Statement von Bundesbankpräsident Prof. Axel A. Weber anlässlich des VÖB-Symposium am 30. Oktober 2008 in Frankfurt am Main
In den vergangenen Jahren haben sich erhebliche Probleme auf den Finanzmärkten aufgebaut. Diese wurden sicherlich allgemein in ihrer Tragweite und in ihren Konsequenzen unterschätzt. In den letzten Wochen hat sich die globale Finanzkrise verschärft. Wir befinden uns in einer Phase, in der die absehbare realwirtschaftliche Abkühlung als Belastungsfaktor für die Banken, deren Risikotragfähigkeit in den vergangenen Monaten bereits spürbar gelitten hat, zu verkraften sein wird. Dabei betrifft die Krise nun nicht mehr nur die Finanzmarktakteure in den Industrieländern. Zunehmend rücken auch Länderrisiken in Schwellenländern in den Blickpunk. Wir stehen international somit insgesamt vor schwierigen gesamtwirtschaftlichen Zeiten.
Allerdings sollten wir in Deutschland auch nicht in Hysterie verfallen. Die deutsche Volkswirtschaft ist gut aufgestellt, und ich erwarte, dass im Laufe des kommenden Jahres die Auftriebskräfte allmählich wieder an Kraft gewinnen können. Eine Menge unerledigter Hausaufgaben warten jedoch auf uns. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, dass die Kreditwirtschaft wieder an Kraft gewinnt, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. Die Politik hat hier mit dem Paket zur Stabilisierung der Finanzmärkte das geeignete Instrumentarium geschaffen, um wenn nötig wieder eine gesunde Basis zu schaffen. Durch das eindeutige Bekenntnis der Regierungen, die Finanzmärkte zu stabilisieren und systemische Krisen zu verhindern, ist aus meiner Sicht die Gefahr einer Abwärtsspirale der Finanzmärkte begrenzt worden. Damit die Stabilisierung der deutschen Finanzmärkte erfolgreich vorangebracht werden kann, bedarf es meines Erachtens folgender Schritte:
- Erstens schlage ich vor, dass größere, international und kapitalmarktorientierte deutsche Banken ihre Kernkapitalquote in der gegenwärtig angespannten Lage der Finanzmärkte auf ein im internationalen Wettbewerbskontext angemessenes Niveau aufstocken. Mit einem solchen Kapitalpuffer wären sie für eventuelle weitere Abschwünge an den Finanzmärkten und der Realwirtschaft besser gerüstet. Eine derartige Anstrengung würde zugleich zu einer Stärkung des allgemeinen Marktvertrauens beitragen. Für stärker auf regionale und lokale Märkte begrenzte Institute kann der entsprechende Kapitalpuffer niedriger ausfallen. Aber auch hier sollte im Blick behalten werden: Gegenwärtig ist nur eine gesicherte Kapitalposition der Schlüssel zur Wiedergewinnung des Vertrauens. Alle Möglichkeiten der Kapitalaufnahme sind rasch zu nutzen. Gelingt dies nicht über private Mittel, so steht der Finanzmarktstabilisierungsfonds bereit.
- Zweitens, damit eine nachhaltige Stabilisierung des deutschen Finanzsystems gelingt, sollte der Stabilisierungsfonds auch als Vehikel für eine Restrukturierung der Landesbanken dienen. Damit verbunden ist eine deutliche Verringerung der Zahl der Landesbanken. Allerdings dürfte es damit nicht getan sein. Die Landesbanken brauchen ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Dabei ist es notwendig, dass die jetzigen Eigentümer – also vor allem die Länder und die Sparkassen – diesen Prozess offensiv und konstruktiv begleiten.
- Drittens gilt es, im Hinblick auf den Stabilisierungsfonds die Balance zwischen den einzelnen Säulen (also der Rekapitalisierung, der Garantiegewährung und der Übernahme von Risikopositionen) zu wahren. Eine Garantiegewährung sollte auf Basis einer ausreichenden Eigenkapitalperspektive erfolgen. Ein einseitiger Rückgriff auf nur eine Säule des Fonds riskiert, dass mögliche Belastungen für die deutsche Volkswirtschaft und die Steuerzahler höher ausfallen könnten als erwartet und als nötig.