Schwerpunkte des Monatsberichts März

Ansatzpunkte zur Stärkung des Ordnungsrahmens der Europäischen Währungsunion

Die Finanz- und Staatsschuldenkrise hat die Europäische Währungsunion und ihre Mitgliedstaaten vor große Herausforderungen gestellt und ist immer noch nicht überwunden. In etlichen Politikbereichen wurden Reformen durchgeführt und Maßnahmen ergriffen. Eine teilweise auch geforderte politische oder fiskalische Union und eine grundlegende Änderung der EU-Verträge werden nach dem Beschluss zur Gründung der Bankenunion gegenwärtig jedoch wohl nicht mehr angestrebt. Für eine spürbare Abgabe nationaler Souveränität scheinen sich keine politischen Mehrheiten abzuzeichnen. Solange dies so bleibt, kommt es darauf an, den bestehenden Ordnungsrahmen der Währungsunion mittel- bis langfristig so auszugestalten und zu stärken, dass er das Versprechen einer Stabilitätsunion dauerhaft verlässlich einlösen kann.

In der Währungsunion haben die Mitgliedstaaten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik trotz aller Koordinierungsmechanismen weitgehende Entscheidungsautonomie. Im Gegenzug sind grundsätzlich die einzelnen Staaten für ihre Schulden verantwortlich, und eine Finanzierung durch die Notenbank oder eine Gemeinschaftshaftung ist untersagt. Dies entspricht dem Grundprinzip der Eigenverantwortung von Staaten, aber auch von Investoren. Insofern muss in der Währungsunion auch der Extremfall einer Insolvenz eines Mitgliedstaates möglichst verkraftbar sein. Der ursprüngliche Rahmen trug diesem Aspekt – und insbesondere den damit verbundenen Auswirkungen auf die Finanzstabilität – nicht ausreichend Rechnung. Im Zuge der Krisenbekämpfung wurden zwar zahlreiche Reformen in Angriff genommen. An etlichen Stellen wurde allerdings die Balance hin zu mehr gemeinschaftlichen Haftungselementen verschoben.

Insgesamt besteht noch eine Reihe von Herausforderungen, bis ein konsistenteres Konzept geschaffen ist, das künftigen Krisen wirksamer vorbeugt und insbesondere auch eine primär auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik absichert. Der Aufsatz skizziert verschiedene Ansatzpunkte, um die Ausgestaltung der Währungsunion künftig krisenfester zu machen. Hierzu gehört eine Stärkung der Finanzstabilität. Dazu sollten unter anderem die Risiken für das besonders systemrelevante Bankensystem bei staatlichen Zahlungsschwierigkeiten begrenzt werden, zum Beispiel indem die Privilegierung von Staatsschuldtiteln in der Bankenregulierung mittelfristig zurückgedrängt und langfristig beendet wird. Aber auch negative Rückwirkungen von Bankenschieflagen auf den Staat sind möglichst gering zu halten. Dazu muss die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken weiter gestärkt werden. Auch große, verflochtene Finanzinstitute müssen notfalls geregelt abgewickelt werden können, ohne dass dazu staatliche Finanzmittel notwendig sind.

Im Bereich der Finanzpolitik sollten die Haushaltsüberwachung und die Umsetzung der fiskalischen Regeln verbessert und eine institutionelle Neuordnung erwogen werden. Darüber hinaus erscheint es geboten, die Disziplinierung der Finanzpolitik durch die Finanzmärkte zu stärken und einen anreizkompatibleren Krisenbewältigungsmechanismus zu entwickeln. Für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik ist es wichtig, dass sie dem Druck widersteht, im Fall einer Überschuldung von Banken oder Staaten in die Verantwortung genommen zu werden.

Die Bedeutung der makroprudenziellen Politik für die Geldpolitik

Die globale Finanzkrise hat unter Ökonomen eine intensive Diskussion über die künftige Ausgestaltung und Rolle der Geldpolitik entfacht. Bestimmte Elemente des geldpolitischen Konsenses aus der Vorkrisenzeit bleiben auch heute noch gültig: vor allem die unverändert herausragende Bedeutung der Preisstabilität. Offen ist dagegen die Frage nach dem Verhältnis der Geldpolitik zur Finanzstabilität. Obwohl derzeit noch keine endgültigen Antworten erwartet werden können, lassen sich dennoch einige erste Einsichten ableiten.

Es besteht weitestgehend Übereinstimmung darüber, dass zur Sicherung der Finanzstabilität ein neuer Politikbereich mit eigenem Instrumentenkasten notwendig ist. Die zügige Etablierung einer wirksamen makroprudenziellen Politik besitzt daher unverändert hohe Priorität. Da sowohl die Geldpolitik als auch die makroprudenzielle Politik mit ihren Maßnahmen im Finanzsektor ansetzen, kommt es zwangsläufig zu Wechselwirkungen zwischen den Politikbereichen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Erfahrungen und das Wissen über die Wirkungsweise makroprudenzieller Instrumente, ihre Kalibrierung sowie ihre Interaktionen untereinander und mit der Geldpolitik jedoch noch recht begrenzt.

Eine auf Preisstabilität in der mittleren Frist ausgerichtete Geldpolitik ist allein kein Garant für die Vermeidung von Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten, die sich auch auf die Realwirtschaft übertragen und damit letztlich die Preisstabilität gefährden können. Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass im Besonderen die Risikoneigung der Finanzmarktakteure von der geldpolitischen Ausrichtung beeinflusst werden kann. Die Geldpolitik muss insofern bei ihren Entscheidungen die Auswirkungen ihrer Maßnahmen auf die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes berücksichtigen. Dies legt zweierlei nahe: Zum einen eine symmetrische Ausrichtung der Geldpolitik über den Finanzzyklus – also eine tendenziell straffere geldpolitische Ausrichtung in Aufschwungphasen auch bei fehlendem Inflationsdruck sowie eine zwar kurzfristig aggressive Lockerung während eines markanten Abschwungs, aber eine weniger lang anhaltende expansive Ausrichtung der Geldpolitik im Anschluss an einen konjunkturellen Einbruch. Zum anderen das Abwägen mittel- und längerfristiger Risiken für die Preisstabilität. Eine in diesem Sinne symmetrische Geldpolitik könnte dazu beitragen, eine zu starke Risikoübernahme seitens der Finanzmarktteilnehmer zu vermeiden.

Grundsätzlich könnte die Geldpolitik die Finanzstabilität auch als eigenständiges Ziel explizit berücksichtigen. Allerdings stehen dem neben politökonomischen Gründen vor allem zu hohe Erwartungen an die Effektivität der geldpolitischen Instrumente hinsichtlich der Sicherung von Finanzstabilität sowie ein noch begrenztes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen beiden Politikbereichen entgegen.

Die geldpolitische Strategie des Eurosystems ist hinreichend flexibel, um auf künftige Herausforderungen angemessen zu reagieren. Ein grundlegender Strategiewechsel ist nicht notwendig. An der Implementierung einer wirkungsvollen makroprudenziellen Politik sollte weiter gearbeitet werden. Damit soll nicht nur die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes verbessert, sondern auch die Voraussetzungen dafür gewahrt werden, dass die einheitliche Geldpolitik gemäß ihrem Mandat die Preisstabilität sichern kann.

Die deutsche Zahlungsbilanz für das Jahr 2014

Der Leistungsbilanzüberschuss der deutschen Volkswirtschaft hat sich im Jahr 2014 sehr kräftig ausgeweitet. Mit 7½ % des Bruttoinlandsprodukts wurde ein neuer Rekordstand in der Nachkriegsgeschichte erreicht. Von überragender Bedeutung war ein deutlich gestiegener Aktivsaldo im Warengeschäft. Die Nettoerträge aus grenzüberschreitenden Vermögensanlagen blieben im Durchschnitt der beiden vergangenen Jahre hinter den hohen Werten der Jahre 2011 und 2012 zurück. Das Netto-Auslandsvermögen ist zwar weiter gestiegen. Den hieraus resultierenden positiven Effekt auf die Vermögenseinkommensbilanz machte aber mehr als wett, dass die durchschnittliche Verzinsung weiter abnahm und sich der Renditevorsprung der Aktivseite verringerte.

Der Auslandsabsatz der Unternehmen hat 2014 nach der Stagnation im Jahr 2013 wieder erkennbar Fahrt aufgenommen, was angesichts der relativ verhaltenen Weltkonjunktur an Regional- und Sortimentseffekten lag. So nahm in Ländern mit vergleichsweise kräftigem Wirtschaftswachstum wie den USA, Großbritannien und China die Nachfrage nach Produkten der deutschen Automobilbranche, der pharmazeutischen Industrie und teilweise auch des Maschinenbaus beträchtlich zu. Ferner erhöhten erneut erhebliche Terms-of-Trade-Effekte den Handelsüberschuss. Im Berichtszeitraum war hierfür die Verbilligung importierter Rohstoffe – am Jahresende allen voran der drastische Preisverfall bei Rohöl – ursächlich. In realer Rechnung haben die Warenimporte angesichts der spürbar aufwärtsgerichteten Binnenkonjunktur sogar stärker als die Exporte zugenommen.

Dass der Anstieg des deutschen Leistungsbilanzüberschusses im Jahr 2014 wesentlich auf exogenen Entwicklungen im außenwirtschaftlichen Umfeld beruhte, ist ein Aspekt, der bei der Beurteilung dieser Kennzahl in einem makroökonomischen Gesamtkontext nicht zu kurz kommen sollte.

Mit der Ausweitung des Leistungsbilanzüberschusses ist auch der deutsche Kapitalverkehrssaldo spürbar gestiegen. Hierzu haben höhere Netto-Kapitalexporte durch Direktinvestitionen wesentlich beigetragen. Diese wurden maßgeblich durch das höhere Engagement inländischer Firmen im Ausland getrieben, während ausländische Unternehmen ihre Präsenz in Deutschland nur geringfügig ausgebaut haben. Der Wertpapierverkehr stand 2014 unter dem Einfluss der großzügigen Liquiditätsversorgung durch das Eurosystem und der Erwartung umfangreicher Wertpapierkäufe zu geldpolitischen Zwecken (Quantitative Easing). Dies spiegelte sich in stark gesunkenen Renditen in Deutschland, einem anhaltend hohen Interesse gebietsansässiger Investoren an ausländischen Wertpapieren und einer vergleichsweise schwachen Auslandsnachfrage nach deutschen Schuldverschreibungen wider. Im übrigen Kapitalverkehr glichen sich die grenzüberschreitenden Kapitalströme weitgehend aus. Dabei sind die TARGET2-Forderungen der Bundesbank 2014 per saldo etwas zurückgegangen. Erstmals sind grenzüberschreitende Bargeldtransaktionen in der Zahlungsbilanz ausgewiesen worden; neuere Schätzungen erlauben einen Ausweis rückwirkend seit Einführung des Euro-Bargeldes.

Wertpapierhalterstatistiken zur Analyse des Wertpapierbesitzes in Deutschland und Europa: Methodik und Ergebnisse

Die Insolvenz von Lehman Brothers im Herbst 2008 verdeutlichte, dass zur Erfüllung der Aufgaben der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Notenbanken im Eurosystem detaillierte Informationen, welche Anleger in welchem Umfang welche Wertpapiere von welchen Emittenten halten, unverzichtbar sind. Aus diesem Grund wurden zum vierten Meldequartal 2013 europaweite Wertpapierhalterstatistiken eingeführt, die von den nationalen Notenbanken auf Einzelwertpapierbasis in die von der Bundesbank und EZB gemeinsam betriebene Securities Holdings Statistics Database eingeliefert werden. Diese Statistiken umfassen die gehaltenen Bestände an Schuldverschreibungen, Aktien und Investmentfondsanteilen. Zum einen werden Sektordaten erfasst, für die der Wertpapierbesitz nach Wirtschaftsbereichen und Herkunftsländern der Anleger gegliedert ist. Der Fokus liegt dabei auf Wertpapieren von Investoren aus der Europäischen Währungsunion sowie auf Papieren, die von Gebietsansässigen begeben und von Anlegern außerhalb des Eurosystems gehalten werden. Zum anderen werden mit den Konzerndaten die Eigenbestände der größten Bankgruppen im Euro-Raum abgebildet.

Der deutsche Beitrag für die Securities Holdings Statistics Database wird im Rahmen der Statistik über Wertpapierinvestments bereitgestellt. Mit dieser Statistik erhebt die Bundesbank die Konzerndaten großer deutscher Bankgruppen sowie die Sektordaten sämtlicher Finanzinstitute mit Sitz in Deutschland. Da die Sektordaten schon seit Ende 2005 auf Einzelwertpapierbasis zur Verfügung stehen, sind damit bereits aktuell weitreichende Analysen und Forschungsprojekte zum Umfang und zur Struktur des Wertpapierbesitzes in Deutschland möglich. So lässt sich die Entwicklung der gehaltenen Wertpapierbestände seit Ausbruch der globalen Finanzkrise untersuchen. Die Daten geben weiterhin Aufschluss über die Verteilung des in Deutschland gehaltenen Wertpapiervolumens auf verschiedene Anlegergruppen. Anhand abgeleiteter Stromgrößen lässt sich zudem einschätzen, inwieweit die Veränderungen kursbewerteter Bestände auf Wertpapiertransaktionen einzelner Anlegergruppen oder andere Entwicklungen wie Preisänderungen zurückzuführen sind.

Durch die Einführung harmonisierter Wertpapierhalterstatistiken und einheitlicher Aufbereitungsprozesse der Securities Holdings Statistics Database auf europäischer Ebene, lässt sich die Vergleichbarkeit, Qualität und Vollständigkeit der Daten weiter verbessern. Die europaweiten Informationen ermöglichen vielfältige und flexible Analysen vor allem auch für risikobehaftete Segmente des europäischen Finanzsystems. Von Bedeutung ist dabei der symmetrische Zugriff des gesamten Eurosystems auf alle Daten, der eine einheitliche Informationsbasis für die Entscheidungsprozesse in den europäischen Gremien sicherstellt. Die künftige Weiterentwicklung der Wertpapierhalterstatistiken des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) steht in engem Zusammenhang mit der Bereitstellung von Mikrodaten für andere Statistikbereiche. So wird derzeit die Erweiterung der Konzerndaten erwogen, um Wertpapiereinzeldaten in Verbindung mit den granularen Informationen des geplanten europaweiten Kreditregisters auswerten zu können.