Bundesbank-Projektionen: Deutsche Wirtschaft erholt sich nur mühsam – Nagel: „Noch keine Entwarnung bei der Inflation“

Den aktuellen Projektionen der Deutschen Bundesbank zufolge erholt sich die deutsche Wirtschaft nur mühsam von den Krisen der vergangenen drei Jahre. Die deutsche Wirtschaft ringt vor allem noch mit den Folgen der hohen Inflation. Diese schmälert die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger, erläuterte Bundesbankpräsident Joachim Nagel die Vorausschätzungen seiner Institution. Im laufenden Jahr fasse die wirtschaftliche Entwicklung zwar langsam Tritt, aber aufgrund des Rückgangs im vergangenen Winterhalbjahr schrumpfe das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent. In den beiden Folgejahren werde es dagegen mit der Wirtschaft wieder aufwärtsgehen.

Bei der Inflation sehen wir zwar einen erfreulichen Rückgang, aber noch längst keine Entwarnung, sagte Nagel. Wenngleich die Teuerung vor allem von Energie rasch nachlasse, erweise sich die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel (Kernrate) als hartnäckig hoch. Insgesamt gehe die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate von 8,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 6 Prozent im laufenden Jahr zurück. In den kommenden beiden Jahren wird sie laut Bundesbank 3,1 Prozent beziehungsweise 2,7 Prozent betragen.

Wie der Bundesbankpräsident ausführte, kommen in nächster Zeit die nachlassende Inflation, kräftig steigende Löhne und ein robuster Arbeitsmarkt zusammen. Daher steige die Kaufkraft der privaten Haushalte nach und nach und sie könnten mehr konsumieren. Allerdings habe die straffere Geldpolitik zu höheren Finanzierungskosten geführt, was die privaten Investitionen besonders im Wohnungsbau dämpfe. Zudem käme von dem stärkeren Euro und der hohen Lohndynamik Gegenwind für die Exporteure. Dank einer steigenden Auslandsnachfrage legten die Exporte dennoch moderat zu. Der reale Staatskonsum gehe im laufenden Jahr aufgrund auslaufender pandemiebezogener Ausgaben stark zurück und lege dann wieder deutlich zu. Alles in allem erwarten wir in den Jahren 2024 und 2025 ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent beziehungsweise 1,3 Prozent, sagte Nagel.

Der Bundesbankpräsident warnte, dass sich die hohe Teuerung stärker verfestigen könnte, falls die Löhne und die Unternehmensgewinne noch kräftiger stiegen. Eine solche Überwälzung sei in einem Umfeld einer hohen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage möglich. Entschiedenes geldpolitisches Handeln ist wichtig, um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Risiken einer dauerhafteren Inflation entgegenzuwirken, so Bundesbankpräsident Nagel.

Die gesamtstaatliche Defizitquote sinkt den Bundesbank-Fachleuten zufolge im Jahr 2023 etwas auf 2,4 Prozent und im Jahr 2024 deutlich auf 1,2 Prozent; im Jahr 2025 bleibt sie praktisch unverändert. Während die Corona-Maßnahmen im Jahr 2023 weitgehend entfallen, steigen die Hilfen im Zuge der Energiekrise und der hohen Inflation noch etwas. Diese Hilfen nehmen aber im Jahr 2024 stark ab und entfallen danach. Die Schuldenquote fällt auf 62 Prozent im Jahr 2025.

Im Vergleich zum Dezember revidierten die Bundesbank-Fachleute ihre Erwartungen für die Rate des Bruttoinlandsprodukts für das laufende Jahr leicht nach oben, vor allem aufgrund der Entspannung an den Energiemärkten. Für 2024 und 2025 ergibt sich wegen der höheren Zinsen und der geringeren Wettbewerbsfähigkeit hingegen ein geringeres Wirtschaftswachstum als noch vor einem halben Jahr erwartet. Die Inflationsrate wurde wegen der Energiepreisentwicklung insgesamt niedriger angesetzt, vor allem für die Jahre 2023 und 2024. Die Kernrate fällt nun allerdings durchweg spürbar höher aus.

Projektion Juni 2023

Veränderung ggü. Vorjahr in %

2022

2023

2024

2025

Reales BIP, kalenderbereinigt

1,9

-0,3

1,2

1,3

Reales BIP, unbereinigt

1,8

-0,5

1,2

1,2

Harmonisierter Verbraucherpreisindex

8,7

6,0

3,1

2,7

Harmonisierter Verbraucherpreisindex
ohne Energie und Nahrungsmittel

3,9

5,2

3,1

2,8

Quelle: Statistisches Bundesamt. 2023 bis 2025 eigene Projektion.