Die deutsche Zahlungsbilanz im Juni 2012
Leistungsbilanzüberschuss kräftig gestiegen
Die deutsche Leistungsbilanz wies im Juni 2012 – gemessen an den Ursprungsdaten – einen Überschuss von 16,5 Mrd € auf. Das Ergebnis lag um 8,4 Mrd € über dem Niveau des Vormonats. Dahinter standen ein höherer Aktivsaldo in der Handelsbilanz und insbesondere ein Umschwung zu einem Überschuss im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, welche Dienstleistungen, Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufende Übertragungen umfassen.
Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes erhöhte sich der Überschuss im Außenhandel im Juni gegenüber dem Vormonat um 2,3 Mrd € auf 17,9 Mrd €. Saison- und kalenderbereinigt nahm er um 0,9 Mrd € auf 16,2 Mrd € zu. Dies lag daran, dass dem Rückgang der wertmäßigen Ausfuhren um 1,5 % eine kräftige Verminderung der Einfuhren um 3 % gegenüberstand. Zur einnahmen- und ausgabenseitigen Abwärtsbewegung haben Preiseffekte beigetragen, wobei der Einfluss auf die Importe aber weitaus stärker war als auf die Exporte.
Die „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen verzeichneten im Juni einen Überschuss von 1,3 Mrd €, nach einem Defizit von 3,4 Mrd € im Mai. Ausschlaggebend dafür war eine Verbesserung in der Bilanz der grenzüberschreitenden Faktoreinkommen. Per saldo ergab sich im Berichtsmonat ein Plus von 4,7 Mrd €, nach einem Minus von 0,7 Mrd € in der Vorperiode. Dies hing vor allem mit dem Rückgang der Dividendenzahlungen an das Ausland zusammen, die in den beiden Vormonaten stark zugenommen hatten. Demgegenüber weitete sich der Fehlbetrag in der Bilanz der laufenden Übertragungen um 0,7 Mrd € aus, während der Passivsaldo in der Dienstleistungsbilanz mit 1,0 Mrd € weitgehend unverändert blieb.
Netto-Kapitalimporte im Wertpapierverkehr
Der grenzüberschreitende Wertpapierverkehr verzeichnete im Juni Netto-Kapitalimporte (5,8 Mrd €), nach Kapitalzuflüssen in Höhe von 32,1 Mrd € im Monat zuvor. Ausschlaggebend für den Rückgang war, dass Gebietsfremde ihre Wertpapierkäufe in Deutschland reduziert haben (1,4 Mrd €, gegenüber 43,2 Mrd €). Maßgeblichen Anteil daran hatte, dass ausländische Investoren sich von hiesigen Schuldverschreibungen trennten (8,7 Mrd €). Ihr Bestand an Anleihen ging um 12,1 Mrd € zurück, wobei in diesem Zusammenhang erhebliche Tilgungen deutscher Papiere eine Rolle gespielt haben dürften. Dem gegenüber erwarben gebietsfremde Anleger deutsche Dividendentitel im Vergleich zum Mai in praktisch unverändertem Umfang (10,6 Mrd €). Hiesige Portfolioinvestoren wechselten von der Käufer- (11,1 Mrd €) auf die Verkäuferseite (4,4 Mrd €). Dieser Umschwung spiegelt sich vorwiegend im Verkauf ausländischer Schuldverschreibungen wider (4,8 Mrd €), wobei Kurzläufer die Verkäufe dominierten (2,9 Mrd €). Dagegen erwarben Inländer ausländische Aktien für 1,3 Mrd €.
Im Bereich der Direktinvestitionen kam es im Juni, anders als im Wertpapierverkehr, erneut zu Kapitalabflüssen (1,0 Mrd €, nach zuletzt 1,8 Mrd €). Maßgeblich hierfür war, dass hiesige Firmen ihre Auslandsinvestitionen um 3,1 Mrd € erhöhten. Neben konzerninternen Krediten (1,9 Mrd €) stellten sie ihren Niederlassungen im Ausland Mittel in Form von reinvestierten Gewinnen (0,9 Mrd €) und Beteiligungskapital (0,3 Mrd €) zur Verfügung. Gebietsfremde Eigner erhöhten ihre Direktinvestitionen in Deutschland um 2,1 Mrd €, vor allem über kurzfristige Finanzkredite.
Der übrige statistisch erfasste Kapitalverkehr, der sowohl Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen) als auch Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, verzeichnete im Juni Netto-Kapitalexporte in Höhe von 24,8 Mrd €. Bei den Nichtbanken kam es zu Kapitalabflüssen in Höhe von 18,0 Mrd €, wobei 13,5 Mrd € auf die Dispositionen von Unternehmen und Privatpersonen und 4,5 Mrd € auf die Transaktionen des Staates entfielen. Das Bankensystem verbuchte ebenfalls Mittelabflüsse (6,8 Mrd €). Dabei ergaben sich bei den Kreditinstituten Kapitalexporte in Höhe von 7,7 Mrd €, wohingegen bei der Bundesbank in geringem Umfang Mittel aufkamen (0,9 Mrd €). Während einerseits die Forderungen gegenüber der EZB im Rahmen von TARGET2 gestiegen sind (30,0 Mrd €), erhöhten sich andererseits die grenzüberschreitenden kurzfristigen Verbindlichkeiten der Bundesbank (30,9 Mrd €), unter anderem durch erneut hohe Einlagen von Notenbanken außerhalb des Euro-Raums.
Die Währungsreserven der Bundesbank blieben im Juni – zu Transaktionswerten gerechnet – unverändert.