Hintergrundinformationen zur Ausstellung "Michael Riedel – Geldmacher"
Der Künstler Michael Riedel schöpft aus Kommunikationsprozessen Material für seine Arbeit. Die Ausgangspunkte seiner Werke sind meist Text- und Bildmaterialien aus dem Kunstkontext. Er verwendet Einladungen, Pressetexte oder Gesprächsprotokolle, in denen beispielsweise Kunstmessen oder Museumsneubauten thematisch werden. Michael Riedel bezieht sich auf das Netz aus Kommunikation und Information, das sich um die Kunst der Gegenwart spannt. Der Künstler reproduziert dieses System samt den dahinter liegenden technischen Programmen immer wieder und macht es in seiner typischen Schriftbildästhetik selbst zur Kunst.
In der Ausstellung "Geldmacher" im Geldmuseum der Deutschen Bundesbank konzentriert sich Michael Riedel auf das Thema Geld, konkret auf das Bargeld. Der Künstler hat eigenes Geld entworfen und mehr als dreihunderttausend Scheine auf originales Banknotenpapier aus Baumwolle drucken lassen. Das Kunstgeld wird im Ausstellungsraum gebündelt in hohen Stapeln in Vitrinen präsentiert. Die Grafikserie "Ohne Titel (500) (200) (100) (50) (20) (10) (5)" nimmt das Format der sieben unterschiedlichen Euroscheine auf und zitiert die Form der glänzenden Sicherheitsmerkmale. Das schwarz-weiße Schriftbild des Kunstgelds dagegen unterscheidet sich vom Vertrauten und folgt einer eigenen Logik. Michael Riedel gibt darauf in einer mehrschichtigen Anordnung von Textfragmenten den vollständigen
E-Mailaustausch mit seiner New Yorker Galerie zwischen den Jahren 2009 und 2017 wieder. Um die gesamte Korrespondenz über neun Jahre tatsächlich wiederzugeben, sind insgesamt mehr als vierzig unterschiedliche Motive entstanden, die sich auf die sechs Formate verteilen.
Der Ausstellungstitel "Geldmacher" verschränkt somit mehrere Ebenen. Michael Riedel stellt im wörtlichen Sinne Geld her und zitiert so die Aufgabe der Notenbank. Zugleich macht er die Beziehungen zwischen Kunst und Ökonomie anschaulich, indem er für die Scheine ein grafisches Schriftbild entwickelt, das Kommunikations- und Verkaufsprozesse innerhalb des Kunsthandels direkt abbildet. Darüber hinaus sind die Grafiken im Geldscheinformat selbst Handelsobjekte. Sie sind als Edition angelegt und werden in der Vitrine präsentiert, nicht in einer klassischen Mappe, sondern – dem Thema angemessen – in einem Portemonnaie.
In der Ausstellung ist darüber hinaus eine großformatige Tapete zu sehen, die aus 77 Einzelblättern zusammengesetzt ist. Ausgangsmaterial der von der Bundesbank in Auftrag gegebenen Grafikserie "Ohne Titel (Filter_Slash Backslash)" sind Programmiertexte zur Bargeldlogistik. In ihnen wird unter anderem beschrieben, wie das Bargeld in den Bankfilialen eingeliefert, sortiert und neu gebündelt wird. Michael Riedel nutzt diese digitalen Texte und überträgt sie in eine ästhetische Struktur. Dabei verweist der Titel der Arbeit auf ein Muster, das sich aus der Überlagerung von Schrägstrichen (Slash) und umgekehrten Schrägstrichen (Backslash) ergibt. Auf der Tapete sind sie zu überdimensionierten hellen Farbflächen vergrößert, die die kleineren, entzifferbaren Textausschnitte immer wieder überlagern.
Das Wort "Filter" taucht in den Programmiertexten häufig auf und findet sich auch deutlich sichtbar auf den Grafiken. Der Begriff kann im beschriebenen Kontext als eine Veranschaulichung Transparenz und Intransparenz gelesen werden. Was wird gefiltert? Was kann sichtbar werden? Was sollte verschlüsselt bleiben? Diese Fragen betreffen nicht nur die Programmiertexte zu den Aufgaben der Bundesbank; sie haben eine viel umfassender Relevanz. Ganz allgemein betrifft das Spannungsverhältnis zwischen Transparenz und Intransparenz die meisten digitalen Technologien, die den Alltag und die Kommunikation prägen.