Die deutsche Zahlungsbilanz im Mai 2011
Leistungsbilanzüberschuss leicht abgenommen
Die deutsche Leistungsbilanz wies im Mai 2011 – gemessen an den Ursprungsdaten – einen Überschuss von 6,9 Mrd € auf. Das Ergebnis unterschritt das Niveau des Vormonats um 2,1 Mrd €. Dies lag daran, dass der deutliche Defizitanstieg im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, welcher Dienstleistungen, Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufende Übertragungen umfasst, den Zuwachs in der Handelsbilanz mehr als kompensierte.
Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes weitete sich der Aktivsaldo im Außenhandel im Mai gegenüber dem Vormonat um 3,9 Mrd € auf 14,8 Mrd € aus. Saison- und kalenderbereinigt nahm er um 0,9 Mrd € auf 12,8 Mrd € zu. Nach Einbußen im Vormonat expandierten dem Werte nach sowohl die Ausfuhren mit 4,3 % als auch die Einfuhren mit 3,7 % recht kräftig. Im April/Mai zusammengenommen lagen die nominalen Exporte saisonbereinigt um 1,9 % über dem Durchschnitt des ersten Quartals. Bei den Importen betrug das Plus 2,7 %. Preiseffekte dürften diesmal lediglich bei den Exporten in geringem Umfang eine Rolle gespielt haben.
Das Defizit der "unsichtbaren" Leistungstransaktionen vergrößerte sich im Mai erheblich auf 7,2 Mrd €, nach einem geringfügigen Fehlbetrag von 0,6 Mrd € im April. Dies ist vor allem auf einen markanten Umschwung in der Bilanz der grenzüberschreitenden Faktoreinkommen zurückzuführen, in der im Berichtsmonat ein Ausgabenüberschuss von 5,5 Mrd € zu Buche stand. Hierfür waren die im Mai üblicherweise relativ hoch ausfallenden Dividendenzahlungen an das Ausland ausschlaggebend. Dagegen verminderten sich die Fehlbeträge in der Dienstleistungsbilanz und der Bilanz der laufenden Übertragungen um 0,2 Mrd € beziehungsweise 0,6 Mrd €.
Hohe Kapitalzuflüsse im Wertpapierverkehr
Im grenzüberschreitenden Wertpapierverkehr traten im Mai bei zunehmenden Spannungen an den europäischen Rentenmärkten nennenswerte Netto-Kapitalimporte (47,9 Mrd €) auf, nachdem noch im April Kapitalexporte zu verzeichnen gewesen waren (7,3 Mrd €). Ausschlaggebend war das hohe Engagement ausländischer Portfolioinvestoren in Deutschland (57,4 Mrd €). Ihr Interesse richtete sich insbesondere auf hiesige Schuldverschreibungen (43,5 Mrd €). Dabei fragten sie Anleihen und Geldmarktpapiere im Umfang von 27,6 Mrd € bzw. 15,9 Mrd € nach. Ferner erwarben sie inländische Aktien (12,3 Mrd €). Deutsche Anleger investierten 9,6 Mrd € in Wertpapiere gebietsfremder Emittenten. Dabei kauften sie sowohl Anleihen (4,6 Mrd €) als auch Geldmarktpapiere (2,4 Mrd €). Zusätzlich fügten sie ihren Depots Aktien aus dem Ausland bei (3,3 Mrd €).
Im Bereich der Direktinvestitionen ergaben sich auch im Mai Netto-Kapitalexporte (3,4 Mrd €, nach 1,7 Mrd € im April). Zum einen ließen inländische Firmen ihren Niederlassungen im Ausland Finanzmittel zukommen (1,8 Mrd €). Dies geschah sowohl über eine Aufstockung des Beteiligungskapitals als auch über reinvestierte Gewinne (3,4 Mrd € bzw. 1,5 Mrd €). Hingegen führte der konzerninterne Kreditverkehr zu einem Abzug von Geldern von ihren Niederlassungen im Ausland (3,2 Mrd €). Zum anderen resultierten Kapitalexporte aus den Transaktionen hiesiger Niederlassungen mit ihren ausländischen Konzerngesellschaften (1,5 Mrd €). Ursächlich dafür waren in erster Linie Dividendenausschüttungen und konzerninterne Kredite.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der sowohl Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen) als auch Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, traten im Mai Netto-Kapitalexporte in Höhe von 51,7 Mrd € auf. Davon entfielen 17,6 Mrd € auf die Nicht-Banken. Ausschlaggebend hierbei waren die Dispositionen der Unternehmen und Privatpersonen (17,0 Mrd €). Einerseits erhöhten sie ihre Bankeinlagen im Ausland, andererseits vergaben sie zusätzliche Finanzkredite. Der Staat transferierte dagegen nur in geringem Ausmaß Mittel ins Ausland (0,6 Mrd €). Weitere 34,1 Mrd € flossen jedoch durch das Bankensystem ins Ausland ab. Davon waren 19,1 Mrd € den Kreditinstituten zuzurechnen, die in erster Linie kurzfristige Verbindlichkeiten im Ausland tilgten. Die verbleibenden 15,0 Mrd € entfielen auf die Bundesbank; sie waren größtenteils einem Forderungsaufbau im Rahmen des Großbetragszahlungsverkehrssystems TARGET2 zuzuschreiben.
Die Währungsreserven der Bundesbank sind im Mai – zu Transaktionswerten gerechnet – nahezu unverändert geblieben.