Die deutsche Zahlungsbilanz im Juni 2010
Leistungsbilanzüberschuss stark gestiegen
Die deutsche Leistungsbilanz wies im Juni 2010 – gemessen an den Ursprungsdaten – einen Überschuss von 12,9 Mrd € auf. Das Ergebnis lag damit um 11,1 Mrd € über dem Niveau des Vormonats. Dahinter standen sowohl ein höherer Aktivsaldo in der Handelsbilanz als auch ein geringeres Defizit im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, welche Dienstleistungen, Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufende Übertragungen umfassen.
Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes weitete sich der Aktivsaldo im Außenhandel im Juni gegenüber dem Vormonat um 4,3 Mrd € auf 14,1 Mrd € aus. Saison- und kalenderbereinigt nahm er um 1,7 Mrd € auf 12,3 Mrd € zu. Dabei stiegen die wertmäßigen Ausfuhren stärker (+3,8 %) als die Einfuhren (+1,9 %). Im zweiten Quartal 2010 insgesamt lagen die nominalen Exporte saisonbereinigt um 9,4 % über dem Vorquartalsniveau. Die Importe wuchsen in diesem Zeitraum sogar um 10,5 %, wobei etwa ein Drittel des Anstiegs auf höhere Einfuhrpreise, vor allem für Energie und andere Rohstoffe, zurückzuführen war.
Der negative Saldo bei den „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen sank im Juni von 6,7 Mrd € auf 0,3 Mrd €. Ausschlaggebend dafür war der Umschwung in der Bilanz der grenzüberschreitenden Faktoreinkommen von einem Defizit von 3,5 Mrd € im Vormonat zu einem Überschuss von 3,3 Mrd €. Dies hing vor allem mit dem Rückgang der Dividendenzahlungen an das Ausland zusammen, die in den beiden Vormonaten stark zugenommen hatten. Zudem verminderte sich der Passivsaldo in der Dienstleistungsbilanz um 0,6 Mrd € auf 1,1 Mrd €. Demgegenüber stieg der Fehlbetrag bei den laufenden Übertragungen um 1,0 Mrd € auf 2,5 Mrd €.
Umschwung im Wertpapierverkehr
Im grenzüberschreitenden Wertpapierverkehr kam es zu einem Umschwung. Auf Netto-Kapitalimporte im Mai (30,6 Mrd €) folgten im Juni Netto-Kapitalexporte (24,3 Mrd €). Ausschlaggebend war, dass sich ausländische Investoren von deutschen Papieren trennten (18,2 Mrd €), nachdem sie im Monat zuvor diese krisenbedingt noch stark nachgefragt hatten (31,0 Mrd €). Dabei veräußerten sie in erster Linie Schuldverschreibungen (29,3 Mrd €). Davon entfielen 16,3 Mrd € auf Geldmarktpapiere und 13,1 Mrd € auf private und öffentliche Anleihen. Den Veräußerungen standen zum Teil Aktienkäufe gegenüber (13,1 Mrd €). Hiesige Anleger erwarben für 6,1 Mrd € ausländische Wertpapiere. Dabei fielen in erster Linie ihre Käufe von Aktien (5,0 Mrd €) und Investmentzertifikaten (2,6 Mrd €) ins Gewicht. Hingegen lösten sie sich in geringem Umfang von gebietsfremden Schuldverschreibungen.
Auch im Bereich der Direktinvestitionen traten per saldo Kapitalabflüsse auf (15,3 Mrd €). Dafür zeichnete das Engagement hiesiger Firmen im Ausland verantwortlich (16,9 Mrd €). So transferierten sie über konzerninterne Kredite 13,5 Mrd € an ihre im Ausland angesiedelten Niederlassungen. Ferner stockten sie ihr Beteiligungskapital im Ausland auf (2,7 Mrd €). Ausländische Eigner ließen ebenfalls – allerdings in einem geringeren Umfang – ihren Niederlassungen in Deutschland Mittel zukommen (1,6 Mrd €). Dies geschah vorrangig über Kredite und reinvestierte Gewinne.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der sowohl Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen) als auch Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, ergaben sich im Juni Netto-Kapitalzuflüsse (43,6 Mrd €). Davon waren den Nichtbanken 11,5 Mrd € zuzuschreiben. In erster Linie traten die Kapitalimporte bei den Unternehmen und Privatpersonen auf (7,6 Mrd €), die vor allem Bankguthaben abbauten und zudem kurzfristige Kredite im Ausland aufnahmen. Ferner flossen auch den öffentlichen Stellen Mittel zu (3,9 Mrd €), wobei sie ebenfalls ihre kurzfristigen Bankguthaben jenseits der Landesgrenze reduzierten. Auch im Bankensektor kamen im Juni Gelder auf (32,1 Mrd €). Die Kreditinstitute zeichneten dabei für 27,9 Mrd € verantwortlich. Maßgeblich war, dass sie ihre kurzfristigen Forderungen im Ausland zurückführten. Die Netto-Auslandsposition der Bundesbank sank transaktionsbedingt um 4,2 Mrd €, wobei dies größtenteils im Rahmen eines Forderungsabbaus im Großbetragzahlungsverkehrssystem TARGET2 geschah.
Die Währungsreserven der Bundesbank sind im Juni – zu Transaktionswerten gerechnet – nahezu unverändert geblieben.