Ansprache bei der Grundsteinlegung für die Neue Filiale in Dortmund
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Sierau,
sehr geehrter Herr Minister Lersch-Mense,
sehr geehrter Herr Architekt Busch,
liebe Frau Präsidentin Müller,
liebe Vorstandskollegen,
sehr geehrte Beschäftigtenvertreter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Sie werden es nicht glauben, aber es ist wahr: In Dortmund wird bald wieder in großem Stil Kohle gefördert! Na ja, sagen wir eher: befördert. Und die "Kohle" ist auch nicht schwarz und staubig, sondern farbig bedruckt und sauber gebündelt.
Doch zunächst einmal: Herzlich willkommen!
Ich begrüße Sie alle auf dem Gelände der neuen Bundesbankfiliale in Dortmund. Wir sind heute zusammengekommen, um feierlich den Grundstein zu legen für das neue Dienstgebäude, das hier errichtet wird. Und ich bin sehr froh, dass dieses Projekt "Neue Filiale" so weit vorangeschritten ist. Es begleitet mich ja bereits seit Beginn meiner Amtszeit.
Es ist das derzeit größte Bauprojekt der Bundesbank und wenn die Neue Filiale fertig ist, wird sie die größte und modernste Filiale im gesamten Bundesgebiet sein.
Die Bundesbankfilialen spielen für die Bargeldversorgung der Wirtschaft nach wie vor eine wichtige Rolle. Gleichwohl ist das Filialnetz der Bundesbank über die letzten zwei Jahrzehnte hinweg im Zuge von Strukturreformen deutlich grobmaschiger geworden. Anfang der 1990er Jahre waren es mal mehr als 200 Zweiganstalten, im Jahr 2002 - also vor der großen Strukturreform - noch 118, aktuell sind es noch 35 Filialen.
Nach der Eröffnung der Neuen Filiale werden die bisherigen Filialen Bochum, Düsseldorf, Essen und Hagen sowie die heutige Dortmunder Filiale am Hiltropwall schrittweise in der Neuen Filiale vereint. Es wird dann noch 31 Filialen geben und dabei soll es nach dem Willen des Vorstands auch bleiben. Dieses Filialnetz ist erforderlich, um unserer Rolle im Kerngeschäftsfeld Bargeld dauerhaft gerecht zu werden.
Die Neue Filiale wird knapp 12 Millionen Menschen mit Bargeld versorgen. Diese eine Zahl veranschaulicht bereits, was für eine logistische Herausforderung hier zu bewältigen ist. An jedem Tag werden hier in Zukunft mehrere Millionen Banknoten auf Echtheit und Umlauffähigkeit geprüft, sortiert und verpackt und schließlich wieder ausgezahlt.
Dabei ist die Neue Filiale kein Prototyp für weitere Filialen dieser Art. Denkbar ist es jedoch, dass einzelne Komponenten und Neuerungen auf andere Filialen übertragen werden, zum Beispiel Weiterentwicklungen im Bargeld-Management-System.
Zu den wesentlichen Neuerungen der Neuen Filiale zählt:
der hohe Automatisierungsgrad: Der Tresor wird als vollautomatisiertes Hochregallager gebaut und auch sonst werden Gelder innerhalb der Filiale weitestgehend automatisch transportiert.
Durch die Automatisierung verringert sich die körperliche Belastung der Beschäftigten - Stichwort Ergonomie. Dazu muss man wissen, dass ein Papiergeldcontainer bis zu 170 kg schwer ist.
Auch die Werttransportdienstleister profitieren von der besonders schnellen und sicheren Geschäftsabwicklung, da die Gelder "just in time" an die Kassenschleusen geliefert werden können.
Dem Grundsatz "form follows function" folgend wird das Gebäude den logistischen Erfordernissen entsprechend gebaut, während anderswo die Logistik sich an bestehende Gebäudestrukturen anpassen muss.
Und wenngleich die Neue Filiale natürlich vor allen Dingen ein Zweckbau sein wird, ist es dem Architektenteam um Herrn Bernhard Busch doch gelungen, ein ästhetisch ansprechendes Gebäude zu planen. Im Moment ist davon noch wenig zu sehen, aber die aushängenden Simulationen und das Modell zeigen anschaulich, wie es hier einmal aussehen wird.
Architektur ist freilich nicht mein Spezialgebiet - da äußere ich mich lieber zur institutionellen "Architektur" der europäischen Währungsunion. Und auch da braucht es derzeit gute Architekten. Vor allem braucht die Währungsunion, wenn sie als Stabilitätsunion dauerhaft Bestand haben soll, ein solides Fundament, also eine angemessene Balance aus Handeln und Haften.
Was dort bildlich gemeint ist, ist hier an Ort und Stelle ganz wörtlich zu nehmen: Die Neue Filiale braucht ein solides Fundament. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten war das hier eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, die mit einer aufwändigen "Pfahlgründung" gelöst wurde.
Ein weiterer Begriff, den ich im Zusammenhang mit der Währungsunion hin und wieder verwende, ist Nachhaltigkeit: Die hohen Wachstumsraten vor der Krise waren nicht nachhaltig, nachhaltige öffentliche Finanzen sind Voraussetzung für stabilitätsorientierte Geldpolitik, wir brauchen eine nachhaltige Krisenlösung usw.
Hier am Bau steht Nachhaltigkeit ebenfalls im Fokus: Mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, einer Geothermie-Anlage zur Wärme- und Kälteversorgung und einer parkähnlichen Gestaltung des Areals leisten wir einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.
Den können auch die zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten: Mit der Stadtbahnhaltestelle in unmittelbarer Nachbarschaft und direkter Verbindung zum Dortmunder Hauptbahnhof haben sowohl die Beschäftigten als auch die Kleinkunden eine attraktive Alternative zur Anfahrt mit dem Auto.
Für unsere Großkunden ist die Anbindung an den ÖPNV eher nachrangig: Werttransportdienstleister reisen lieber im eigenen Fahrzeug an. Aber auch dafür ist dieser Standort ideal gelegen, mit seiner Anbindung an den Ruhrschnellweg.
Kurzum: Wir sind sehr froh, diesen Standort gefunden zu haben, und ich möchte an dieser Stelle der Stadt Dortmund und Herrn Oberbürgermeister Sierau für ihr Engagement herzlich danken. Sie haben die städtebauliche Chance in diesem Projekt erkannt und es planungsrechtlich unterstützt. Das wissen wir sehr zu schätzen.
Nun liegt es vor allem in den Händen der Bauausführung, dafür zu sorgen, dass die Neue Filiale wie geplant im Laufe des Jahres 2019 eröffnet werden kann.
Die rund 200 Beschäftigten, die hier arbeiten sollen, werden sich im Wesentlichen aus den Belegschaften der fünf Schließungsfilialen rekrutieren. Dort arbeiten bisher etwa 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so dass nicht alle in der Neuen Filiale zum Einsatz kommen werden. Allen anderen werden wir eine sozialverträgliche Lösung anbieten, idealerweise einen Arbeitsplatz an einem anderen Bundesbank-Standort in NRW.
Die Beschäftigten in der Neuen Filiale werden übrigens das gleiche Dienstleistungsangebot erbringen wie die anderen Bundesbankfilialen auch.
Was Sie in dem neuen Gebäude aber wohl nie ausgehändigt bekommen werden, ist eine 500‑Euro-Banknote. Schließlich hat der EZB-Rat Anfang Mai beschlossen, den Druck von 500‑Euro-Scheinen zu beenden und die Ausgabe voraussichtlich gegen Ende des Jahres 2018 einzustellen. Anlass dieser Entscheidung war die Mutmaßung, dass diese Banknote illegalen Aktivitäten Vorschub leisten könnte.
Ich persönlich habe ja meine Zweifel, ob Beschränkungen des baren Zahlungsverkehrs - sei es die Abschaffung des Fünfhunderters oder die politisch diskutierte Obergrenze für Barzahlungen - wirksame Instrumente im Kampf gegen organisierte Kriminalität, Steuerhinterziehung und den internationale Terrorismus sind. Und mir sind auch keine Studien bekannt, die einen entsprechenden Beleg liefern würden.
Ich habe die Entscheidung aber auch deswegen kritisch gesehen, weil sie von den Bürgerinnen und Bürgern als erster Schritt auf dem Weg zu einer vollständigen Abschaffung des Bargelds verstanden werden konnte.
Das Bargeld ganz abzuschaffen ist eine Idee, die gerade in jüngster Zeit von einigen Ökonomen vorgebracht wurde. Sie denken dabei nicht nur an die Kriminalitätsbekämpfung, sondern auch an die Möglichkeit, negative Zinsen in der Breite durchzusetzen - also auch auf den Bankkonten der privaten Einleger. Bisher bietet die Existenz von Bargeld eine einfache Möglichkeit, Negativzinsen zu entgehen. Wäre die Flucht ins Bargeld versperrt - so die Argumentation - könnten die Zinsen noch deutlicher unter null gesenkt werden.
Ich halte das für überhaupt keine gute Idee. Es wäre eine vollkommen unverhältnismäßige Reaktion auf die geldpolitischen Herausforderungen: weder nötig noch angemessen. Man darf auch nicht vergessen, dass das Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist. Es ermöglicht seinen Nutzern auch zu bezahlen, ohne persönliche Informationen preiszugeben.
Gerade bei kleinen Summen ist Bargeld außerdem das kostengünstigste Zahlungsmittel. Auch deshalb wundert es mich nicht, dass das Bargeld in Deutschland das beliebteste Zahlungsmittel von allen ist. Fast 80 % aller Transaktionen im Handel werden bar bezahlt, wenn auch mit leicht rückläufiger Tendenz.
Der EZB-Rat hat mittlerweile klargestellt, dass die Abschaffung der 500‑Euro-Note nicht den Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld darstellt. Dieses Bekenntnis zum Bargeld ist aus meiner Sicht ein klares und wichtiges Signal.
Die Bundesbank wird auch weiterhin sicherstellen, dass das umlaufende Bargeld eine hohe Qualität hat und ausreichend zur Verfügung steht. Wir haben den gesetzlichen Auftrag, eine reibungslose und effiziente Bargeldversorgung zu gewährleisten. Die Neue Filiale hier wird in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung dieses Auftrags leisten.
Und so bin ich froh, dass Dortmund gewissermaßen wieder zur "Kohlemetropole" wird und hoffe, dass der Bau ohne Zwischenfälle voranschreitet und die Neue Filiale in Dortmund planmäßig im Jahr 2019 eröffnet werden kann.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und übergebe das Wort an den Vertreter der nordrhein-westfälischen Landesregierung, Herrn Franz-Josef Lersch-Mense, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und Chef der Staatskanzlei.