Danksagung für die Verleihung des Internationalen Preises der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

sehr geehrte Kuratoriumsmitglieder,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen, sehr verehrter, lieber Herr Issing, ganz herzlich für die überaus freundliche Laudatio und ich danke den Mitgliedern des Kuratoriums der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung dafür, dass Sie mir Ihren Internationalen Preis verliehen haben.

Der Preis ehrt mich, aber er ehrt vor allem die stabilitätspolitische Tradition der Deutschen Bundesbank, der ich mich in besonderer Weise verpflichtet fühle. Er zollt der gemeinsamen Arbeit aller Beschäftigten in der Bundesbank in aller Öffentlichkeit Respekt und Anerkennung. Das freut mich, und es bestärkt mich darin, mich weiterhin für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik einzusetzen.

Lassen Sie mich aus Hayeks reichem Werk drei Aspekte herausgreifen, die mir als Notenbanker besonders wichtig erscheinen.

Beginnen möchte ich mit der unauflöslichen Verknüpfung von Freiheit und Verantwortung. Freiheit als Möglichkeit zur Wahl bedeutet auch, die Folgen dieser Wahl gegebenenfalls – wie Hayek sagt –"erleiden und Lob und Tadel für sie ertragen" zu müssen.

Dieses für eine Marktwirtschaft elementare Haftungsprinzip wurde in den vergangenen sieben Krisenjahren ausgehöhlt. Und dabei denke ich nicht nur an die Rettung von Banken mit Steuerzahlergeld, sondern auch an die Übernahme von Haftung für öffentliche Schulden durch die Staatengemeinschaft.

Damit Banken in Zukunft nicht mehr mit Steuergeldern gerettet werden müssen, haben wir entscheidende Schritte getan. Denken Sie an die Einführung der gemeinsamen Bankenaufsicht im letzten Jahr, und daran, dass ab 2016 der gemeinsame Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus in Kraft tritt.

Beim Ordnungsrahmen der Währungsunion besteht aber noch Handlungsbedarf. Soll die europäische Währungsunion dauerhaft eine Stabilitätsunion sein, so muss dem Hayek‘schen Haftungsprinzip wieder mehr Geltung verschafft werden. In letzter Konsequenz müsste nicht nur für Banken, sondern auch für Staaten ein geordnetes Insolvenzverfahren eingeführt werden. So würden für Politik und Investoren die richtigen Anreize gesetzt, damit diese verantwortliche Entscheidungen treffen.

Meine Damen und Herren, als zweiten auch heute noch aktuellen Aspekt aus Hayeks Werk möchte ich seinen Hinweis auf die herausragende Rolle von Preisstabilität für das "Entdeckungsverfahren Wettbewerb" nennen. Wenn die Signalfunktion der Preise und damit auch die Relationen der vielen Preise zueinander durch Inflation verzerrt sind, dann können die Marktteilnehmer nicht mehr verlässlich abschätzen, wie knapp einzelne Güter sind und ob es sich zum Beispiel lohnt, das Angebot am Markt zu erhöhen. Letzten Endes wird die Wirtschaft dann ihre produktiven Kräfte an der falschen Stelle einsetzen und damit Ressourcen verschwenden.

Um Inflation zu verhindern, hatte Hayek eine zutiefst marktwirtschaftliche Empfehlung: Das staatliche Geldmonopol solle abgeschafft werden und die Bürger sollten frei über die Wahl ihres Zahlungsmittels entscheiden können. Für Hayek war der Staat - und damit auch die Notenbank - Ursache jeder Inflation.

Vermutlich überrascht es Sie nicht, dass ich als Notenbankvertreter mich dieser Forderung nicht anschließe.

Sie, lieber Herr Issing, haben beim gleichen Anlass wie heute vor zwölf Jahren gesagt, "[f]ür mich … wäre dies [gemeint ist der Währungswettbewerb, Anm. des Redners] ein konkreter Fall eines absehbar so hohen Risikos für die Gesellschaft, dass dieser radikale Vorschlag nach meiner Auffassung nur zu erwägen wäre, wenn das Währungswesen vollständig zerrüttet und eine befriedigende alternative Lösung nicht denkbar wäre." Und Sie haben zugleich darauf hingewiesen, dass diese alternative Lösung aber aus Ihrer Sicht durchaus vorhanden ist, nämlich "[m]it einer Verfassung, die der Notenbank bei ihren Entscheidungen Unabhängigkeit verleiht und sie zugleich eindeutig auf das Ziel der Preisstabilität verpflichtet".[1] 

Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen.

Es ist die Sorge um stabiles Geld, die auch Hayek umtrieb, wegen der ich mich so beharrlich für die Notenbankunabhängigkeit einsetze. Dazu gehört aber auch, stets auf eine enge Auslegung unseres Notenbankmandats zu dringen und zu warnen, wenn die Geldpolitik Gefahr läuft, Aufgaben der Fiskalpolitik zu übernehmen. Und dazu gehört auch, vor ausufernder Staatsverschuldung zu warnen. Denn diese kann den Druck auf die Notenbanken erhöhen, die Last dieser Verschuldung durch eine lockere Geldpolitik erträglicher zu machen.

Bevor Hayek für die "Entnationalisierung des Geldes", also für einen Währungswettbewerb, eintrat, sah auch er in unabhängigen Notenbanken den besten Weg, Preisstabilität zu gewährleisten. Darauf haben Sie, lieber Herr Issing, ebenfalls hingewiesen.[2] Insoweit befinden wir uns wenigstens mit dem frühen Hayek in Übereinstimmung.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Fußnoten:

  1. Issing, Otmar (2003), Rede aus Anlass der Verleihung des internationalen Preises der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung, Berlin, 12. Oktober 2003.

  2. f2Issing, Otmar (1999), Hayek - Currency Competition and European Monetary Union, Eighth Annual IEA Hayek Memorial Lecture hosted by the Institute of Economic Affairs, London, 27. Mai 1999.