Die deutsche Zahlungsbilanz im Juni 2022
Leistungsbilanz wieder mit deutlichem Überschuss
Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im Juni 2022 einen Überschuss von 16,2 Mrd €. Damit war das Ergebnis, nach dem geringfügigen Defizit von 0,4 Mrd € im Vormonat, wieder deutlich positiv. Dahinter stand vor allem der kräftige Umschwung im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, die neben Dienstleistungen auch Primär- und Sekundäreinkommen umfassen. Hinzu kam ein höherer Aktivsaldo im Warenhandel.
Im Warenhandel weitete sich der positive Saldo im Berichtsmonat um 4,8 Mrd € auf 13,9 Mrd € aus, da die Einnahmen stiegen und die Ausgaben sanken.
Bei den „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen schlug das Defizit von 9,5 Mrd € im Vormonat im Juni in einen Überschuss um und belief sich auf 2,3 Mrd €. Den Ausschlag dafür gab, dass es bei den Primäreinkommen nach den Nettoaufwendungen im Mai zu Nettoeinkünften von 11,5 Mrd € kam. Dies hing insbesondere mit der Gegenbewegung bei den Dividendenzahlungen an Gebietsfremde für Wertpapierengagements zusammen, die sich im Vormonat, wie im Mai üblich, erheblich erhöht hatten. Die damit verbundenen, rückläufigen Steuerzahlungen von Gebietsfremden drückten die Einkünfte des Staates aus laufenden Steuern auf Einkommen und Vermögen. Dies trug maßgeblich zur Ausweitung des Defizits bei den Sekundäreinkommen um 4,8 Mrd € auf 5,9 Mrd € bei. Zudem vergrößerte sich der Passivsaldo in der Dienstleistungsbilanz um 0,8 Mrd € auf 3,4 Mrd €. Die Aufwendungen stiegen kräftiger als die Einkünfte; ausschlaggebend dafür war die zu dieser Jahreszeit übliche Zunahme der Reiseverkehrsausgaben.
Netto-Kapitalexporte im Wertpapierverkehr
Im Juni 2022 standen die Finanzmärkte im Zeichen steigender Inflationszahlen und gewachsener Konjunktursorgen. Der grenzüberschreitende Wertpapierverkehr Deutschlands verzeichnete Netto-Kapitalexporte von 1,8 Mrd € (nach 4,2 Mrd € im Mai). Inländische Anleger nahmen per saldo ausländische Wertpapiere für 6,9 Mrd € in ihre Portfolios auf. Sie kauften per saldo ausschließlich ausländische Anleihen (10,5 Mrd €). Dagegen trennten sie sich von Aktien (2,2 Mrd €) und Investmentzertifikaten (1,5 Mrd €). Ausländische Anleger erwarben im Ergebnis inländische Wertpapiere für 5,1 Mrd €. Sie kauften deutsche Geldmarktpapiere (7,5 Mrd €) und Investmentzertifikate (0,5 Mrd €). Demgegenüber veräußerten sie deutsche Aktien (1,6 Mrd €) und Anleihen (1,3 Mrd €).
Die Transaktionen mit Finanzderivaten schlossen im Juni mit Mittelabflüssen (7,4 Mrd €).
Im Bereich der Direktinvestitionen ergaben sich im Juni Netto-Kapitalexporte von 8,5 Mrd € (Mai: 16,8 Mrd €). Inländische Gesellschaften führten verbundenen Unternehmen im Ausland insgesamt 16,3 Mrd € an Direktinvestitionsmitteln zu. Sie stockten das Beteiligungskapital um 9,8 Mrd € auf. Außerdem vergaben sie zusätzliche Kredite an verbundene Unternehmen im Ausland (6,5 Mrd €). Hierbei spielten Handelskredite eine wichtige Rolle. In umgekehrter Richtung erhöhten Unternehmen aus dem Ausland ihre Direktinvestitionen in Deutschland um 7,7 Mrd €. Sie stockten ihr Beteiligungskapital um 2,1 Mrd € auf. Das Volumen der an Unternehmenseinheiten in Deutschland vergebenen, konzerninternen Kredite aus dem Ausland stieg ebenfalls (5,7 Mrd €). Hierbei vergaben Unternehmen aus dem Ausland hauptsächlich Handelskredite.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, ergaben sich im Juni per saldo Netto-Kapitalexporte von 27,7 Mrd € (nach Netto-Kapitalimporten von 21,1 Mrd € im Mai). Die monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) wiesen Netto-Kapitalexporte von 2,1 Mrd € aus. Dagegen verzeichneten Unternehmen und Privatpersonen (8,1 Mrd €) sowie der Staat (4,7 Mrd €) Mittelzuflüsse im übrigen Kapitalverkehr. Die Netto-Auslandsforderungen der Bundesbank erhöhten sich um 38,4 Mrd €. Ihre TARGET2-Forderungen stiegen um 56,8 Mrd €. Zugleich nahmen aber auch die Auslandsverbindlichkeiten der Bundesbank zu, da Ansässige außerhalb des Euroraums ihre Einlagen bei der Bundesbank aufstockten.
Die Währungsreserven der Bundesbank stiegen im Juni – zu Transaktionswerten gerechnet – um 0,4 Mrd €.