Die deutsche Zahlungsbilanz im Januar 2022
Leistungsbilanzüberschuss erheblich gesunken
Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im Januar 2022 einen Überschuss von 11,0 Mrd €. Das Ergebnis lag um 13,6 Mrd € unter dem Niveau des Vormonats. Der Aktivsaldo im Warenhandel gab deutlich nach. Noch stärker verringerte sich der Überschuss im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, die neben Dienstleistungen auch Primär- und Sekundäreinkommen umfassen.
Im Warenhandel sank der positive Saldo im Berichtsmonat gegenüber Dezember 2021 um 4,3 Mrd € auf 4,5 Mrd €, da sich die Einnahmen kräftiger verminderten als die Ausgaben.
Bei den „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen ging der Überschuss im Januar 2022 um 9,3 Mrd € auf 6,5 Mrd € zurück. Dahinter stehen Saldenrückgänge in allen drei Teilbilanzen. In der Dienstleistungsbilanz kehrte sich der Aktivsaldo in Höhe von 1,5 Mrd € im Dezember 2021 in ein Defizit in Höhe von 0,3 Mrd € im Berichtsmonat um. Die Einnahmen verringerten sich kräftiger als die Ausgaben, insbesondere bei den Gebühren für die Nutzung geistigen Eigentums, bei sonstigen unternehmensbezogenen Dienste und bei EDV-Dienstleistungen. Die Nettoeinkünfte bei den Primäreinkommen sanken um 5,3 Mrd € auf 12,8 Mrd €. Vor allem die Einnahmenseite ging zurück, nachdem im Dezember 2021 die EU-Agrarsubventionen an Deutschland ausgezahlt worden waren. Zudem erhöhte sich das Defizit bei den Sekundäreinkommen um 2,2 Mrd € auf 6,1 Mrd €, insbesondere durch geringere Einnahmen des Staates aus laufenden Steuern auf Einkommen und Vermögen Gebietsfremder.
Mittelabflüsse im Wertpapierverkehr
Im Januar 2022 prägten steigende Renditen das Geschehen an den internationalen Finanzmärkten. Sie standen in Zusammenhang mit anhaltend hohen Inflationsraten und der Erwartung, dass die großen Zentralbanken weitere Schritte hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik einleiten würden. Der grenzüberschreitende Wertpapierverkehr Deutschlands verzeichnete Netto-Kapitalexporte von 27,2 Mrd € (nach 34,0 Mrd € im Dezember 2021). Inländische Anleger nahmen per saldo für 33,4 Mrd € ausländische Wertpapiere in ihre Portfolios auf. Sie kauften Anleihen (19,5 Mrd €), Investmentzertifikate (6,5 Mrd €), Aktien (4,9 Mrd €) und Geldmarktpapiere (2,5 Mrd €). Ausländische Anleger engagierten sich im Ergebnis für 6,1 Mrd € in deutschen Wertpapieren. Sie erwarben Anleihen (13,8 Mrd €) und Investmentzertifikate (0,6 Mrd €), trennten sich aber von Geldmarktpapieren (4,7 Mrd €) und Aktien (3,6 Mrd €).
Der Saldo der Finanzderivate schloss im Januar mit Mittelabflüssen (12,5 Mrd €). Diese standen im Zusammenhang mit der Emission strukturierter Wertpapiere in Deutschland.
Im Bereich der Direktinvestitionen ergaben sich im Januar Netto-Kapitalimporte von 3,8 Mrd € (Dezember: Netto-Kapitalexporte von 6,7 Mrd €). Ausländische Gesellschaften führten verbundenen Unternehmen in Deutschland im Ergebnis 30,7 Mrd € an Direktinvestitionsmitteln zu. Sie stockten ihr Beteiligungskapital an hiesigen Gesellschaften um 2,4 Mrd € auf und gewährten konzernintern Kredite von 28,4 Mrd €. In umgekehrter Richtung erhöhten inländische Unternehmen ihre Direktinvestitionen im Ausland um 27,0 Mrd €. Sie stellten ausländischen Niederlassungen für 10,5 Mrd € zusätzliches Beteiligungskapital zur Verfügung; wovon etwas mehr als die Hälfte auf reinvestierte Gewinne entfiel. Darüber hinaus vergaben sie konzerninterne Kredite über 16,5 Mrd €.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, ergaben sich im Januar per saldo Kapitalexporte von 27,7 Mrd € (nach Netto-Kapitalimporten von 24,9 Mrd € im Dezember). Die Nettoforderungen der Bundesbank stiegen um 89,4 Mrd €. Zwar gingen ihre TARGET2-Forderungen um 110,8 Mrd € zurück; noch stärker sanken aber ihre Verbindlichkeiten aus Einlagen von Ansässigen außerhalb des Euroraums. Die monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) wiesen Netto-Kapitalimporte von 98,3 Mrd € aus. Derartige, großvolumige Transaktionen mit dem Ausland zu Jahresbeginn sind nicht ungewöhnlich; sie stellen das Spiegelbild zu gegenläufigen Geschäften zum Jahresultimo dar. Die Dispositionen der Unternehmen und Privatpersonen (30,3 Mrd €) und des Staates (6,2 Mrd €) führten per saldo zu Mittelabflüssen ins Ausland.
Die Währungsreserven der Bundesbank stiegen im Januar – zu Transaktionswerten gerechnet – geringfügig um 0,3 Mrd €.