Die deutsche Zahlungsbilanz im Mai 2020

Leistungsbilanzüberschuss gesunken

Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im Mai 2020 einen Überschuss von 6,5 Mrd .[1] Das Ergebnis lag um 2,6 Mrd  unter dem Niveau des Vormonats. Ausschlaggebend dafür war der kräftige Umschwung zu einem Defizit im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, der Dienstleistungen sowie Primär- und Sekundäreinkommen umfasst. Dagegen stieg der Aktivsaldo im Warenhandel im Berichtsmonat in weniger starkem Umfang an.  

Der Überschuss im Warenhandel vergrößerte sich im Mai gegenüber dem Vormonat um 4,3 Mrd  auf 8,5 Mrd . Nach dem pandemiebedingten Einbruch im April belebte sich die Wirtschaftsaktivität in Deutschland und in vielen Partnerländern im Mai schrittweise und sowohl die Warenexporte als auch die Warenimporte erhöhten sich wieder. Dabei stiegen die Warenausfuhren spürbar stärker als die Wareneinfuhren.   

Dagegen ging der Saldo der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen im Mai kräftig um 6,9 Mrd  zurück und verzeichnete im Berichtsmonat ein Defizit in Höhe von 2,0 Mrd . Entschei­dend für diese Entwicklung war der Rückgang des Aktivsaldos im Bereich der Primäreinkommen um 8,1 Mrd € auf 0,4 Mrd €. Hierfür verantwortlich ist im Wesentlichen der in diesem Monat übliche Anstieg der Dividendenzahlungen für Wertpapierengagements im Bereich der Vermögenseinkom­men. Dagegen verringerte sich das Defizit der Sekundäreinkommen um 0,9 Mrd € auf 3,5 Mrd €. Dabei erhöhte sich die Einnahmenseite stärker als die Ausgabenseite, wozu insbesondere höhere Steuereinnahmen des Staates von Gebietsfremden aufgrund der erhöhten Dividendenzahlungen aus Wertpapieranlagen beitrugen. Der Überschuss in der Dienstleistungsbilanz vergrößerte sich leicht um 0,3 Mrd € auf 1,1 Mrd €. Die zu dieser Jahreszeit übliche Steigerung der Reiseverkehrs­ausgaben entfiel aufgrund der Pandemie praktisch vollständig. 

Mittelzuflüsse im Wertpapierverkehr

Im Mai 2020 kam es vor dem Hintergrund von fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie (SARS-CoV-2) zu einer Kurserholung und einer rückgehenden Volatilität an den internationalen Finanzmärkten. Diese Entwicklungen schlugen sich auch im grenzüberschreitenden Wertpapierverkehr Deutschlands nieder, der im Mai mit Netto-Mittelzuflüssen von 23,5 Mrd  (April: Netto-Kapitalexporte von 26,2 Mrd ) schloss. Ausländische Investoren erwarben per saldo deutsche Wertpapiere für 35,8 Mrd €. Sie kauften – insbesondere öffentliche – Anleihen (28,9 Mrd €) und Geldmarktpapiere (9,4 Mrd €). Hintergrund hierfür ist die hohe Mittelaufnahme der öffentlichen Hand am Primärmarkt, mit der die Corona-Hilfsmaßnahmen und Maßnahmen zur Unterstützung der Konjunktur finanziert werden. Ausländische Anleger trennten sich hingegen von hiesigen Aktien (2,0 Mrd €) und Investmentzertifikaten (0,5 Mrd €). Auch inländische Anleger fragten im Ergebnis Wertpapiere im Ausland nach (12,3 Mrd €). Dabei stießen Aktien (6,1 Mrd €), Investmentzertifikate (5,9 Mrd €) und – nahezu ausschließlich in Euro denominierte – Anleihen (4,0 Mrd €) auf ihr Interesse, während sie Geldmarktpapiere (3,7 Mrd €) veräußerten.

Im Bereich der Finanzderivate ergab sich im Mai ein Netto-Kapitalexport von 5,9 Mrd  (April: 13,7 Mrd ).

Bei den Direktinvestitionen floss im Mai Kapital von per saldo 8,6 Mrd  ab (nach Netto-Kapitalimporten von 1,9 Mrd  im April). Ausschlaggebend dafür war, dass inländische Unternehmen ihre Direktinvestitionen im Ausland um 11,3 Mrd € erhöhten. Dabei weiteten sie sowohl ihr Beteiligungskapital (7,7 Mrd €) als auch die Kredite an Niederlassungen im Ausland (3,6 Mrd €) aus. Auch ausländische Firmen bauten ihre Direktinvestitionsbestände um 2,7 Mrd € in Deutschland aus. Sie erhöhten ihre konzerninterne Kreditvergabe (1,6 Mrd €) und stockten ihr Beteiligungskapital (1,1 Mrd €) auf.

Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, kam es im Mai per saldo zu Mittelabflüssen von 22,6 Mrd  (nach Mittelzuflüssen von 25,6 Mrd  im April). Ursächlich dafür waren vor allem die Dispositionen der Unternehmen und Privatpersonen, die zu Kapitalexporten von 26,8 Mrd € führten. Weitere Kapitalabflüsse ergaben sich bei der Bundesbank (0,8 Mrd €), wobei insbesondere Ansässige außerhalb des Euro-Währungsgebiets ihre Einlagen bei der Bundesbank reduzierten. Hingegen ergaben sich bei den monetären Finanzinstituten und dem Staat Mittelzuflüsse von 3,1 Mrd € beziehungsweise 1,9 Mrd €.

Die Währungsreserven der Bundesbank sind im Mai – zu Transaktionswerten gerechnet – nahezu unverändert geblieben (0,0 Mrd ).

Fußnote:

  1. Seit Mitte März 2020 gibt es aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erhebliche Einschränkungen im öffentlichen Leben. Diese Einschränkungen haben keine erkennbar negative Auswirkung auf den Erstellungsprozess der Zahlungsbilanz und damit auf die allgemeine Qualität der Ergebnisse. Die Datengrundlagen für die Positionen „Reiseverkehr“ und „Einkommen aus Direktinvestitionen“ liegen allerdings nur sehr begrenzt vor bzw. unterliegen einer höheren Unsicherheit als normal. Es könnte daher in diesen Bereichen zukünftig zu größeren Revisionen kommen.