Direktinvestitionsbestände zum Jahresende 2020
Zum Jahresende 2020 sind die unmittelbaren deutschen Direktinvestitionsbestände im Ausland gegenüber dem Vorjahresultimo um 10 Mrd € auf 1.376 Mrd € gesunken. Zwar flossen durchaus neue Investitionsmittel ins Ausland, dem standen aber höhere negative Wechselkurseffekte gegenüber, die zu einer niedrigeren Bewertung der Bestände führten. Bei den zur Verfügung gestellten deutschen Mitteln dominierte Beteiligungskapital mit 84 % aller Direktinvestitionsforderungen. Kreditbeziehungen als weitere Form der Mittelbereitstellung zwischen den Investoren und den Investitionsobjekten spielten hingegen eine untergeordnete Rolle.
Bei dem Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland bietet sich ein anderes Bild. Es war ein Anstieg um 39 Mrd € auf 845 Mrd € zum Jahresende 2020 zu verbuchen. Bei den ausländischen Direktinvestitionsforderungen in Deutschland fiel die Kreditgewährung deutlich mehr ins Gewicht als bei den Forderungen hiesiger Unternehmen im Ausland: Der Anteil des Beteiligungskapitals an dem zur Verfügung gestellten Kapital betrug lediglich 58 %. In beide Investitionsrichtungen blieben die Verflechtungen mit europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten unverändert von großer Bedeutung.
Direktinvestitionen folgen meistens strategischen Überlegungen und haben deshalb lange Planungsphasen. Trotzdem sind sie nicht völlig unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen in den Zielregionen oder in einzelnen Wirtschaftszweigen. Auch die Corona-Pandemie und der Angriff Russlands auf die Ukraine beeinflussen die Direktinvestitionsentscheidungen – nicht zuletzt über die Neubewertung weltweit vernetzter Produktionsketten und der Rohstoffversorgung. Weitere wichtige Parameter sind die Abkehr von fossilen Brennstoffen und der verstärkte Fokus auf Klimaschutzprojekte. Die vollständigen Auswirkungen solcher Ereignisse und Entwicklungen schlagen sich deshalb in der Regel erst sukzessive in den Zahlen zu den Direktinvestitionen nieder.
Bestand deutscher Direktinvestitionen im Ausland
Das Gros der deutschen unmittelbaren Direktinvestitionen war zum Jahresende 2020 mit 937 Mrd € oder 68 % in ausländische Beteiligungsgesellschaften mit oder ohne Managementfunktion investiert. Diese Holdinggesellschaften sind oft zur Steuergestaltung oder zur Kapitalbündelung – teilweise über mehrere Stufen in verschiedenen Ländern – zwischengeschaltet. Erst am Ende solcher Ketten befinden sich die eigentlichen Direktinvestitionsobjekte in Form von Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen. Klassische Holdingsstandorte sind die Niederlande und Luxemburg, die mit 191 Mrd € und 186 Mrd € zusammengenommen 27 % der unmittelbaren Direktinvestitionen beherbergten.
Um das tatsächliche – finale – regionale und sektorale Anlageinteresse zu erkennen, muss durch die Beteiligungsgesellschaften „hindurch“ gesehen werden. Dies leisten die konsolidierten Daten der unmittelbaren und mittelbaren Direktinvestitionen. Sie wiesen zum Jahresende 2020 einen Bestand von 1.315 Mrd € auf. Bei dieser konsolidierten Sichtweise verringert sich der Anteil der Investitionen in den Niederlanden und Luxemburg auf zusammen 43 Mrd € oder 3 %.
Nach Wirtschaftszweigen betrachtet, entfielen auf das Verarbeitende Gewerbe 444 Mrd € oder ein Drittel der Investitionsbestände. Von den rund 8 Millionen Arbeitsplätzen, die deutsche Dependancen insgesamt im Ausland bereitstellten, trugen die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes sogar fast die Hälfte bei. Obwohl die Finanz- und Versicherungsdienstleister mit 302 Mrd € immerhin noch knapp ein Viertel der Bestände auf sich vereinten, stellten sie nur 4 % der Arbeitsplätze. Dies ist der hohen Anzahl von Beteiligungsgesellschaften ohne Managementfunktion geschuldet, die per definitionem nur wenig oder kein Personal beschäftigen. Der „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ war der dritte große Wirtschaftszweig mit einem Investitionsbestand von 223 Mrd € oder 17 % der Gesamtsumme. Insgesamt waren zum Jahresende 2020 rund 7.900 deutsche Investoren in 41.000 ausländische Unternehmen investiert – Tendenz weiter steigend.
Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland
Bei dem ausländischen Engagement in Deutschland spielten Beteiligungsgesellschaften ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch hier lag ihr Anteil zum Jahresende 2020 bei zwei Dritteln der unmittelbaren Direktinvestitionen. Bei einem Blick durch die abhängigen Holdinggesellschaften hindurch auf die finalen Investitionsziele blieb der Wirtschaftszweig „Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ mit einem Bestand von 207 Mrd € der wichtigste Sektor. An zweiter Stelle stand das Verarbeitende Gewerbe mit einem Investitionsbestand von 139 Mrd €. Mit größerem Abstand – und nur noch zweistelligen Milliardenbeträgen – folgten weitere Wirtschaftszweige, wie beispielsweise der Handel mit 60 Mrd € und der Energiesektor mit 38 Mrd €; letzterer verzeichnete mit 47 % den größten Zuwachs eines einzelnen Wirtschaftszweiges. Insgesamt waren ausländische Direktinvestoren an 17 000 deutschen Unternehmen beteiligt, die über 3 Millionen Arbeitsplätze bereitstellten.
Direktinvestitionsströme 2021 bleiben trotz Pandemie robust
Während die aus den Unternehmensbilanzen ermittelten Direktinvestitionsbestände mit einer zeitlichen Verzögerung vorliegen, liefern die Meldungen zur Zahlungsbilanz bereits Transaktionsdaten für das Jahr 2021; diese erfassen ausschließlich die unmittelbaren Direktinvestitionsbeziehungen. Für die deutschen Direktinvestitionsströme ins Ausland zeigen sie nach dem Einbruch im ersten Corona-Jahr einen Anstieg um 37 % auf 164 Mrd €. Sie befinden sich damit wieder auf dem Niveau des bisherigen Höchstwerts von 2018. Bei den aus dem Ausland nach Deutschland fließenden Direktinvestitionsströmen ist hingegen ein deutlicher Rückgang festzustellen – allerdings hatte es im Vorjahr außergewöhnlich hohe Zuflüsse gegeben.
Größere Schwankungen von Jahr zu Jahr sind nichts Ungewöhnliches. Einen besseren Eindruck, wie robust sich die Direktinvestitionsströme unter Corona-Bedingungen bisher entwickelt haben, vermittelt deshalb ein längerfristiger Vergleich der aggregierten Direktinvestitionsströme von und nach Deutschland in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP): So addierten sich die Direktinvestitionsströme in den beiden durch die Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 auf 6,8 % des deutschen BIP – und übertrafen so den Vergleichswert des davorliegenden 10-Jahres-Zeitraums um rund 1 Prozentpunkt.
Deutsche Unternehmen investieren 2021 weniger in den USA
Deutsche Unternehmen investierten 2021 erneut überwiegend in Beteiligungskapital (113 Mrd €), während der konzerninterne Kreditverkehr mit 51 Mrd € eine untergeordnete Rolle spielte. Unverändert blieb Europa die beliebteste Zielregion für deutsche Direktinvestitionen; auf sie entfiel 76 % der gesamten Mittel. In erstmals veränderter Rangordnung folgten Asien mit 13 % und dann erst der amerikanische Kontinent mit einem Anteil von nur noch 9 %. Während China und Singapur mit 6 und 9 Mrd € deutlich mehr Investitionen erhielten als in den Vorjahren, halbierten sich die deutschen Finanzströme in die USA nahezu von 21 Mrd € auf lediglich 13 Mrd €. Diese Entwicklung deckt sich mit der Beobachtung des World Investment Report 2021 der UNCTAD, dass die Corona-bedingten Einbrüche bei den Direktinvestitionen regional sehr asymmetrisch ausfallen und sie vor allem die USA und weniger die asiatischen Länder treffen.
Direktinvestitionszuflüsse nach Deutschland in 2021: Asien holt auf
Das Neuengagement ausländischer Investoren in deutsche Unternehmen halbierte sich im Vergleich zu dem außergewöhnlich hohen Vorjahreswert auf 62 Mrd €; es geht damit auf einen langjährigen Durchschnitt zurück. Hierzu hat vor allem der konzerninterne Kreditverkehr beigetragen, der von 79 Mrd € auf 25 Mrd € einbrach. Demgegenüber lagen die Zuflüsse in Beteiligungskapital mit 37 Mrd € nur leicht unter dem Vorjahreswert und sogar deutlich über dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
Bemerkenswert ist die Verschiebung bei der geografischen Aufteilung der in der Zahlungsbilanz erfassten Transaktionen nach Länder: So kamen aus Asien mit 14 Mrd € deutlich mehr Investitionsmittel als zuvor. Allein die Hälfte davon floss von Japan nach Deutschland. Hingegen zogen Investoren vom amerikanischen Kontinent sogar Mittel in Höhe von 10 Mrd € ab, nachdem sie im Vorjahr noch 42 Mrd € investiert hatten. Allein US-amerikanische und kanadische Unternehmen führten ihre Direktinvestitionen in Deutschland in Höhe von 5 Mrd € und 3 Mrd € zurück. Die europäischen Länder reduzierten zwar im Vergleich zum Vorjahr die Bereitstellung neuer Mittel, blieben jedoch unverändert die mit Abstand wichtigste Investorengruppe in deutsche Unternehmen. Innerhalb dieser Ländergruppe war die Entwicklung sehr unterschiedlich. Am einen Ende des Spektrums steht Großbritannien, dessen Investoren ihre Zuflüsse gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 23 Mrd € nahezu verdoppelten. Demgegenüber reduzierten Investoren aus dem klassischen Holding-Standort Luxemburg ihr Engagement gegenüber dem Vorjahr um rund 23 Mrd € auf 5 Mrd €.