Juli-Ergebnisse der Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) in Deutschland
- Die im Rahmen des Bank Lending Survey (BLS) befragten deutschen Banken lockerten im zweiten Quartal 2021 erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder ihre Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen im Geschäft mit Unternehmen.
- Die Richtlinien und Bedingungen im Bereich der privaten Wohnungsbaukredite und Konsumenten- und sonstigen Kredite wurden ebenfalls gelockert.
- Die NPL-Quote hatte im ersten Halbjahr keine Auswirkungen auf die Kreditangebotspolitik der befragten Banken. Für das zweite Halbjahr 2021 erwarten die Banken einen geringfügig restriktiven Einfluss.
- Die Kreditnachfrage der Unternehmen blieb konstant. Die Nachfrage der Unternehmen nach im Rahmen der Corona-Hilfsprogramme gewährten Krediten mit staatlichen Garantien ging im ersten Halbjahr 2021 dagegen deutlich zurück.
- Bei den Wohnungsbaukrediten und den Konsumenten- und sonstigen Krediten kam es zu einem Anstieg der Nachfrage seitens der privaten Haushalte.
Die Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) erfasst drei Kreditsegmente: Unternehmenskredite, Wohnungsbaukredite an private Haushalte, sowie Konsumenten- und sonstige Kredite an private Haushalte. Die befragten Banken lockerten im zweiten Quartal 2021 zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie geringfügig die Kreditrichtlinien (d. h. die internen Richtlinien oder Kriterien einer Bank für die Gewährung von Krediten) im Unternehmenskreditgeschäft. Der Nettoanteil von Banken, d. h. der Anteil der Banken, die ihre Richtlinien strafften abzüglich des Anteils der Banken, die ihre Richtlinien lockerten, lag bei -3 %, nach +6 % im Vorquartal. Ferner wurden die Richtlinien für private Wohnungsbaukredite (Nettoanteil von -7 %, nach +0 % im Vorquartal) und für die Vergabe von Konsumenten- und sonstigen Krediten gelockert (Nettoanteil von -17 %, nach -3 % im Vorquartal). Die Banken begründeten die Lockerungen insbesondere mit dem nach ihrer Einschätzung gesunkenen Kreditrisiko und ihrer gestiegenen Risikotoleranz. Für die kommenden drei Monate planen die Banken bei den Unternehmens- und Wohnungsbaukrediten unterm Strich Verschärfungen der Standards. Bei den Konsumenten- und sonstigen Krediten planen die Kreditinstitute dagegen keine nennenswerten Änderungen. Die Kreditbedingungen (d. h. die in den Kreditverträgen vereinbarten tatsächlichen Bedingungen für die Gewährung von Krediten) wurden in der Gesamtbetrachtung ebenfalls in allen erfragten Kreditsegmenten gelockert. Als Gründe für die Lockerungen wurden im Firmenkundengeschäft Verbesserungen bei den Refinanzierungskosten und bilanziellen Restriktionen angeführt. Im Geschäft mit den privaten Haushalten war die angespannte Wettbewerbssituation neben der von den Banken positiveren Einschätzung des Kreditrisikos ein bedeutender Faktor.
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten blieb im zweiten Quartal 2021 per saldo konstant. Zwar verzeichneten die Banken einen Anstieg der Nachfrage infolge von Umfinanzierungen, Umschuldungen und Neuverhandlungen. Zudem berichteten sie von einem gestiegenen Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen, Lagerhaltung und Betriebsmittel sowie für Fusionen, Übernahmen und Umstrukturierungen. Gleichzeitig meldeten die Kreditinstitute aber nachfragedämpfende Effekte aufgrund der verstärkten Inanspruchnahme der Innenfinanzierungsspielräume der Unternehmen und der Kreditvergabe durch andere Banken. Die Kreditablehnungsquote blieb auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Vor allem Unternehmen aus besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Branchen wie etwa dem Gastgewerbe und dem Einzelhandel dürften weiterhin einen schlechteren Zugang zu Krediten haben als Unternehmen aus anderen Branchen. Die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten und Konsumenten- und sonstigen Krediten nahm laut Aussage der Banken weiter zu. Vor allem das gestiegene Verbrauchervertrauen und das niedrige allgemeine Zinsniveau trugen positiv zum Nachfrageanstieg bei. Für die nächsten drei Monate rechnen die Banken in allen erfragten Kreditsegmenten mit einem Anstieg der Nachfrage.
Die Juli-Umfrage enthielt zusätzliche Fragen zu den Refinanzierungsbedingungen der Banken und den Auswirkungen notleidender Kredite auf die Kreditvergabepolitik der Institute. Zudem waren eine Frage zur Kreditangebotspolitik und zur Kreditnachfrage in den wichtigsten Wirtschaftssektoren enthalten sowie die im Januar eingeführte Ad-hoc-Frage zu den infolge der Corona-Pandemie gewährten staatlichen Kreditgarantien.
Die deutschen Banken berichteten vor dem Hintergrund der Lage an den Finanzmärkten von einer im Vergleich zum Vorquartal weitgehend unveränderten Refinanzierungssituation. Die Höhe der NPL-Quote (prozentualer Anteil des NPL-Bestands (brutto) am Bruttobuchwert der Kredite) hatte, anders als von den Banken erwartet worden war, im ersten Halbjahr 2021 keine Auswirkungen mehr auf die Kreditvergabepolitik im Unternehmensgeschäft oder auf das Geschäft mit den privaten Haushalten. Für das zweite Halbjahr 2021 rechnen die Banken mit einem geringfügig restriktiven Einfluss auf die Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen im Unternehmenskreditgeschäft. Ihre Kreditangebotspolitik verschärften die interviewten Banken per saldo im ersten Halbjahr erneut in nahezu allen wichtigen Wirtschaftssektoren. Lediglich für den Wohnimmobiliensektor wurde die Vergabepolitik gelockert. Die Verschärfungen fielen aber geringer aus als bei der letzten Befragung im Januar 2021. Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten mit infolge der Corona-Pandemie gewährten staatlichen Garantien ging laut Angabe der Banken deutlich zurück. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass insbesondere von großen Unternehmen weniger Mittel zur Deckung eines akuten Liquiditätsbedarfs nachgefragt wurden.
Die viermal im Jahr durchgeführte Befragung zum Kreditgeschäft fand in der Zeit vom 14. Juni bis zum 29. Juni 2021 statt. An der Umfrage nahmen in Deutschland 34 Banken teil. Die Rücklaufquote lag bei 100 %.