßnahmen zu ergreifen, die den Euro-Raum ökonomisch stärken. Dies sind zum einen Maßnahmen, die in jedem Mitgliedsland umgesetzt werden müssen, zum anderen aber auch Maßnahmen, die den Euro-Raum als Ganzen betreffen.

4 Maßnahmen zur Stärkung des Euro-Raums

Als eine entscheidende Vorbedingung für eine nachhaltige Gesundung des Euro-Raums müssen die von der Krise besonders betroffenen Länder die nötigen Strukturreformen weiter entschlossen umsetzen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Und mit einem Blick auf unsere beiden Länder ist zu ergänzen: dieses Pflichtprogramm gilt auch für Deutschland und für Österreich.

In Deutschland ist der Reformbedarf vor allem den besonderen Belastungen geschuldet, die eine alternde Gesellschaft mit sich bringt – die Problematik des demographischen Wandels. Zuletzt hat die Politik in Deutschland mit gesetzgeberischen Maßnahmen zusätzliche Belastungen für die Rentenkasse beschlossen. Und auch aktuell richtet sich ein Gutteil der politischen Diskussion auf mehr Leistungen für die Rentner, die zu einem Beitragssatzanstieg insbesondere für die jüngere Generation führen würden und damit die demografischen Probleme verschärfen würden.

In diesem Zusammenhang hat die Bundesbank zum Beispiel im August einen Diskussionsbeitrag zum Thema "nachhaltiges Rentensystem" veröffentlicht, denn seine Zukunftsfähigkeit trägt zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bei, die wiederum eine Voraussetzung für stabile Wachstumsperspektiven sind.

Daneben sind auch bedeutende Anstrengungen notwendig, um die Flüchtlinge, die dauerhaft bleiben dürfen, in die Gesellschaft und ins Arbeitsleben zu integrieren. Das erfordert Mehrausgaben im Bildungsbereich und möglicherweise auch im Wohnungsbau.

Mich würde es wundern, wenn es nicht auch in Österreich noch Möglichkeiten gibt, mit Strukturreformen zusätzliche Wachstumskräfte freizusetzen. Ergänzend zu Strukturreformen ist in Europa auch immer wieder der Ruf nach höheren öffentlichen Investitionsausgaben zu vernehmen. Nun ist der Spielraum für eine noch expansivere Fiskalpolitik in vielen Euro-Ländern sehr begrenzt.

Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht einen Bedarf an höheren Investitionsausgaben gibt. Es hat gerade in Deutschland eine grundlegende Einigung über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen gegeben. Hierbei ist auch eine neue Infrastruktureinrichtung des Bundes für die Bundesautobahnen vorgesehen. Hier besteht Handlungsbedarf. Jeder, der zum Beispiel regelmäßig über Deutschlands Autobahnen fährt, weiß wovon ich spreche.

Um Steuermittel jedoch sorgfältig zu verwenden und den höchsten gesellschaftlichen Mehrwert zu erzielen, sollte mehr öffentliches Geld nur nach einer gründlichen Kosten-Nutzen-Abwägung und mit Blick auf das konkrete Infrastrukturprojekt eingesetzt werden. Nicht jedes Investitionsobjekt ist sein Geld wert. Das gilt für öffentliche ebenso wie für private Investitionen.

Höhere öffentliche Investitionsausgaben müssen außerdem nicht zu höheren Schulden führen. Sie sollten durch Ausgabenkürzungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden. Schließlich wird der demographische Wandel auch den öffentlichen Finanzen viel abverlangen.

Und eines darf bei dem Ruf nach mehr Investitionen nicht vergessen werden: Das Rückgrat des gesamtwirtschaftlichen Kapitalstocks bilden nicht die öffentlichen Investitionen, sondern die privaten. Die Nachfrage nach solchen Investitionen kann in einer Marktwirtschaft aber nicht einfach per Dekret festgelegt werden.

Umgekehrt wird vielmehr ein Schuh draus: gestiegene Wachstums- und damit Einkommenserwartungen erhöhen die Bereitschaft der Unternehmen zu investieren. Und genau dies bringt uns wieder zu den in jedem Land spezifischen Strukturreformen zurück, die entscheidend dazu beitragen würden, in den Euro-Ländern Wachstumsperspektiven zu verbessern.

Maßnahmen auf der Ebene der einzelnen Euro-Staaten sind also von zentraler Bedeutung; sie allein reichen allerdings nicht aus. Es muss auch der Ordnungsrahmen der Währungsunion gefestigt und in sich stimmig ausgestaltet werden.

5 Haftung und Kontrolle

Zentral ist hierbei, die Eigenverantwortung wieder konsequent zu leben. Derjenige, der die Kontrolle über die finanzpolitischen Entscheidungen hat, der sie also fällt, muss auch für die eintretenden Konsequenzen einstehen, er muss für sie haften. Kontrolle und Haftung gehören als Begriffspaar zusammen, sie sind zwei Seiten derselben Medaille.

"Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen",

so brachte es der Ordoliberale Walter Eucken vor rund 60 Jahren schlicht und präzise auf den Punkt. Dieses Haftungsprinzip ist ein Eckstein für eine Marktwirtschaft und muss auch in unserer Währungsunion gelten. Es bildet die Grundlage für verantwortungsvolles Handeln, das am Ende nicht auf Kosten anderer geht.

Blickt man auf die zurückliegenden sechs Jahre zurück, lässt sich feststellen, dass durch die Krisenmaßnahmen die gemeinschaftliche Haftung aller Mitgliedstaaten für finanz- und wirtschaftspolitische Fehlentwicklungen in einzelnen Mitgliedsländern erheblich ausgeweitet wurde. Die Kontrollmöglichkeiten auf Gemeinschaftsebene wurden hingegen nicht in gleichem Maße verstärkt.

Während wichtige politische Entscheidungen also weiterhin auf der Ebene der Nationalstaaten gefällt werden, wird für die Auswirkungen dieser Entscheidungen verstärkt auf europäischer Ebene gehaftet: Handeln und Haften sind nicht im Gleichgewicht.

Dies ist jedoch kein Ausweg aus der Krise, sondern es ist ein Irrweg. Entscheidender Wegweiser für einen verlässlichen Ausweg ist vielmehr, Handeln und Haften wieder in die Balance zu bringen.

Im gemeinsamen europäischen Haus muss es – bildhaft gesprochen – entweder einen strengen Familienvorstand geben, der über das gemeinsame Familieneinkommen wacht und zugleich für Ordnung sorgt, oder man behält die getrennte Haushaltsführung konsequent bei.

Das Modell eines "strengen Familienvorstands" wäre durch eine vertiefte finanzpolitische Integration zu erreichen, also durch "mehr Europa" im Rahmen einer Fiskalunion.

Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Mitgliedstaaten nationale Souveränität auf die Gemeinschaftsebene übertragen, indem sie z. B. die Gemeinschaft mit den nötigen Durchgriffsrechten bei unsoliden Staatsfinanzen ausstatten. Allerdings scheint es eher unrealistisch, eine solche Fiskalunion in mittlerer Zukunft verwirklichen zu können.

Wir brauchen das Brexit-Votum nicht pars pro toto zu nehmen. Es bestätigt aber die Einschätzung, dass "mehr Europa" im Moment nicht auf viel Gegenliebe stößt.

Weder in den Bevölkerungen der Mitgliedstaaten noch bei deren Parlamenten und Regierungen ist die Bereitschaft zu erkennen, Souveränitätsrechte in Budgetfragen auf die europäische Ebene zu heben und somit zu teilen.

Solange eine Fiskalunion aber nicht mehrheitsfähig ist, kann die stabilitätspolitisch richtige Antwort auf die europäische Krise nur lauten, den Maastricht-Rahmen weiterzuentwickeln und zu härten, um Eigenverantwortung und finanzpolitische Solidität sicherzustellen.

Mit anderen Worten: Es muss wieder eine stärker getrennte Haushaltsführung geben. Die Haushaltsregeln müssen strikt eingehalten werden, sie müssen von allen Familienmitgliedern akzeptiert werden, und die Europäische Kommission muss die Einhaltung der Regeln auch einfordern.

Denn auf einem Berg ausufernder privater und öffentlicher Schulden kann man weder eine stabile Währungsunion noch nachhaltiges Wirtschaftswachstum gründen. Die schuldenbegrenzenden Fiskalregeln müssen also wieder mehr Bindungskraft erhalten – sie wurden in der Vergangenheit zu oft gedehnt und missachtet. Das ist auch die Stoßrichtung des 2012 beschlossenen Fiskalpakts. Dieser enthält veränderte Fiskalregeln und eine strengere Überwachung der Länder.

Aber es genügt natürlich nicht, wenn finanzpolitische Regeln bloß auf dem Papier stehen. Die überarbeiteten Regeln müssen von allen Beteiligten auch tatsächlich angewandt und gelebt werden.

Hierfür zu sorgen, das ist die Aufgabe der Europäischen Kommission. Allerdings geht diese doch recht lax mit diesen Regeln um. Frankreich zum Beispiel verletzt die 3 %-Grenze für ein Haushaltsdefizit seit 2008 Jahr für Jahr – und hat von der Kommission im vergangenen Jahr zum dritten Mal Aufschub bekommen, das übermäßige Defizit abzubauen – jetzt bis zum Jahr 2017.

Mit Blick auf die Kommission hat Bundesfinanzminister Schäuble wiederholt angemahnt, wie wichtig es sei, "dass die Kommission die richtige Balance zwischen ihrer politischen Funktion sowie der Rolle als Hüterin der Verträge wahrt". Denn aufgrund dieser Doppelrolle neigt die Kommission dazu, Kompromisse zulasten der Haushaltsdisziplin einzugehen. Mehr Konsequenz bei der Auslegung der Regeln könnte erreicht werden, wenn anstelle der Kommission eine unabhängige Fiskalbehörde für die Haushaltsüberwachung zuständig wäre.

Und um das Prinzip der Eigenverantwortung zu stärken, muss es im Extremfall möglich sein, dass auch Staaten zahlungsunfähig werden, ohne dass das gesamte Finanzsystem zusammenbricht. Dazu braucht es vor allem eine Entkoppelung von Banken und Staaten, zum Beispiel indem Banken in Zukunft nicht mehr so viele Staatspapiere halten.

Deshalb werden derzeit auf internationaler Ebene Gespräche geführt, ob die regulatorische Vorzugsbehandlung für Staatsanleihen nicht beendet werden sollte. Banken sollten für Kredite an Staaten, ähnlich wie für Kredite an Private, zukünftig nicht nur Eigenkapital vorhalten, sondern auch eine Obergrenze einhalten müssen. 

Außerdem braucht es ein geregeltes Verfahren für den Fall einer staatlichen Zahlungsunfähigkeit. Dafür haben wir im Juli-Monatsbericht einen konkreten Vorschlag unterbreitet.

Sein Ziel ist es, die Eigenverantwortung der Investoren zu stärken, die Schlagkraft des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu erhöhen und ihn zum Mittler im Falle einer notwendigen Umschuldung zu machen.

6 Bankenunion

Zu den Fortschritten am Ordnungsrahmen der Währungsunion gehört auch die Europäische Bankenunion.

Auch mit ihr soll das Prinzip der Eigenverantwortung gestärkt und außerdem die starke wechselseitige Abhängigkeit von Staaten und Banken durchbrochen werden. Denn in der Krise mussten Banken vom Steuerzahler gerettet werden, um größeren Schaden für den Rest der Volkswirtschaft abzuwenden.

In Ländern wie Irland, Zypern und Spanien waren die erforderlichen Rettungssummen jedoch so hoch, dass der Staat als Schuldner ebenfalls ins Wanken geriet. Dies brachte seinerseits wieder Banken in Schwierigkeiten, die solche Staatsanleihen hielten.

So erinnerten wankende Banken und strauchelnde Staaten an zwei Ertrinkende, die sich aneinanderklammern und somit gegenseitig in die Tiefe ziehen. Um dies in der Zukunft zu verhindern, wurde die Bankenunion geschaffen.

Sie umfasst als erste Säule die europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank und als zweite Säule einen einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus.

Auch große Banken sollen damit nun im Fall der Fälle aus dem Markt ausscheiden können – ohne dass Gefahren für die Finanzstabilität entstehen. Denn im Restrukturierungs- und Abwicklungsfall tragen nun vorrangig die Eigentümer und Gläubiger der Banken ihre Verluste.

Erst danach wird ein von Banken gespeister Abwicklungsfonds einspringen. Und erst in letzter Instanz, quasi als ultima ratio, werden die Steuerzahler im jeweiligen Land oder gar in anderen Mitgliedsländern zur Kasse gebeten. Die Bankenunion ist insofern ein wichtiger Beitrag zur Finanzstabilität, denn sie stärkt das Prinzip der Eigenverantwortung in der Währungsunion.

Genauso wichtig wie die Bankenunion ist allerdings die Tatsache, dass die Banken mit der Verabschiedung von Basel III nun mehr und besseres Eigenkapital vorhalten müssen. Dass macht die Banken widerstandsfähiger und führt letztlich auch dazu, dass in erster Linie die Eigentümer für Verluste einstehen müssen. Also alles gut mit Europas Banken?

Sie alle kennen die Antwort und wissen, dass hier noch viel zu tun ist. Dabei denke ich nicht nur an das weitgehend noch ungelöste Problem der hohen Bestände an uneinbringlichen Forderungen, die gerade in den Bankbilanzen der früheren Krisenstaaten enthalten sind. Ich denke auch an die Gefahren, die von einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld für die Profitabilität der Institute ausgehen.

Diese Risiken drohen im Übrigen gerade auch Deutschland und Österreich. Denn beide Länder befinden sich in einer durchaus ähnlichen Situation, sie besitzen beide ein sehr fragmentiertes Bankensystem mit sehr vielen "weniger bedeutsamen Instituten", die tendenziell zinslastige Geschäftsmodelle verfolgen.

Die Institute in beiden Ländern haben ihre Widerstandsfähigkeit seit der Finanzkrise erhöht, sind in Sachen Eigenkapitalausstattung aber nach wie vor weit entfernt von der europäischen Spitze.

Dies gilt auch für ihre Kostenstrukturen und ihre Ertragskraft. Bei der Eigenkapitalrentabilität können österreichische Banken immerhin noch den im internationalen Vergleich auch nur mageren Euro-Raum-Durchschnitt erreichen. Die Eigenkapitalrentabilität der deutschen Institute ist hingegen äußerst niedrig.

Immerhin befinden sich die Institute schon seit einiger Zeit auf einem Konsolidierungskurs. Im Ergebnis gibt es heute weniger Institute, weniger Filialen und weniger Mitarbeiter: In Deutschland hat sich die Anzahl der Institute zwischen 1997 und 2015 halbiert, in Österreich ging sie um etwa 30 % zurück.

Zurücklehnen dürfen sich die Institute aber trotzdem nicht. Denn das derzeit solide konjunkturelle Umfeld darf den Blick nicht auf weiteren Handlungsbedarf verstellen. Die Banken sollten sich besser früher als später so aufstellen, dass ihre Geschäftsstrategien nachhaltig ordentliche Erträge erwirtschaften.

7 Geldpolitik

Der Hinweis auf das Niedrigzinsumfeld bietet eine gute Überleitung zu meinem letzten Thema, der Geldpolitik. Welche Rolle kommt der Zentralbankpolitik in Europa zu?

Dass in Krisenphasen auch die Zentralbanken gefordert sind, ist unbestritten. Daher hat das Eurosystem in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Maßnahmen dazu beigetragen, die Krise nicht weiter eskalieren zu lassen. Hierzu gehört, dass die Leitzinsen massiv gesenkt wurden und dass der Bankensektor erheblich mit Liquidität versorgt wurde.

Diese Maßnahmen waren wichtig und richtig, jedoch darf eines hierbei nicht vergessen werden: Über ein Allheilmittel zur Krisenlösung verfügen die Zentralbanken nicht. Geldpolitik darf nicht mit Ansprüchen konfrontiert werden, denen sie nicht genügen kann.

Erwartungen einer politisch "schmerzfreien" Krisenlösung durch Maßnahmen der Zentralbanken sind gefährlich. Die Geldpolitik kann zwar den Konjunkturverlauf glätten, dauerhaftes Wachstum in den Euro-Ländern kann sie aber nicht erzeugen. Hier sind die Regierungen in ihrer ureigenen Verantwortung gefordert, mit einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen.

Auch darf nicht übersehen werden, dass von den von mir bereits angesprochenen "Schmerzmitteln der Notenbanken" Risiken und Nebenwirkungen ausgehen. Dies gilt insbesondere dann, falls diese Mittel als Dauermedikation verabreicht würden.

So geht die aktuelle, ultra-lockere Geldpolitik mit historisch niedrigen Leitzinsen und sehr niedrigen Sparzinsen einher. Mir ist dabei bewusst, dass die niedrigen Zinsen von vielen zunehmend als Ärgernis gesehen werden, in Deutschland aber vielleicht auch bei Ihnen in Österreich.

Dabei wird allerdings häufig übersehen, dass die Niedrigzinsen nicht nur zu Einbußen bei den Bürgern führen.

  • Als Gewerbetreibender oder Bauherr, der einen günstigen Kredit bekommt,…
  • als Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz durch eine Krisenverschärfung gefährdet wäre,…
  • oder als Aktionär, der an einem Unternehmen beteiligt ist, ...

... profitieren die Bürger gleichzeitig von dem Zinsumfeld, das sie als Sparer belastet.

Eines ist allerdings auch richtig: Gerade die Staatsanleihekäufe des Eurosystems führen dazu, dass die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik immer weiter verwischen.

Die Notenbanken werden zu den größten Gläubigern der Euro-Staaten. Das birgt die Gefahr, dass die Geldpolitik möglicherweise ins Schlepptau der Fiskalpolitik und unter Druck gerät, hohe Schulden durch niedrige Zinsen tragfähig zu machen. Im Rahmen seiner geldpolitischen Ankaufprogramme hat das Eurosystem immerhin bereits Staatsanleihen im Wert von fast 1,2 Billionen Euro in die eigenen Bücher genommen. Dieses entspricht circa 11 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Euro-Raums.

Denn eine geldpolitische Normalisierung würden die Finanzminister ganz unmittelbar spüren – so, wie sie in den letzten Jahren von den sehr niedrigen Zinsen profitiert haben – und zwar unabhängig von der Solidität ihrer öffentlichen Haushalte.

Die niedrigen Zinsen schaffen keinen Anreiz zu konsolidieren, so viel steht fest. Und tatsächlich ist die Fiskalpolitik im Euro-Raum in den vergangenen Jahren wieder erkennbar lockerer geworden. Die eingesparten Zinsen werden nicht zur dringend benötigten Schuldentilgung eingesetzt, sondern zum Gutteil ausgegeben. Das gilt im Übrigen auch für Deutschland.

Am Ende kann eine lang anhaltende Phase niedriger Zinsen und großvolumiger Staatsanleihekäufe dazu führen, dass die Unabhängigkeit der Notenbank infrage gestellt wird. Hierauf wird auch in Österreich hingewiesen. Gerade diese Unabhängigkeit ist aber eine wichtige Grundlage für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik.

8 Prinzip der Eigenverantwortung stärken

Lassen Sie mich zusammenfassen. Die Krise im Euro-Raum hat das Fundament der Währungsunion stark erschüttert. Viele der Krisenmaßnahmen haben das Prinzip der Eigenverantwortung, das Haftungsprinzip, ausgehöhlt. Nur wenn dieses Fundament wieder hergestellt wird, wird die europäische Währungsunion nachhaltig eine Stabilitätsunion sein.

Dies kann nur die Politik erreichen. Auf dem Weg zu einem dauerhaften Ordnungsrahmen darf sie die Geldpolitik nicht mit Ansprüchen überfordern, denen diese nicht gerecht werden kann. Wettbewerbsfähige Wirtschaftsstrukturen und solide Staatsfinanzen sind hier vielmehr entscheidend – und hier ist eindeutig die Politik gefordert. So will ich schließen mit einem Zitat von Mark Twain, der mit Bezug auf seine Ausgabendisziplin einmal sagte:

"Von jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme – und wenn ich mir dafür Geld leihen muss!"

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bin gespannt auf unsere Diskussion.