Die deutsche Zahlungsbilanz im Juli 2022

Leistungsbilanzüberschuss stark zurückgegangen

Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im Juli 2022 einen Überschuss von 5,0 Mrd €. Das Ergebnis lag um 9,3 Mrd € unter dem Niveau des Vormonats. Dahinter stand vor allem der Umschwung zu einem Defizit im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, die neben Dienstleistungen auch Primär- und Sekundäreinkommen umfassen. Hinzu kam ein geringerer Aktivsaldo im Warenhandel.

Im Warenhandel verminderte sich der positive Saldo im Berichtsmonat um 3,1 Mrd € auf 8,3 Mrd €, da die Einnahmen stärker sanken als die Ausgaben.

Bei den „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen kehrte sich der Überschuss von 2,9 Mrd € im Vormonat im Juli in ein Defizit von 3,3 Mrd €. Wesentlich dafür war die Ausweitung des Passivsaldos in der Dienstleistungsbilanz um 3,9 Mrd € auf 7,4 Mrd €. Dabei trugen zu den insgesamt geringeren Einnahmen die Bereiche Telekommunikations-, EDV- und Informationsdienste sowie sonstige unternehmensbezogene Dienstleistungen erheblich bei. Zudem stiegen die Ausgaben, auch wegen höherer Aufwendungen für Transportleistungen und Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum. Darüber hinaus verminderten sich die Nettoeinkünfte bei den Primäreinkommen um 1,3 Mrd € auf 10,7 Mrd €. Zwar sanken die Aufwendungen, stärker gingen jedoch die Einnahmen zurück. Eine Rolle spielten dabei geringere Zahlungen an Gebietsansässige von Dividenden für Wertpapieranlagen und Erträgen aus Investmentfondsanteilen sowie aus Direktinvestitionsengagements. Das Defizit bei den Sekundäreinkommen vergrößerte sich um 1,1 Mrd € auf 6,7 Mrd €. Auch hier gaben im Vergleich zum Vormonat vor allem die Zahlungen aus dem Ausland nach, im Wesentlichen die staatlichen Einnahmen aus laufenden Steuern auf Einkommen und Vermögen.

Netto-Kapitalimporte im Wertpapierverkehr

Im Juli 2022 waren die Finanzmärkte von hohen Inflationsraten bei zugleich eingetrübten Konjunkturaussichten geprägt. Der grenzüberschreitende Wertpapierverkehr Deutschlands verzeichnete Netto-Kapitalimporte von 1,9 Mrd € (nach Netto-Kapitalexporten von 2,0 Mrd € im Juni). Inländische Anleger veräußerten per saldo ausländische Wertpapiere für 16,5 Mrd €. Sie trennten sich im Ergebnis von Titeln aller Anlagekategorien, namentlich Anleihen (9,3 Mrd €), Aktien (4,0 Mrd €), Geldmarktpapieren (1,6 Mrd €) und Investmentzertifikaten (1,5 Mrd €). Ausländische Anleger reduzierten ihrerseits ihre Bestände an deutschen Wertpapieren (14,6 Mrd €). Auch hier waren alle Anlagekategorien betroffen. Im Einzelnen veräußerten Gebietsfremde deutsche Geldmarktpapiere (5,8 Mrd €), Anleihen (5,2 Mrd €), Aktien und Investmentzertifikate (jeweils 1,8 Mrd €).

Die Transaktionen mit Finanzderivaten schlossen im Juli mit Mittelabflüssen (3,4 Mrd €).

Im Bereich der Direktinvestitionen ergaben sich im Juli Netto-Kapitalexporte von 13,8 Mrd € (Juni: 11,2 Mrd €). Ausschlaggebend war, dass ausländische Gesellschaften ihr Engagement in Deutschland um 14,1 Mrd € reduzierten. Sie senkten ihr Beteiligungskapital um 2,2 Mrd €. Darüber hinaus verminderten sie das Volumen der an Unternehmenseinheiten in Deutschland vergebenen, konzerninternen Kredite um 11,9 Mrd €. In umgekehrter Richtung zogen deutsche Unternehmen 0,3 Mrd € an Direktinvestitionsmitteln aus dem Ausland ab. Zwar erhöhten sie ihr Beteiligungskapital um 4,5 Mrd €, doch überwogen bei den konzernintern vergebenen Krediten die Tilgungen (4,9 Mrd €).

Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, ergaben sich im Juli per saldo Netto-Kapitalimporte von 35,8 Mrd € (nach Netto-Kapitalexporten von 29,8 Mrd € im Juni). Die Netto-Auslandsforderungen der Bundesbank verringerten sich um 36,6 Mrd €. Dieser Rückgang war wesentlich auf die gesunkenen TARGET2-Forderungen zurückzuführen (50,4 Mrd €). Zugleich nahmen aber auch die Auslandsverbindlichkeiten der Bundesbank ab, da Ansässige aus anderen Ländern des Euroraums Einlagen bei der Bundesbank abzogen und auch die Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems zurückgingen. Die monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) wiesen Netto-Kapitalexporte von 6,5 Mrd € aus. Auch der Staat verzeichnete Mittelabflüsse (0,8 Mrd €). Dagegen führten die Transaktionen von Unternehmen und Privatpersonen im Ergebnis zu Kapitalimporten von 6,6 Mrd €.

Die Währungsreserven der Bundesbank sanken im Juli – zu Transaktionswerten gerechnet – um 0,5 Mrd €.