Die Deutsche Bundesbank im Wandel 9. Gewerkschaftstag der VdB Bundesbankgewerkschaft „Den Wandel aktiv gestalten“
Es gilt das gesprochene Wort.
1 Begrüßung
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, heute hier bei Ihnen zu sein.
Mit Fulda haben Sie einen Tagungsort ausgesucht, der aus allen Ecken der Republik normalerweise sehr gut zu erreichen ist. Ich hoffe, das war bei Ihnen so – selbst in Zeiten, in denen das Bahnreisen immer mal wieder für Überraschungen gut ist. Umso besser, dass Sie alle gekommen sind. Denn: Austausch ist wichtig! Auch innerhalb unserer Bundesbank!
Austausch ist wichtig im Arbeitszusammenhang, also wenn wir in der Bank unsere Aufgaben und damit letztlich unseren gesetzlichen Auftrag erfüllen. Wichtig ist aber auch der Austausch zwischen Beschäftigtenvertreterinnen und -vertretern und der Leitung der Bundesbank.
In meinem Terminkalender stehen regelmäßig entsprechende Gespräche: mit dem Hauptpersonalrat, dem Gesamtpersonalrat und dem Personalrat der Zentrale, mit den in den Personalräten vertretenen Gruppierungen, dem VdB, verdi und der Liste Zukunft. Beispielsweise hatte ich mit dem Vorstand des VdB bereits zwei Gespräche, eines unmittelbar nach meinem Amtsantritt und ein zweites im Februar dieses Jahres.
Gespräche führe ich auch mit der Gleichstellungsbeauftragten, der Vertrauensperson der Schwerbehinderten in der Zentrale, der Hauptschwerbehindertenvertretung und der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Und dann gibt es zwei Mal im Jahr die Personalversammlung der Zentrale, bei denen auch einige der genannten Vertreterinnen und Vertreter anwesend sind. Die letzte fand vor gut drei Wochen statt.
Für mich sind diese Termine sehr wichtig. Sie zeigen mir, wo in der Bank ein Schuh drückt oder zu drücken beginnt. Oder ob wir als Bundesbank beschwerdefrei und gut ausgestattet unterwegs sind auf unserem gemeinsamen Weg. Schließlich ist es Aufgabe und Verantwortung des Vorstands, geeignete Rahmenbedingungen für ein gutes Unterwegssein zu schaffen. Allerdings kann der Vorstand diese Aufgabe nur bewältigen, wenn hieran viele mitwirken, insbesondere die von mir genannten Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten.
Dabei haben wir als öffentlicher Dienst eine besondere Verantwortung. Denn wir tragen zum Funktionieren unseres Gemeinwesens, des Staates, bei. Das spielte ja bei nicht wenigen Beschäftigten eine Rolle, als sie bei der Bundesbank anheuerten: Viele von uns wollen zu einem guten Gemeinwesen beitragen – wissend, dass dies den gesellschaftlichen Zusammenhalt festigt.[1]
Ein gut funktionierender öffentlicher Dienst fördert das Vertrauen in die Gesellschaft. Und er trägt dazu bei, Populismus und Extremismus den Nährboden zu entziehen. Dass Populismus verfangen kann, das haben wir vor nur einem Monat bei der Europawahl gesehen. Wie steht es also hierzulande mit dem Vertrauen in den öffentlichen Dienst?
Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass sich der öffentliche Dienst in Krisensituationen insgesamt als leistungsfähig erwiesen hat. Denken Sie an die Finanzkrise oder an den Beginn der Coronakrise. Im ersten Coronajahr, im Jahr 2020, gab es hierzulande ein Hoch beim Vertrauen in den öffentlichen Dienst: Mehr als 56 Prozent äußerten damals bei der Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbundes Vertrauen in die Fähigkeit des Staates, seine Aufgaben zu erfüllen und Probleme lösen zu können.[2]
Aber seitdem nimmt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger ab. Nun schon vier Jahre lang. Inzwischen ist der Anteil der Befragten, die die Handlungsfähigkeit des Staates so positiv einschätzen, auf 25 Prozent gesunken.[3] 70 Prozent hingegen sehen den Staat zurzeit als überfordert an. [4]
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind beunruhigende Werte. Ich sehe das aber auch als Ansporn. Als Ansporn, dass wir als Bundesbank unseren Stabilitätsauftrag vorbildlich erfüllen. Denn damit stärken wir auch unsere Demokratie. Ein Grund mehr, dass wir uns ordentlich ins Zeug legen, als Institution leistungsstark und zukunftsfähig zu sein. Genau diesem Zweck dient das Programm Wandel, das wir im Vorstand gemeinsam mit der Leitungsebene und mit großer Überzeugung auf die Schiene gesetzt haben.
2 Wandel und agiles Arbeiten
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Veränderungen gelingen immer dann gut, wenn die Menschen, um die es geht, auch von diesem Wandel überzeugt sind. Lassen Sie mich also mit der „Warum-Frage“ beginnen. Vorneweg: Die Bundesbank hat in der Vergangenheit vieles richtig und gut gemacht. Aber jetzt geht es darum, Fahrt aufzunehmen, um künftige Veränderungen stemmen zu können.
Was genau habe ich hier im Kopf? Zum einen schreitet die Digitalisierung kräftig voran, im Finanzsystem genauso wie im Alltag. Auch wir als Bank wollen die sich bietenden Chancen nutzen. Und zum anderen zeigen sich die negativen Effekte der demografischen Entwicklung zunehmend deutlich. Die Bundesbank muss sich dieser Themen annehmen, wenn sie weiterhin zukunftsfähig aufgestellt sein will.
Sich zukunftsfähig aufzustellen, das ist auch eine Notwendigkeit, damit die Bundesbank für ihre Beschäftigten ein attraktiver Arbeitgeber bleibt. Und dies ist angesichts der demografischen Entwicklung dringend erforderlich: Allein in den kommenden zehn Jahren, also bis 2034, werden – Stand heute – mehr als 3.500 Kolleginnen und Kollegen altersbedingt die Bank verlassen.
Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt zunehmend angespannt. Vermutlich ist auch Ihnen schon aufgefallen, wie viele Arbeitgeber ganz unterschiedlicher Branchen neue Mitarbeitende suchen. Als Bundesbank haben wir von unseren Beschäftigten zwar immer sehr gute Noten als Arbeitgeber bekommen. Aber auch für uns wird es eine Herausforderung sein, ausreichend neue Beschäftigte zu gewinnen.
Wie stelle ich mir also die Bundesbank der Zukunft vor? Ich sehe eine digitale Institution, technologisch fit, anpassungsfähig und mit modernen Arbeitsbedingungen. Eine Institution mit einem Minimum an Bürokratie, guten persönlichen Miteinander, klaren Verantwortlichkeiten und analytischer Exzellenz. So aufgestellt, wollen wir künftig noch schneller auf komplexe, sich wandelnde Anforderungen reagieren können. Und so unserer Rolle als wichtige und prägende Partnerin im Eurosystem und in der europäischen Bankenaufsicht bestmöglich gerecht werden.
Wo stehen wir aktuell mit dem Programm Wandel? Im April vergangenen Jahres begannen rund 200 Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen von 20 Maßnahmen neue Ansätze zu erarbeiten für die Strategie und Steuerung, Aufbauorganisation und Führungskultur, Prozessoptimierung und Agilisierung der Bank. Diese Maßnahmen sind mittlerweile weitestgehend abgeschlossen.
Und damit geht der Wandel in eine neue Phase: vom Erarbeiten neuer Ideen hin zum Umsetzen im Arbeitsalltag. Der eigentliche Transformationsprozess beginnt also erst jetzt so richtig, und zwar in den Fachbereichen. Es werden nun auch Kolleginnen und Kollegen direkt mit dem Wandel in Berührung kommen, die ihn bis jetzt nur vom Hörensagen kennen. Und ich bin mir sicher, dass die eine oder andere zuvor skeptische Stimme bald zur Verfechterin des Wandels wird, wenn sie erstmal die Vorteile im Arbeitsalltag erleben kann. Die anstehende Umsetzungsphase wird zeitlich einen größeren Umfang haben und voraussichtlich bis 2027 andauern. Uns ist es nämlich wichtig, alle auf dem Weg mitzunehmen.
Ein wesentlicher Eckpfeiler des Wandels ist das Prinzip „agile first“. Was genau heißt das? Die Bundesbank strebt an, eine agile Organisation zu werden. Dies beinhaltet flexible Strukturen, eine andere Art der Führung, selbstorganisierte Teams mit Entscheidungsbefugnissen und neue Formen der Zusammenarbeit.
Um konkret zu werden: Wir wollen zum Beispiel zu Politikfragen frühzeitig eine zentralbereichsübergreifende Position erarbeiten. Fachleute aus verschiedenen Bereichen werden künftig als agile Expertenteams den gemeinsamen Nenner finden für eine Bundesbank-Sichtweise. Und wenn die Position der Bundesbank frühzeitig festgezurrt ist, können wir diese mit einer Stimme im Eurosystem verbreiten. So verschaffen wir uns noch besser Gehör.
Mir ist klar, dass sich nicht jede Tätigkeit so gut für agiles Arbeiten eignet. Aber es geht uns insbesondere um einen ganzheitlichen Ansatz, der auf agilen Werten und Prinzipien beruht, auf einem „agilen Mindset“. Das agile Mindset umfasst zum Beispiel Werte wie das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in die Fähigkeiten der Kolleginnen und Kollegen. Oder die Offenheit gegenüber Veränderungen und Neuem. Und das agile Mindset bedeutet auch, agilen Prinzipien zu folgen, etwa Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und sie bei Bedarf anzupassen, oder ein weitgehend selbstorganisiertes Arbeiten. Und hiervon können wir alle profitieren, unabhängig davon, in welchem Bereich wir tätig sind.
Dabei bietet der Wandel allen auch große Chancen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich: sich weiterzuentwickeln. Dabei unterstützen wir Sie. Denn wir brauchen Sie! Wir werden einige Fähigkeiten und Kompetenzen in der Bundesbank stärken müssen, um das Zielbild einer agilen und effizient arbeitenden Institution zu erreichen.
Lassen Sie mich drei wichtige nennen. Erstens, die digitalen Kompetenzen. Nur wenn wir bei all unseren Tätigkeiten die zunehmenden digitalen Möglichkeiten nutzen, werden wir unsere anspruchsvoller werdenden Aufgaben optimal erfüllen. Das betrifft z. B. die Analyse großer Datenmengen, das Nutzen künstlicher Intelligenz – und auch unseren Einsatz für die IT-Sicherheit.
Zweitens, um mehr bereichsübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen, benötigen wir breite Kompetenzen. Wir sollten unsere digitalen Fähigkeiten so trainieren, dass wir sie in mehreren Bereichen der Bank anwenden können. Bereichsübergreifende Teams und gemeinsame Projekte helfen dabei. Die Maßnahmen des Programms Wandel sind da gute Beispiele.
Drittens, wir können noch besser werden bei der Entscheidungsfindung. Dazu gehört einerseits Entscheidungsfreude und die Bereitschaft, Verantwortung wahrzunehmen. Es gehört aber auch dazu, zu prüfen: Wo ist die größte Expertise zum Thema? Kann die Entscheidung auch direkt dort getroffen werden?
Ich finde, diese Perspektiven klingen ausgesprochen attraktiv – und ich hoffe, Sie sehen das ähnlich.
3 Arbeitsbedingungen des Neuen Normal
Mehr Verantwortung wahrnehmen – das praktizieren wir in der Bundesbank ja bereits an anderer Stelle, nämlich dabei, wie wir unser Arbeiten gestalten – in der Dienststelle oder von zu Hause aus; das gilt zumindest für sehr viele Bundesbankerinnen und Bundesbanker.
Seit einem Jahr gilt in der Bundesbank das „Neue Normal“. Es hat viel verändert gegenüber den Regelungen vor der Pandemie. Am Wichtigsten ist wohl für viele Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, bis zu 60 Prozent der individuellen Arbeitszeit mobil arbeiten zu können. Wir haben hier also bereits einen enormen Kulturwandel vollzogen. Einen Kulturwandel, den ich begrüße.
Mehr Flexibilität dabei, wie wir arbeiten, bringt den einzelnen Beschäftigten Vorteile, und auch der Bank. Mobiles Arbeiten bedeutet geringere Wegezeiten und flexiblere Arbeitszeiten. Vor allem für Beschäftigte mit Betreuungsaufgaben dürfte das sehr wertvoll sein. Gleichzeitig erwarten wir von den Beschäftigten, dass sie den Arbeitsplatz auch danach wählen, was angesichts ihrer aktuellen Aufgabe geeignet ist. Bei konzentriertem individuellen Arbeiten dürfte für viele das Homeoffice zu besseren Arbeitsergebnisse führen. Kreatives, kollaboratives Arbeiten in einer Gruppe funktioniert hingegen in Präsenz meist deutlich besser als über Kacheln am Bildschirm.
Mir ist aber auch klar, dass nicht alle Arbeiten von zu Hause aus möglich sind: in der Geldbearbeitung, bei der Sicherheit, bei den Gebäudeservices stellt sich die Frage nicht, von wo aus man arbeitet. Ich kann gut verstehen, wenn manche Kolleginnen und Kollegen es bedauern, dass ihr Job oder ihre persönlichen Umstände kein Homeoffice zulassen. Andere Aufgaben lassen sich hingegen besonders gut im Homeoffice erledigen: Programmieren und Software-Support dürften dazu zählen.
In jedem Fall ist es Leitungs- und Führungsaufgabe, die Regeln des Neuen Normal gut zu leben – angesichts der Arbeitsanforderungen und auch angesichts der Bedürfnisse der Beschäftigten. Und eines sollten alle bei der Debatte über das Wie des Arbeitens nicht vergessen: Die Bundesbank gewährt ihren Beschäftigten sehr viel Flexibilität, was das örtliche und zeitliche Gestalten des Arbeitens betrifft. Dies gilt zweifelsfrei im Vergleich mit den übrigen Bundesbehörden und auch mit dem Finanzplatz Frankfurt.
Und unsere Beschäftigten nutzen die großzügige Homeoffice-Regelung ausgiebig. Das bedeutet auch, dass viele Büroarbeitsplätze zeitweise nicht genutzt werden. Menschenarme Flure sind in der Bundesbank mittlerweile auch zu den Hauptarbeitszeiten keine Seltenheit.
Warum spreche ich das an? Als öffentliche Institution sind wir dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Dies gilt natürlich grundsätzlich, aber insbesondere in einer Zeit, in der der Druck auf die öffentlichen Haushalte besonders groß ist. Wir können uns einen hohen Leerstand an Büroflächen schlicht nicht leisten. Und er wäre auch nicht nachhaltig. Auch um dem deutlich ausgeweiteten mobilen Arbeiten in diesem Sinne „Rechnung zu tragen“, führt die Bundesbank schrittweise die flexible Nutzung von Arbeitsplätzen ein.
Mir ist bewusst, dass der Umstieg auf das flexible Nutzen von Arbeitsplätzen zu Beginn vielleicht für die eine oder andere Reibung sorgen könnte. Denn auch hierfür ist ein Kulturwandel notwendig. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Wir werden allen Kolleginnen und Kollegen auch zukünftig einen attraktiven Arbeitsplatz zur Verfügung stellen und damit einen wichtigen Grund geben, gerne ins Büro zu kommen. Denn ich halte es für ausgesprochen wichtig, dass wir uns in der Bank von Angesicht zu Angesicht begegnen. Bei zu viel Homeoffice, bei zu wenig Zusammenkommen sehe ich durchaus Risiken.
Gute Arbeitsbeziehungen wollen geschaffen, gehegt und gepflegt sein – und das geht im persönlichen Miteinander ungleich besser als am Bildschirm. Neue Kolleginnen und Kollegen lernen wir im persönlichen Kontakt vor Ort schneller kennen und werden dann besser mit ihnen zusammenarbeiten. In persönlichen Begegnungen merkt man auch viel leichter, ob jemand überlastet ist oder Probleme hat, und kann bei Bedarf schneller Lösungen suchen und finden.
Umso wichtiger ist es mir, das Arbeitsumfeld in der Bundesbank möglichst attraktiv zu gestalten. Damit wir eben möglichst oft persönlich zusammenkommen. Wir werden daran arbeiten. Dafür stehe ich ein.
4 Schluss
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Veränderungen prägen unser Leben. Manche fallen uns leichter, manche müssen wir uns aneignen. Und mit manchen Veränderungen sind nicht alle einverstanden. So etwa, wenn wir angesichts der rückläufigen Bargeldnutzung in Deutschland unser Filialnetz modernisieren und konsolidieren. Oder wenn ein besonderes Angebot der Bank wie das kostenlose Personalkonto aus Sicht des Vorstands angesichts hoher und perspektivisch steigender Kosten mittelfristig nicht mehr fortgeführt werden kann.
Die Welt um uns herum ändert sich. Und wir in der Bundesbank, wir müssen die anstehenden Veränderungen, wir müssen den Wandel gestalten – aktiv und agil. Und jede Veränderung bietet eben auch Chancen. So wird es uns meiner Ansicht nach bald auch mit dem agilen Arbeiten gehen. Denn es macht beweglich, eröffnet den Blick auf Neues und bereichert.
Mit dieser positiven Aussicht in die Zukunft möchte ich schließen: Ich freue mich darauf, die Bundesbank – im Dialog mit Ihnen – weiter voranzubringen.