Die deutsche Zahlungsbilanz im Mai 2022
Leistungsbilanzüberschuss stark zurückgegangen
Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im Mai 2022 einen Überschuss von 2,5 Mrd €. Das Ergebnis lag um 6,4 Mrd € unter dem Niveau des Vormonats. Zwar stieg der Aktivsaldo im Warenhandel. Im Ergebnis überwog aber der kräftige Umschwung zu einem Defizit im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, die neben Dienstleistungen auch Primär- und Sekundäreinkommen umfassen.
Im Warenhandel weitete sich der positive Saldo im Berichtsmonat um 1,9 Mrd € auf 6,2 Mrd € aus. Dies lag allerdings an der Erhöhung der Nettoausfuhren von Waren im Transithandel und den geringeren Nettoeinfuhren von Nicht-Währungsgold. Im Außenhandel nahmen die Einfuhren indes etwas stärker zu als die Ausfuhren.
Bei den „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen kehrte sich der Überschuss von 4,6 Mrd € im Vormonat im Mai in ein Defizit von 3,7 Mrd € um. Ausschlaggebend dafür war der Rückgang der Nettoeinkünfte bei den Primäreinkommen um 8,3 Mrd € auf 2,2 Mrd €, wobei höhere Dividendenzahlungen an Gebietsfremde für Wertpapierengagements die wesentliche Rolle spielten. Zudem weitete sich das Defizit in der Dienstleistungsbilanz um 1,5 Mrd € auf 2,7 Mrd € aus. Die Ausgaben expandierten stärker als die Einnahmen, insbesondere weil die Aufwendungen im Reiseverkehr wie zu dieser Jahreszeit üblich stiegen. Dagegen verringerte sich der Passivsaldo bei den Sekundäreinkommen um 1,5 Mrd € auf 3,2 Mrd €. Dazu trugen vor allem höhere Steuereinkünfte des Staates von Gebietsfremden aufgrund der gestiegenen Dividendenzahlungen aus Wertpapieranlagen bei.
Netto-Kapitalexporte im Wertpapierverkehr
Im Mai 2022 standen die Finanzmärkte wie in den Monaten zuvor unter dem Eindruck des russischen Krieges in der Ukraine und steigender Inflationsraten. Der grenzüberschreitende Wertpapierverkehr Deutschlands verzeichnete Netto-Kapitalexporte von 6,5 Mrd € (nach 11,1 Mrd € im April). Inländische Anleger nahmen per saldo ausländische Wertpapiere für 2,9 Mrd € in ihre Portfolios auf. Sie kauften ausländische Anleihen (5,5 Mrd €), Aktien (1,5 Mrd €) sowie Investmentzertfikate (0,7 Mrd €). Hingegen trennten sie sich von ausländischen Geldmarktpapieren (4,7 Mrd €). Ausländische Anleger gaben im Ergebnis inländische Wertpapiere für 3,6 Mrd € ab. Sie veräußerten Geldmarktpapiere (7,1 Mrd €) und Aktien (0,7 Mrd €). Demgegenüber erwarben sie deutsche Anleihen (3,6 Mrd €) und Investmentzertifikate (0,6 Mrd €).
Die Transaktionen mit Finanzderivaten schlossen im Mai mit Mittelabflüssen (0,5 Mrd €).
Im Bereich der Direktinvestitionen ergaben sich im Mai Netto-Kapitalexporte von 19,7 Mrd € (April: 12,8 Mrd €). Inländische Gesellschaften führten verbundenen Unternehmen im Ausland insgesamt 10,9 Mrd € an Direktinvestitionsmitteln zu. Sie stockten das Beteiligungskapital um 11,6 Mrd € auf. Bei den Krediten an verbundene Unternehmen im Ausland überwogen hingegen die Tilgungen (0,7 Mrd €). In umgekehrter Richtung reduzierten Unternehmen aus dem Ausland ihre Direktinvestitionen in Deutschland um 8,8 Mrd €. Zwar erhöhten auch sie ihr Beteiligungskapital (2,0 Mrd €). Das Volumen der an Unternehmenseinheiten in Deutschland vergebenen konzerninternen Kredite aus dem Ausland sank jedoch deutlich um 10,8 Mrd €.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, ergaben sich im Mai per saldo Netto-Kapitalimporte von 21,4 Mrd € (nach 26,8 Mrd € im April). Die monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) wiesen Netto-Kapitalimporte von 18,3 Mrd € aus. Auch Unternehmen und Privatpersonen (8,6 Mrd €) sowie der Staat (3,7 Mrd €) verzeichneten im übrigen Kapitalverkehr einen Rückgang ihrer Netto-Auslandsposition. Die Netto-Auslandsforderungen der Bundesbank erhöhten sich hingegen um 9,2 Mrd €. Ihre TARGET2-Forderungen stiegen um 24,3 Mrd €. Zugleich nahmen aber auch die Auslandsverbindlichkeiten der Bundesbank zu, da Ansässige außerhalb des Euroraums ihre Einlagen bei der Bundesbank aufstockten.
Die Währungsreserven der Bundesbank stiegen im Mai – zu Transaktionswerten gerechnet – um 0,2 Mrd €.