China und Deutschland: Neue Impulse für Finanzen und Wirtschaft in einem veränderten globalen Umfeld Keynote Speech bei der Konferenz des Sino-German Center of Finance and Economics (SGC)

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Begrüßung

Sehr geehrter Herr Generalkonsul Wang,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. von Rosen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist mir eine besondere Freude, heute auf dieser Konferenz vor Ihnen über die chinesisch-deutsche Beziehung sprechen zu dürfen, insbesondere in diesen dynamischen Zeiten.

Vielen Dank für die freundliche Einladung.

2 Neue Impulse für die wirtschaftliche Zusammenarbeit

China kann von einer weitgehenden Gleichbehandlung chinesischer und europäischer Unternehmen profitieren. Gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit sind wichtige Standortfaktoren für Unternehmen und haben eine hohe Bedeutung für deren Entscheidung über ein längerfristiges Engagement.

Dies gilt vor allem für bestimmte Teilbereiche, wie etwa den Zugang zu öffentlichen Aufträgen, die Öffnung bestimmter Sektoren des Dienstleistungsbereichs sowie die Rahmenbedingungen für Investitionen. Umgekehrt wirken anhaltende Unsicherheiten in Bezug auf Kapitalverkehrskontrollen oder Einschränkungen bei der Repatriierung von Geldern abträglich.

Von daher ist es gerade jetzt wichtig, das chinesisch-deutsche Investitionsklima zu erörtern. Die engen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen zwischen China und Deutschland bilden hierfür eine gute Basis. Die enge Verbundenheit zeigt sich eindrucksvoll in den Handelszahlen.

Mit einem Handelsvolumen von fast 163 Mrd Euro (im Jahr 2015) war Deutschland für China mit Abstand der wichtigste Handelspartner in der EU, dies entsprach etwa 30% des chinesischen Handels mit der EU.

Und China war 2016 – nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes – erstmals der wichtigste Handelspartner Deutschlands mit einem Außenhandelsumsatz im Wert von rund 170 Mrd Euro, noch vor Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika.

Betrachtet man die Handelsdaten etwas genauer, dann werden vor allem deutsche Kraftfahrzeuge und Maschinen nach China exportiert. Insbesondere die deutschen Autobauer haben sich eine gute Marktposition in China aufgebaut, so dass sie mitunter als Gradmesser für die chinesisch-deutsche Beziehung herangezogen werden. Aus China werden neben Bekleidung vor allem sogenannte Datenverarbeitungsgeräte und elektrische Erzeugnisse importiert. Aber es deuten sich auch neue Potenziale an, denn mit dem Aufbau einer "ökologischen Zivilisation", dem Leitbild der aktuellen chinesischen Führung, können sich Anknüpfungspunkte für neue Partnerschaften in Bereichen des Klima- und Umweltschutzes eröffnen. Deutschland ist hier mit seiner Energiewende ein gutes Anschauungsobjekt für eine Transformation im Energiesektor mit ihren Chancen und Risiken.

3 China und der Renminbi am Finanzplatz Frankfurt

Dem globalen Warentausch steht volkswirtschaftlich immer ein Kapitalstrom gegenüber. Sprich: für die verkauften Waren fließt Geld ins Land des Exporteurs.

Vor diesem Hintergrund ist es gut verständlich, dass mit der steigenden Bedeutung im Welthandel auch das Interesse der chinesischen Regierung, die heimische Währung zu globalisieren, gestiegen ist.

Erfreulich ist, dass der Finanzplatz Frankfurt Teil der Internationalisierung des Renminbi ist.

Frankfurt ist bekanntermaßen der größte Finanzplatz in Deutschland. Mit dem Sitz von zwei Zentralbanken ist Frankfurt einzigartig und wichtiges Finanzdrehkreuz des Euro-Raums. Frankfurt trägt zudem gerne den Zusatz "City of the Euro". Darüber hinaus kann der Finanzplatz mit einer stabilen und widerstandsfähigen Finanzindustrie, guter IT-Infrastruktur und einer leistungsfähigen Banken- und Finanzaufsicht punkten. Viele Auslandsbanken, darunter auch chinesische Banken, sind daher bereits in Frankfurt vertreten.

Durch das Brexit-Votum stehen Banken und andere Finanzakteure aus Nicht-EU-Ländern unter Druck, Kerngeschäfte auf den Kontinent zu verlagern. Die Geschäftsbereiche werden aber sicherlich nicht in vollem Umfang aus der Londoner City verlagert. Wir als Bundesbank stehen jedenfalls bereit, um einschlägige Fragestellungen bezüglich der Banken- und Finanzregulierung, dem Zahlungsverkehr und der Marktoperationen in einem offenen Dialog zu erörtern. Die Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt wird sicherlich zunehmen, dies ist auch ein gutes Zeichen für den hiesigen Renminbi-Cluster.

Im Kontext der Etablierung des Renminbi als Handelswährung kommt die Verbundenheit zum Standort Frankfurt nicht von ungefähr, denn der Finanzplatz Frankfurt hat stets eine enge Bindung zur Realwirtschaft behalten. In Frankfurt wurde im Sommer 2014 der erste Renminbi-Clearing-Hub außerhalb Asiens eröffnet. Damit können Zahlungen in Renminbi ohne Umwege über andere Finanzplätze mit China abgewickelt werden.

Auch bei der Verwendung des Renminbi als Investitionswährung hat Frankfurt eine Vorreiterrolle inne. Im Rahmen eines Joint Ventures der Deutschen Börse, der Shanghai Stock Exchange und der China Financial Futures Exchange nahm im November 2015 die China Europe International Exchange (CEINEX) als erster regulierter Renminbi-Markt außerhalb Chinas ihre Geschäfte auf. Die Handelsplattform ermöglicht internationalen Anlegern den Zugang zu Finanzprodukten, die auf chinesische Basiswerte beruhen und in Renminbi denominiert sind. Sowohl institutionelle als auch private Anleger können damit von Frankfurt aus in bestimmte chinesische Wertpapiere investieren.

Die Aufnahme des Renminbi in den Währungskorb des Internationalen Währungsfonds in 2016 war ein weiterer Meilenstein auf den Weg zur Reservewährung. Dies unterstützt längerfristig die strukturelle Nachfrage nach der chinesischen Währung. Für eine breite Verwendung des Renminbi als Reservewährung ist das Vertrauen internationaler und inländischer Investoren entscheidend. Neben effektiver Finanzaufsicht und stabilitätsorientierter Wirtschafts- und Währungspolitik tragen weitere Schritte zu marktorientierter Liberalisierung bei. Aus chinesischer Sicht ist beim Einsatz von Kapitalverkehrsbeschränkungen sicherlich zwischen dem möglichen Schaden für die internationale Reputation einer Währung und der Eindämmung potentiell destabilisierender, spekulativer Kapitalströme abzuwägen, die keinen realwirtschaftlichen Hintergrund haben.

Mit Blick auf den Offshore-Renminbi-Hub in Frankfurt haben wir als Bundesbank mitgeholfen, bei der Zahlungsverkehrs- und Abwicklungsinfrastruktur gute Voraussetzungen für Zahlungen in Renminbi zu schaffen. Der Ball liegt im Feld der Marktteilnehmer, das Angebot zu nutzen.

Angesichts der protektionistisch angelegten Tonlage stellt sich die etwas provokative Frage, ob die Dominanz des US-Dollars – gerade bei den chinesisch-deutschen Handelsbeziehungen – bei der Nutzung im traditionellen Handelsgeschäft auf Dauer gewünscht ist. Hier könnten der Renminbi oder der Euro perspektivisch eine größere Rolle einnehmen.

Grundsätzlich gibt es gute Gründe, die für den Einsatz des Renminbi als Handelswährung zwischen China und Deutschland sprechen. Deutsche Unternehmen können durch die Umstellung der Rechnungswährung auf Renminbi Vorteile erzielen. Beispielsweise erhalten importierende Unternehmen neue Preisgestaltungsmöglichkeiten im Einkauf bei chinesischen Lieferanten, umgekehrt können Exporteure den Kreis ihrer Geschäftspartner in China verbreitern.

Allerdings gibt es – auch aus Sicht der deutschen Unternehmen – Faktoren, die die Nachfrage nach Renminbi in Deutschland begrenzen. Es wird sich also zunächst zeigen müssen, wie China in einem Umfeld eines globalen politischen und ökonomischen Wandels sowie dem gleichzeitigen Bestreben nach der Öffnung des eigenen Marktes voranschreiten wird. Hinzu kommt, dass im Zeitraum von 2014 bis 2016 zahlreiche Renminbi-Hubs in Europa, Asien, Afrika sowie Nord- und Südamerika gegründet wurden und die Offshore-Liquidität dadurch deutlich fragmentiert ist. Mit dem chinesischen Zahlungssystem CIPS (China International Payment System) gibt es zudem seit Ende 2015 eine Alternative für das Handling von Zahlungen in Renminbi. Viel wird auch davon abhängen, wie sich der Renminbi insgesamt entwickelt.

4 Schluss

Meine Damen und Herren,

es gilt die neuen Impulse als Chance zu ergreifen und die chinesisch-deutsche Partnerschaft weiter auszubauen. Gerade heute sind faire Wettbewerbschancen, Rechtssicherheit und partnerschaftliches Verhalten von entscheidender Bedeutung. Abschottung ist jedenfalls keine Lösung. Stattdessen wollen wir den eingeschlagenen Weg der Zusammenarbeit fortsetzen. Ich freue mich, dass die Konferenz hierfür eine Wegmarke setzt und Perspektiven der chinesisch-deutschen Investitionen und Finanzbeziehungen aufzeigen wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.