Die deutsche Zahlungsbilanz im April 2020
Leistungsbilanzüberschuss massiv vermindert
Die deutsche Leistungsbilanz verzeichnete im April 2020 einen Überschuss von 7,7 Mrd €.[1] Das Ergebnis lag um 17,9 Mrd € unter dem Niveau des Vormonats. Wesentlich dafür war der außerordentlich starke Rückgang des Aktivsaldos im Warenhandel. Hinzu kam ein geringerer Aktivsaldo im Bereich der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen, der Dienstleistungen sowie Primär- und Sekundäreinkommen umfasst.
Der Überschuss im Warenhandel schrumpfte im Berichtsmonat gegenüber dem Vormonat um 16,2 Mrd € auf 2,8 Mrd €. Sowohl die Warenausfuhren als auch die Wareneinfuhren sanken aufgrund des Einbruchs der Wirtschaftsaktivität in fast allen Partnerländern und in Deutschland im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Pandemieeindämmung massiv; dabei gingen die Warenausfuhren erheblich stärker zurück als die Wareneinfuhren.
Der Aktivsaldo der „unsichtbaren“ Leistungstransaktionen gab im April um 1,7 Mrd € auf 4,9 Mrd € nach. Maßgeblich dafür war die Ausweitung des Defizits bei den Sekundäreinkommen um 1,6 Mrd € auf 4,3 Mrd €. Dazu trugen insbesondere rückläufige Einnahmen des Staates aus laufenden Steuern auf Einkommen und Vermögen sowie höhere staatliche Zahlungen an den EU-Haushalt, die in Verbindung mit auf das Bruttonationaleinkommen bezogenen Finanzierungs-leistungen standen, bei. Zudem sanken die Nettoeinnahmen bei den Primäreinkommen leicht um 0,5 Mrd € auf 8,9 Mrd €. Indes schlug das Defizit in der Dienstleistungsbilanz im März in Höhe von 0,1 Mrd € in einen kleinen Überschuss von 0,3 Mrd € um. Beide Bilanzseiten verminderten sich dabei kräftig; sowohl auf der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite spielte dabei vor allem die rückläufige Aktivität bei den sonstigen unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie, auch im Zuge der Maßnahmen zur Pandemieeindämmung, dem Reiseverkehr und den Transportleistungen eine Rolle.
Mittelabflüsse im Wertpapierverkehr
Im April 2020 kam es nach der außerordentlich hohen Unsicherheit über die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Coronavirus-Pandemie (SARS-CoV-2) im Monat davor zu Kurserholungen an den internationalen Finanzmärkten. Ausschlaggebend waren umfangreiche geld- und fiskalpolitische Stabilisierungsmaßnahmen. Die Entspannung zeigte sich auch im grenzüberschreitenden Wertpapierverkehr Deutschlands. Im Ergebnis kam es im April zu Mittelabflüssen von 21,6 Mrd € (März: Netto-Kapitalimporte von 34,9 Mrd €). Inländische Investoren nahmen im Ergebnis Wertpapiere aus dem Ausland für 15,2 Mrd € in ihre Portfolios auf. Sie kauften Aktien (5,8 Mrd €), Investmentzertifikate (5,8 Mrd €), Anleihen (2,3 Mrd €) und Geldmarktpapiere (1,2 Mrd €). Ausländische Investoren trennten sich umgekehrt per saldo von deutschen Wertpapieren für 6,5 Mrd €. Sie gaben Anleihen (8,2 Mrd €) und Aktien (6 Mrd €) ab. Hingegen kauften sie Geldmarktpapiere (7,7 Mrd €) und in geringem Umfang auch Investment-zertifikate (0,1 Mrd €).
Bei den Finanzderivaten ergab sich im April erneut ein vergleichsweise hoher Netto-Kapitalexport von 14,6 Mrd € (März: 25,2 Mrd €).
Im Bereich der Direktinvestitionen kam es im April zu geringen Netto-Kapitalimporten von 0,2 Mrd € (nach Netto-Kapitalexporten von 8,2 Mrd € im März). Inländische Unternehmen reduzierten ihre Direktinvestitionsbestände im Ausland um 11,2 Mrd €. Ausschlaggebend dafür war eine Verringerung der im konzerninternen Kreditverkehr bereitgestellten Mittel (23,8 Mrd €), insbesondere von Handelskrediten. Demgegenüber stockten Gebietsansässige ihr Beteiligungskapital im Ausland um 12,6 Mrd € auf. Ausländische Unternehmen reduzierten ihre Direktinvestitionen in Deutschland um 10,9 Mrd €. Sie verringerten ebenfalls die konzernintern vergebenen Kredite (12,2 Mrd €), wobei auch hier die Handelskredite im Vordergrund standen. Hingegen erhöhten sie ihr Beteiligungskapital um 1,3 Mrd €.
Im übrigen statistisch erfassten Kapitalverkehr, der Finanz- und Handelskredite (soweit diese nicht zu den Direktinvestitionen zählen), Bankguthaben und sonstige Anlagen umfasst, kam es im April per saldo zu Mittelzuflüssen von 28,1 Mrd € (nach Mittelabflüssen von 26,6 Mrd € im März). Verantwortlich für den Umschwung waren vornehmlich Transaktionen, die über die Konten der Bundesbank abgewickelt wurden (16,7 Mrd €) und die sich in einem Rückgang der TARGET2-Forderungen um 16,3 Mrd € niederschlugen. Auch die Dispositionen der Unternehmen und Privatpersonen führten im Ergebnis zu Mittelzuflüssen (15,5 Mrd €). Demgegenüber stiegen die Nettoforderungen des Staates (2,5 Mrd €) sowie der Monetären Finanzinstitute (ohne Bundesbank) gegenüber dem Ausland (1,6 Mrd €) leicht an.
Die Währungsreserven der Bundesbank nahmen im April – zu Transaktionswerten gerechnet – um 0,9 Mrd € zu.
Fußnote:
- Seit Mitte März 2020 gibt es aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erhebliche Einschränkungen im öffentlichen Leben. Diese Einschränkungen haben keine erkennbar negative Auswirkung auf den Erstellungsprozess der Zahlungsbilanz und damit auf die allgemeine Qualität der Ergebnisse. Die Datengrundlagen für die Positionen „Reiseverkehr“ und „Einkommen aus Direktinvestitionen“ liegen allerdings nur sehr begrenzt vor bzw. unterliegen einer höheren Unsicherheit als normal. Es könnte daher in diesen Bereichen zukünftig zu größeren Revisionen kommen.