Der Verbriefungsmarkt ist besser als sein Ruf Gastbeitrag in der Börsen-Zeitung

Der Markt für Verbriefungen hat es seit der letzten Finanzkrise schwer. "Teufelszeug" oder "an allem schuld" - so werden Verbriefungen auch heute noch vielfach beschrieben. Viele Menschen haben noch in Erinnerung, dass Verbriefungen minderwertiger Immobilienkredite in den USA ein Auslöser der Finanzkrise waren.

Dabei ist die grundlegende Idee einer Verbriefung eine gute: Ein Bündel von Forderungen wird in handelsfähige Wertpapiere umgewandelt und am Kapitalmarkt platziert. Unternehmen können so ihre Kundenforderungen verkaufen und mit den Erlösen Investitionen tätigen oder Fremdkapital abbauen. Banken haben ebenfalls Vorteile von der Verbriefung: Wenn sie Kredite in Wertpapieren bündeln und weiterveräußern, müssen sie automatisch weniger Kapital zur Abdeckung möglicher Ausfälle vorhalten. Mit dem frei werdenden Eigenkapital können sie dann neue Kredite vergeben.

Problematisch wird es, wenn durch Verbriefungen Risiken verschleiert und auf intransparente Weise im Finanzsystem verteilt werden - so geschehen in der amerikanischen Subprime-Krise. Von dem damals entstandenen Imageverlust hat sich der Verbriefungsmarkt in Europa noch nicht erholt. Und das, obwohl die Ausfallraten europäischer Verbriefungen während der Krise deutlich geringer waren als diejenigen der amerikanischen Emittenten. So lagen die Ausfallraten von Verbriefungen amerikanischer Wohnimmobilienkredite während der Finanzkrise zwischen 3 % und 15 %, während sie im europäischen Markt auf höchstens 1 % kamen.

Vor diesem Hintergrund sind auf Regulierungsebene einige Initiativen gestartet worden, die darauf abzielen, die europäischen Verbriefungsmärkte wiederzubeleben. Dazu gehören auch Vorschläge der EU-Kommission für einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen (STS - "simple, transparent, standardised"). Die EU-Kommission will bis Herbst dieses Jahres einen Gesetzesvorschlag unterbreiten, der den Besonderheiten von STS-Verbriefungen Rechnung tragen soll. Das begrüße ich ganz ausdrücklich.

In eine ähnliche Richtung geht auch eine gemeinsame Initiative des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO). Der BCBS hat im Juni dieses Jahres Kriterien für einfache, transparente und vergleichbare Verbriefungen (STC - "simple, transparent, comparable") veröffentlicht. Derzeit diskutiert der Baseler Ausschuss darüber, wie STC-Verbriefungen in das Baseler Verbriefungs-Rahmenwerk eingebettet werden können. Insbesondere geht es um die Frage, ob und inwieweit STC-Verbriefungen bei den Kapitalanforderungen gegenüber anderen Verbriefungen bevorzugt werden sollen. Aus meiner Sicht hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, ob die STC-Verbriefungen im Vergleich zu anderen Verbriefungen weniger riskant und geringere Eigenkapitalanforderungen daher angemessen sind.

Die Vorschläge für hochwertige Verbriefungen können einen großen Beitrag dazu leisten, dem europäischen Verbriefungsmarkt neue Impulse zu geben. Aus meiner Sicht sind dabei zwei Dinge zentral: Erstens müssen die richtigen Anreize gesetzt werden, zweitens muss die Transparenz erhöht und die Komplexität verringert werden.

Das Problem von Fehlanreizen liegt in der Natur der Verbriefung: Wenn eine Bank weiß, dass sie ihre Kredite und deren Risiken in Form von Verbriefungen weitergeben kann, wird sie unter Umständen schlechtere Kredite vergeben als eine Bank, die ihre Kredite in der eigenen Bilanz behält. Diese Art des Fehlanreizes ist eng mit dem so genannten "originate to distribute"-Geschäftsmodell verbunden und hat in der amerikanischen Immobilienkrise eine bedeutende Rolle gespielt. In der EU wurde daher 2009 beschlossen, dass Banken einen Teil des verbrieften Kreditbündels in der eigenen Bilanz halten müssen. Durch diesen Selbstbehalt soll die Bank ein Interesse daran bekommen, streng auf die Qualität der Kredite zu achten.

Mit Blick auf die Komplexität zielen die aktuellen Vorschläge unter anderem darauf ab, dass die einer Verbriefung zu Grunde liegenden Forderungen weitgehend homogen sein sollen. Es sollen also nicht verschiedene Arten von Krediten miteinander vermischt werden. Gleichzeitig sollen Derivate nur für Zwecke des Hedgings verwendet werden dürfen, während Wiederverbriefungen explizit ausgeschlossen sein sollen. Transparenter sollen die Verbriefungen dadurch werden, dass für alle Transaktionen Offenlegungsanforderungen erfüllt werden müssen und ihre vertragliche Dokumentation standardisiert werden soll.

Bei allen derzeitigen Initiativen ist für mich entscheidend, dass international ein einheitliches Regelwerk für den Verbriefungsmarkt entsteht, das im Interesse Aller liegt - denn der Verbriefungsmarkt zeichnet sich vor allem durch seine Internationalität aus. Daher fordere ich, noch vor Abschluss der Arbeiten auf europäischer Ebene zu versuchen, einen möglichst weitgehenden Gleichklang der internationalen Regulierung herzustellen und insbesondere bei den Maßnahmen des BCBS alle Mitgliedsländer einzubeziehen.

Wenn es gelingt, auf internationaler Ebene einen Standard für hochwertige Verbriefungen zu schaffen, wird das Vertrauen in dieses Finanzinstrument zurückkehren und den europäischen und internationalen Verbriefungsmarkt beleben. Das hätte vielfältige positive Auswirkungen für Kreditinstitute und würde der Realwirtschaft eine weitere nachhaltige Finanzierungsquelle erschließen.