60 Jahre Bundesbank – Der stabilen Währung verpflichtet Rede beim Empfang "60 Jahre Bundesbank"

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Begrüßung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
lieber Herr Sibold,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem Empfang hier in Stuttgart, mit dem wir das 60. Jubiläum der Deutschen Bundesbank feiern wollen.

Ich danke Ihnen, lieber Herr Kretschmann, für Ihre Rede und die freundlichen Worte, die Sie für die Bundesbank gefunden haben. Und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie uns mit dem Neuen Schloss einen schönen und feierlichen Rahmen für unsere gemeinsame Veranstaltung ermöglicht haben.

Sie wissen vielleicht, dass ich hier im Schwäbischen aufgewachsen bin. Trotzdem war ich erstaunt, als ich vor ein paar Monaten in einer Zeitung las, dass man mir das anhöre. Schließlich bin ich ja kein gebürtiger Schwabe, sondern ein "Raegschmeckdr", wie man hier sagt, ein Zugewanderter aus Nordrhein-Westfalen, und schon lange aus dem "Ländle" fortgezogen. Aber vielleicht hat der Journalist als gebürtiger Stuttgarter und Exilschwabe ja ein feines Gehör für so etwas.

Vielleicht meinte er aber auch weniger den Akzent als vielmehr eine gewisse Geisteshaltung heraushören zu können. Wegen meiner regelmäßigen Forderung nach soliden Staatsfinanzen betrachtet er mich vielleicht als eine Art Schwabe im Geiste.

Wie dem auch sei, ich freue mich, wieder einmal in meiner Heimat zu sein.

2 60 Jahre Bundesbank

Meine Damen und Herren,

am 1. August 1957 wurden die Bank deutscher Länder, die Landeszentralbanken sowie die Berliner Zentralbank zu einer einheitlichen Institution umgestaltet, der Deutschen Bundesbank.

Mit der Fortentwicklung der Institutionen, die noch von den Besatzungsmächten geschaffen worden waren, zu einer Bundesbehörde wurde eine Vorgabe des Grundgesetzes umgesetzt. Dass es bis 1957 dauerte, also acht Jahre, bis diese Bundesbank gegründet wurde, lag auch an langwierigen Diskussionen darüber, wie föderal die neue Zentralbank Westdeutschlands aufgebaut sein sollte.

Im Ergebnis wurde die Bundesbank, wie der Name schon sagt, eine Bank des Bundes. Über die Verankerung der Landeszentralbanken in den Regionen waren die Länder aber weiterhin eng mit der neuen Struktur verwoben. Und auch nachdem die Landeszentralbanken mit der Strukturreform von 2002 zu nachgeordneten Hauptverwaltungen wurden und das Filialnetz heute weitmaschiger gestrickt ist als früher, haben wir unser Ohr immer noch an der regionalen Wirtschaft und pflegen weiterhin enge Kontakte zu den Landesregierungen.

So eng, dass viele Landesregierungen uns auch den Auftrag erteilt haben, Pensionsrückstellungen für ihre Beamten zu verwalten. Und dass wir heute einen gemeinsamen Empfang ausrichten, ist letztlich auch Ausdruck der guten Beziehungen.

Vor allem aber erbringen wir wichtige Dienstleistungen in der Fläche. Wir versorgen die regionale Wirtschaft zum Beispiel mit Bargeld. Und wir sind aktiv in Sachen ökonomische Bildung, sei es indem wir in die Schulen gehen oder indem wir Vorträge in unseren Filialen und Hauptverwaltungen anbieten.

Nicht zuletzt aufgrund dieser regionalen Verankerung genießt die Bundesbank in der Bevölkerung nach wie vor hohes Ansehen. Das hat sich die Bundesbank natürlich vor allem durch jahrzehntelange stabilitätsorientierte Politik erworben. Schließlich hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass die D-Mark zum nationalen Identifikationssymbol wurde, das nicht nur für stabiles Geld, sondern auch für wirtschaftliche Stärke und steigenden Wohlstand stand.

3 Breites Aufgabenspektrum auch im Euro-Zeitalter

Angesichts der hohen Wertschätzung, die die D-Mark genoss, und angesichts unserer zentralen Rolle, die wir mit unserer glaubwürdigen Stabilitätsorientierung für die Geldpolitik in Europa spielten, bedeutete die Euro-Einführung einen Einschnitt für die Bundesbank.

Wenngleich der Vertrag von Maastricht den föderalen Aufbau des Eurosystems und den Fortbestand der nationalen Zentralbanken festlegte, fragte sich mancher sogar, was die Bundesbank, aber auch die anderen nationalen Zentralbanken, in Zukunft eigentlich noch zu tun hätten.

In einem bissigen Kommentar, der 1997 in der Bild-Zeitung erschien, stand zum Beispiel: "Wenn der Euro kommt, haben die nationalen Notenbanken nichts mehr zu sagen. (...) Warum löst man sie nicht einfach auf? Mega-Bürokratien mit Zehntausenden von Bedenkenträgern und Aktentaschenträgern. (...) Weg damit!"

Zwanzig Jahre später stellt man freilich fest, dass so manche Bedenken, die damals geäußert wurden, durchaus gut begründet waren. Ich denke etwa an meinen Amtsvorgänger Hans Tietmeyer, der ebenfalls 1997 in einer weitsichtigen Rede die "schicksalhafte Bindung" des Euro beschrieb und voraussagte: "... die Währungsunion wird nicht nur Sonnentage erleben. Es wird auch Regen und Stürme geben." Und so ist es dann auch gekommen.

Das Eurosystem föderal aufzubauen und die nationalen Zentralbanken zu erhalten, war jedenfalls eine richtige Entscheidung. Die Bundesbank ist nun zwar nicht mehr für eine nationale Währung, die D-Mark, allein verantwortlich, dafür ist sie jetzt mitverantwortlich für den Euro. Und diese Mit-Verantwortung ist in einem föderalen System, in dem beständig nach der richtigen geldpolitischen Ausrichtung gesucht wird, nicht minder wichtig. Von einem "Absturz aus dem Olymp der Geld- und Währungspolitik", wie es manche gesehen haben, würde ich deshalb nicht sprechen.

Als Präsident der Bundesbank bin ich Mitglied des EZB-Rates und wirke an dessen Entscheidungen mit.

Ich will aber nicht leugnen, dass nicht immer alle Entscheidungen so ausgefallen sind, wie ich sie mir gewünscht hätte. Aber das kann man in einem föderalen System auch nicht erwarten. Zwar halte ich, wie all meine Kollegen im EZB-Rat, eine expansive Geldpolitik im Grundsatz derzeit für angemessen. Über den richtigen Grad der geldpolitischen Expansion kann man aber durchaus unterschiedlicher Auffassung sein. Außerdem bin ich, wie Sie sicher wissen, skeptisch, was den Ankauf von Staatsanleihen betrifft. Auf den Einsatz dieses Instruments der Geldpolitik hätte ich lieber verzichtet.

Immerhin haben wir mit guten Argumenten erreicht, dass die Bundesbank im aktuellen Staatsanleihekaufprogramm nur deutsche Papiere kauft und nicht Anleihen bonitätsschwacher Euro-Länder, so wie das beim SMP-Programm in den Jahren 2010 bis 2012 der Fall war. Anders als damals werden heute die Solvenzrisiken dieser Euroländer weitgehend nicht mehr über die Notenbankbilanz vergemeinschaftet. Und das war nicht die einzige EZB-Ratsentscheidung der vergangenen Jahre, bei der die Handschrift der Bundesbank erkennbar ist.

Mit-Verantwortung für den Euro heißt im Übrigen auch, die Geldpolitik operativ umzusetzen. Wenn Banken und Sparkassen Bedarf an Zentralbankgeld haben, wenden sie sich hierzulande an die Bundesbank. Denn für die Abwicklung der geldpolitischen Geschäfte ist im Eurosystem die nationale Ebene zuständig.

Da die Banken als Sicherheiten für ihre Verbindlichkeiten bei der Bundesbank auch Kreditforderungen gegenüber Unternehmen einreichen können, untersuchen Bundesbankmitarbeiter in den Hauptverwaltungen im Rahmen der Bonitätsanalyse, ob Unternehmen als "notenbankfähig" angesehen werden können.

Gerade für Mittelständler kann das Gütesiegel der Notenbank die Verhandlungsposition gegenüber ihren Banken verbessern. Und die Unternehmen können diese für sie kostenlose Bonitätsanalyse unabhängig davon anfordern, ob Kredite an sie tatsächlich als geldpolitische Sicherheit verwendet werden.

Die Bundesbank hat über die Geldpolitik hinaus weitere wichtige Aufgaben und seit der Finanzkrise sind neue Aufgaben dazugekommen. So hat die Bundesbank seit 2013 den gesetzlichen Auftrag, zur Finanzstabilität im Inland beizutragen.

Dass Notenbanken mittlerweile in vielen Ländern auch die Finanzstabilität in den Blick nehmen, ist nicht zuletzt eine Lehre der Krise. Die Krise hat schließlich gezeigt, dass es zur Sicherung eines stabilen Finanzsystems nicht ausreicht, die Stabilität einzelner Finanzinstitute zu überwachen. Denn wer so die Finanzstabilität zu sichern glaubt, sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Oder wie es Janet Yellen einmal ausdrückte: "Vor der Krise schauten wir uns genau die Bäume an und nicht so genau, wie wir es hätten tun sollen, den Wald."

Vielen ist gar nicht bewusst, wie viele Aufgaben die Bundesbank hat.

Dass die Bargeldversorgung dazu gehört, dürfte allgemein bekannt sein. Dass wir auch für den unbaren Zahlungsverkehr zuständig sind, wissen dagegen schon deutlich weniger Menschen. Das könnte daran liegen, dass unsere Zahlungssysteme sicher und reibungslos funktionieren.

Vom Zahlungssystem TARGET2 haben zum Beispiel viele erstmals gehört, als Hans-Werner Sinn die Targetsalden-Thematik aufbrachte. In dieser Debatte ging es aber nicht um den Zahlungsverkehr, sondern um die Auswirkungen der einheitlichen Geldpolitik in einer Währungsunion auf die Forderungen und Verbindlichkeiten der Mitgliedstaaten.

Die Bundesbank hat TARGET2 mitentwickelt und betreibt das System auch gemeinsam mit der Banque de France und der Banca d'Italia.

Übrigens: Ob bar oder unbar, die Bundesbank will niemanden bei der Wahl der Zahlungsart bevormunden, vielmehr richten wir uns nach den Wünschen der Verbraucher. Solange die Menschen in Deutschland Bargeld nutzen wollen – und in Deutschland werden immer noch fast 80 Prozent der Zahlungen an der Kasse bar abgewickelt – sollen sie das auch tun können.

Und anders, als von manchen behauptet wird, ist Bargeld auch kein besonders teures Zahlungsmittel. Die Kosten pro Transaktion sind sogar vergleichsweise niedrig und bei kleinen Summen ist Bargeld das kostengünstigste Zahlungsmittel.

Und was den 500-Euro-Schein betrifft, war uns wichtig, dass die Scheine dauerhaft gesetzliches Zahlungsmittel bleiben, auch wenn gegen Ende des nächsten Jahres keine neuen Scheine mehr in Umlauf gegeben werden. Die Bürger können ihre Fünfhunderter also behalten. Sie können sie aber auch unbefristet gegen kleinere Stückelungen umtauschen.

Gleichzeitig begleiten wir den rasanten technologischen Fortschritt im elektronischen Zahlungsverkehr und sorgen dafür, dass unsere Infrastruktur mit dem Wunsch nach immer schnelleren Zahlungsmethoden Schritt hält. So haben wir zum Beispiel vergangene Woche im EZB-Rat beschlossen, ein System für Zahlungen in Echtzeit im gesamten Euroraum zu entwickeln.

Im Bereich der Bankenaufsicht hat die Bundesbank ebenfalls wichtige Aufgaben – und das auch nachdem die gemeinsame europäische Aufsicht unter dem Dach der EZB geschaffen wurde. So ist die Bundesbank bei der Aufsicht über die als bedeutend eingestuften Institute in gemeinsame Aufsichtsteams eingebunden. Bei den weniger bedeutenden Instituten obliegt uns die laufende Aufsicht, wofür die Fachleute in den Hauptverwaltungen zuständig sind.

Zudem arbeiten wir in wichtigen Gremien der Bankenregulierung mit, wie etwa dem Baseler Ausschuss. Wir haben an den Regeln für mehr und besseres Eigenkapital – Stichwort Basel III – mitgewirkt und damit das Finanzsystem sicherer gemacht.

Dabei setzen wir uns dafür ein, dass kleinere und mittlere Banken vom gestiegenen Regulierungsaufwand nicht überfordert werden. Wir sind deshalb für Proportionalität, die aber nicht zu Lasten der Stabilität gehen darf.

Gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium vertreten wir die Interessen Deutschlands beim Internationalen Währungsfonds. Eine besondere Herausforderung in diesem Jahr ist sicher die deutsche G20-Präsidentschaft, die wir im Finanzbereich ebenfalls gemeinsam mit dem Finanzministerium wahrnehmen.

Bei den Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs in Baden-Baden und in Washington wurden Fortschritte im Hinblick auf ein stabileres und robusteres Finanzsystem erzielt. Mit den Treffen wurde zudem der Gipfel der Staats- und Regierungschefs vorbereitet, der nächste Woche in Hamburg stattfinden wird.

Eine letzte Aufgabe, die ich hier erwähnen möchte, ergibt sich zwar nicht direkt aus dem gesetzlichen Auftrag, ist aber trotzdem wichtig. Ich meine unseren Beitrag zur ökonomischen Bildung.

Neben Informationsveranstaltungen für jedermann bieten wir zielgruppenorientierte Bildungsmaterialien zu den Themen Geld und Geldpolitik an und veranstalten Lehrerseminare und Vorträge für Schüler. Davon gab es allein in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr über 130 Veranstaltungen mit insgesamt 4.200 Teilnehmern.

Ziel der ökonomischen Bildungsarbeit ist es, Zentralbankwissen zu vermitteln und das Verständnis für die Bedeutung stabilen Geldes zu stärken.

Gerade bei den unter 30-Jährigen hat das Wissen um die Notenbanken und ihre Themen in den zurückliegenden Jahren aber stark abgenommen. Das könnte auch daran liegen, dass sich die Jüngeren anders informieren, als das meine Generation noch gewohnt ist: weniger über Zeitung, Radio und Fernsehen, sondern gezielt über soziale Medien wie Facebook, Youtube und Twitter. Wirtschaftsinformationen werden dann nicht mehr en passant mit aufgenommen. Umso wichtiger ist es daher, dass entsprechende Themen in den Schulen behandelt und in den Lehrplänen verankert werden.

4 Stabilitätskultur in Deutschland und Europa

Nur wer den Wert einer stabilen Währung zu schätzen weiß, gibt einer unabhängigen Zentralbank den Rückhalt, den sie braucht, um ihrem Stabilitätsauftrag gerecht zu werden.

Die Bundesbank sieht sich seit nunmehr 60 Jahren der Stabilitätskultur verpflichtet. Doch wie Manfred J.M. Neumann in einem Rückblick auf 50 Jahre D-Mark zutreffend zu bedenken gab, "ist auch in Deutschland Stabilitätskultur (...) wie jede Form von Kultur (...) zerbrechlich und vom Verfall des Wissens bedroht."

Dem wollen wir uns mit unseren ökonomischen Bildungsaktivitäten entgegenwirken.

Die Bundesbank steht darüber hinaus aber auch für Stabilitätskultur in Europa. Schließlich wurde die EZB nach dem Vorbild der Bundesbank gestaltet und der Euro ist ja zweifelsohne eine stabile Währung, wenn man auf den Kaufkraftverlust seit seiner Einführung schaut. Die durchschnittliche Inflationsrate lag bis 2017 bei 1,7 Prozent pro Jahr. Zu D-Mark-Zeiten war die Teuerung im Schnitt höher.

Allerdings hat uns die Krise im Euroraum auch vor Augen geführt, dass die Stabilität der Währungsunion kein Selbstläufer ist und Preisstabilität nicht die einzige Voraussetzung dafür ist.

Die umfangreichen Krisenmaßnahmen, die von der europäischen Politik und vom Eurosystem ergriffen wurden, haben zwar eine Eskalation der Krise verhindert. Dauerhaft stabil gemacht haben sie die Währungsunion aber nicht.

Die Bundesbank setzt sich deswegen für institutionelle Reformen der Währungsunion ein, die ihren Fortbestand gewährleisten, eine stabilitätsorientierte Geld- und Fiskalpolitik unterstützen und so die Währungsunion als Stabilitätsunion absichern.

Reformvorschläge, die auf eine Ausweitung von Gemeinschaftshaftung hinauslaufen, sehen wir kritisch. Eine Ausweitung von Gemeinschaftshaftung ohne gleichzeitige Übertragung von Souveränitätsrechten auf die europäische Ebene könnte am Ende in eine Transferunion münden. Das würde die Probleme in Europa aber eher vergrößern anstatt sie zu lösen.

Aber selbst wenn die Mitgliedstaaten Souveränität abgeben würden, so dass Haften und Handeln auf der europäischen Ebene lägen, wären stabilitätsorientierte Entscheidungen damit nicht garantiert.

Die Bereitschaft, Entscheidungsbefugnisse auf die europäische Ebene zu verlagern oder sich auch nur von der Gemeinschaft "reinreden" zu lassen, sehe ich aber nicht. Deutlich wird dies nicht nur am Umgang mit den Haushaltsregeln, sondern auch an der Einhaltung der neuen Abwicklungsprinzipien für Banken – gerade in den Ländern, die ein Mehr an Gemeinschaftshaftung fordern.

Ohne diese Regeleinhaltung kann aber auch kein hinreichendes Vertrauen entstehen, auf dessen Basis die Währungsunion mutig weiterentwickelt werden kann. Es entstehen Fehlanreize, die solides Wirtschaften erschweren. Und solange keine Bereitschaft besteht, Souveränitätsrechte auf die europäische Ebene zu übertragen, bleibt nur der Weg, die nationale Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten zu stärken.

Deshalb haben wir zum Beispiel Vorschläge entwickelt, wie der gegenseitige Haftungsausschluss zwischen den Euroländern glaubwürdiger gemacht werden könnte. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass die Regeln für solides Haushalten und Wirtschaften eingehalten werden, indem ihre Bindungswirkung gestärkt wird.

In einem Interview, das Wolfgang Schäuble kürzlich der italienischen Zeitung La Repubblica gab, sagte er treffend: "Viel Distanz zu Europa kommt auch daher, dass Regeln nicht respektiert werden."

In einem Kommentar derselben Zeitung las man vor drei Jahren einmal Folgendes: "Da die Bundesbank nun nicht mehr Herrin über die europäische Währung ist, hat sie sich (...) zum Tempelritter des Stabilitätspakts (...) aufgeschwungen."

Sie sehen daran exemplarisch, dass die Bundesbank mit ihrer Stimme in ganz Europa Gehör findet, unsere Positionen aber nicht überall Begeisterungsstürme auslösen.

Deshalb müssen wir immer wieder erklären, warum etwa die Einhaltung der Defizitgrenzen des Stabilitäts- und Wachstumspakts wichtig ist, um die Währungsunion als Stabilitätsunion abzusichern.

Sind die Voraussetzungen für eine stabile Währungsunion nicht gegeben, weil sich die Mitgliedstaaten übermäßig verschulden, besteht nämlich die Gefahr, dass sich die Geldpolitik immer wieder in der Ausputzerrolle wiederfindet und sie ihre Aufgabe, Preisstabilität zu sichern, dann nicht mehr erfüllen kann.

Mit dem Kauf von Staatsanleihen gerät die Geldpolitik in einen gefährlichen Grenzbereich zur Fiskalpolitik. Besser wäre es daher, das geldpolitische Mandat eng auszulegen und die klare Trennung von Geld- und Fiskalpolitik zu wahren. Denn andernfalls könnte über kurz oder lang auch die Unabhängigkeit der Notenbank in Frage gestellt werden. Denn in einer Demokratie bedingt diese Unabhängigkeit, die in einer solchen Ordnung ja grundsätzlich einen Fremdkörper darstellt, eine enge Beschränkung des Mandats.

5 Schluss

Es war eine wichtige Lehre der 1970er und 1980er Jahre, dass unabhängige Notenbanken besser in der Lage sind, Preisstabilität zu gewährleisten als solche, die politisch gelenkt werden.

Karl Blessing, der wenige Monate nach Gründung der Bundesbank zu ihrem Präsidenten ernannt wurde, brachte den Zusammenhang zwischen stabilem Geld und Unabhängigkeit bereits 1957 zum Ausdruck, als er im Vorwort eines Kommentars zum Bundesbankgesetz schrieb:

"Gutes Geld kann in unserer heutigen komplizierten Welt (...) nicht durch einen einfachen Gesetzgebungsakt geschaffen werden, es muß vielmehr – wie die Freiheit, die es verkörpert – (...) immer auf’s neue erobert werden. (...) Die Währungskatastrophen der letzten Jahrzehnte waren ausschließlich dadurch verursacht, daß der Staat die Notenbank für seine Zwecke mißbrauchte. Das Gesetz über die Deutsche Bundesbank (...) beugt dieser Gefahr (...) vor, insbesondere dadurch, daß es die Deutsche Bundesbank von Weisungen durch die Bundesregierung unabhängig macht."

Seit 60 Jahren, meine Damen und Herren, sorgt die Bundesbank für gutes Geld und eine stabile Währung. Die ersten vier Jahrzehnte in Deutschland mit der D-Mark, seitdem im Euroraum im Zusammenwirken mit den Notenbanken des Eurosystems.

Seit 60 Jahren scheut sich die Bundesbank auch nicht, politisch anzuecken, wenn sie Stabilitätsrisiken sieht. Ihrem Ansehen in der Bevölkerung hat das nicht geschadet – im Gegenteil. Und niemand hat das treffender auf den Punkt gebracht als der jüngst verstorbene Helmut Kohl, der sagte: "Als Bundeskanzler habe ich manchmal Probleme mit der Bundesbank. Als Bürger bin ich froh, dass es sie gibt."

Ohne den Rückhalt der Bevölkerung wäre der Stabilitätserfolg nicht erreichbar gewesen. Ohne den Einsatz von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch nicht.

Der Philosoph Karl Popper schrieb einmal: "Institutionen sind wie Festungen; sie müssen wohlgeplant und wohlbemannt sein."

Beides ist die Bundesbank – wobei "wohlbemannt" selbstverständlich auch Mitarbeiterinnen einschließt. Und deswegen möchte ich allen aktuellen und ehemaligen Beschäftigten danken.

Als der Filmregisseur Woody Allen 60 Jahre alt wurde, sagte er mit der ihm eigenen Ironie: "Ich wurde gerade 60. Ein Drittel meines Lebens ist nun praktisch vorbei."

Widerlegt wurde diese Behauptung bislang nicht – Allen ist jetzt 81 – aber es steckt schon eine gehörige Portion Optimismus in dieser Aussage.

Notenbanken können deutlich älter werden: Die Banque de France ist schon 217 Jahre alt, die Bank of England wurde vor 323 Jahren gegründet und die schwedische Reichsbank kann nächstes Jahr das 350. Jubiläum feiern.

Vermutlich wird es auch ein 350. Jubiläum der Bundesbank geben, aber wer weiß das schon. Fest steht jedenfalls, dass die Bundesbank auch im Euro-Zeitalter weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird.

Sie steht für Stabilität in Deutschland und Europa – und sie wird auch in Zukunft der stabilen Währung verpflichtet sein.