Eine Bankenunion allein wird nicht ausreichen, um die Risiken von Banken und Staaten zu entflechten Gastbeitrag im SAFE Newsletter Q1 2015

Die europäische Bankenunion ist mit vielen Erwartungen verbunden: Einheitliche Aufsichtsstandards sollen die Stabilität der Banken und die Integration der Finanzmärkte verbessern. Zudem sollen die Risiken von Banken und Staaten entflochten werden.

Doch die Bankenunion allein wird diese Ziele nicht erreichen können. Vielmehr sollte die Bankenunion in dreierlei Hinsicht solide verankert und ergänzt werden.

Erstens sollen durch den gemeinsamen Abwicklungsmechanismus private Investoren an Risiken beteiligt werden, die sich realisieren. Dazu müssen die neuen Regeln aber konsequent angewendet und Ausnahmen von der Gläubigerbeteiligung minimiert werden.

Die Abwicklungsbehörden haben einen Ermessensspielraum, der es ihnen ermöglicht, private Gläubiger von der Verlustbeteiligung auszunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass eine vollständige Gläubigerbeteiligung die Finanzstabilität gefährden würde. Sie befinden sich in einem Zielkonflikt: Je größer die Verluste, die von privaten Gläubigern übernommen werden, desto größer ist auch die Gefahr von möglichen negativen Effekten für die Stabilität des Finanzsystems. Je geringer aber die private Verlustübernahme, desto höher sind die Kosten für die öffentlichen Haushalte. Und desto geringer fällt auch die disziplinierende Wirkung für die Kapitalgeber aus.

Um das Haftungsprinzip durchzusetzen und möglichst wenige Ausnahmen von der Gläubigerbeteiligung zuzulassen, ist das amerikanische Modell der "Systemic Risk Exception" interessant: Nur in Systemkrisen kann dabei vom Prinzip der Gläubigerbeteiligung abgewichen werden. Jede Abweichung muss von einer deutlichen Mehrheit der relevanten Entscheidungsgremien genehmigt werden. Dies kann ein sinnvoller Ansatz sein, um die Glaubwürdigkeit von Abwicklungsregimen zu stärken und gleichzeitig bei Systemkrisen handlungsfähig zu sein.

Zweitens erfordert eine glaubwürdige Trennung der Risiken von Banken und Staaten weitere regulatorische Weichenstellungen. Mit Basel III und den zusätzlichen Kapitalanforderungen für systemrelevante Banken wird die Widerstandsfähigkeit der Kreditinstitute zwar gestärkt. Aber das reicht nicht aus. Wir müssen die Vorzugsbehandlung für staatliche Schuldtitel beenden. Staatsanleihen sollten, wie andere Forderungen der Banken auch, mit Eigenkapital unterlegt werden. Die bestehenden Grenzen für Großkredite sollten schrittweise auf Staatsschulden ausgedehnt werden.

Drittens sollten die Entwicklung und Integration der Märkte für Eigenkapital in Europa gefördert werden. Grenzüberschreitende Eigenkapitalbeteiligungen ermöglichen ein besseres Teilen von Chancen und Risiken. Dies stärkt die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems.

Ein Vergleich mit den USA zeigt, dass der Aktienbesitz dort viel weiter über das gesamte Land gestreut ist als in Europa. Trifft ein negativer Schock eine Industrie oder eine bestimmte Region, so wird dieser Verlust über die Region hinaus auf viele Schultern verteilt. Gleiches gilt für positive Entwicklungen, die sich in höheren Dividenden niederschlagen. Eigenkapitalgeber sind unmittelbar am ökonomischen Risiko, an Gewinnen und Verlusten, beteiligt. Gläubiger werden hingegen - außer im Fall der Insolvenz - bei Verlusten nicht herangezogen.

Die Integration der Märkte für Eigenkapital hat in Europa zwar zugenommen, aber die Eigentümerstrukturen vieler Unternehmen sind dennoch stark national geprägt. Eine bessere Integration der Märkte wird durch Unterschiede in den nationalen Steuer- und Rechtssystemen, durch unterschiedliche Marktpraktiken und nicht zuletzt durch politische Erwägungen behindert.

Kurzum: Die Bankenunion ist ein großer Schritt für die Eurozone und ein wichtiger Baustein für mehr Stabilität. Doch die Bankenunion alleine kann die Herausforderungen nicht lösen. Weitere Fortschritte und Maßnahmen in den angesprochenen Bereichen sind unumgänglich.