Bundesbankbilanz zeigt die Spuren des Corona-Schocks Gastbeitrag in der FAZ
Seit vergangenem Jahr beeinflussen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie das Bilanzbild der Bundesbank erheblich. Die Pandemie und die zu ihrer Eindämmung erforderlichen Maßnahmen haben zeitweise ganze Wirtschaftsbereiche lahmgelegt. Darüber hinaus war insbesondere zu Beginn der Krise die Verunsicherung in der Bevölkerung groß.
Anders als 2008 ist das Finanzsystem dieses Mal nicht Ausgangspunkt der Krise. Um finanzielle Rückkoppelungseffekte in der Pandemie möglichst im Keim zu ersticken, galt es jedoch zu verhindern, dass sich die Krise auf den Finanzsektor ausweitet. Denn dies hätte die Probleme der Realwirtschaft gravierend verschärft und somit die Preisstabilität gefährdet. Auch ohne solche Rückkoppelungseffekte hat sich jedoch der Preisausblick im Euroraum infolge des Wirtschaftseinbruchs spürbar verschlechtert. Der EZB-Rat hat daher entschlossen reagiert und eine Reihe geldpolitischer Maßnahmen ergriffen. Neben der massiven Ausweitung der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte hat das Eurosystem im großen Umfang zusätzliche Euro-Wertpapiere für geldpolitische Zwecke erworben.
Die Bilanz der Bundesbank spiegelt diese geldpolitischen Maßnahmen wider. So ist die Bilanzsumme in der Corona-Pandemie erheblich gewachsen und hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchstwert erreicht. Allein das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) macht gut ein Fünftel des gesamten Anstiegs der Bilanzsumme für das Jahr 2020 aus.
Im Rahmen des PEPP kauft das Eurosystem auch im großen Umfang Anleihen der Mitgliedstaaten. Solche Käufe von Staatsanleihen können ein wirkungsvolles und legitimes Mittel der Geldpolitik sein. Sie bergen aber auch die Gefahr, dass die in der Währungsunion besonders wichtige Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik verwischt wird. Daher sollten aus Sicht der Bundesbank umfangreiche Käufe von Staatsanleihen Ausnahmesituationen vorbehalten bleiben, wie die Pandemie eine ist.
Der weitere Verlauf der Corona-Pandemie und ihre gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen bleiben unsicher. In solchen Situationen sind Werte, die hohes Vertrauen genießen, bei den Bürgerinnen und Bürger besonders gefragt, auch das zeigt die Bilanz. So ist im Laufe des vergangenen Jahres aufgrund des deutlich gestiegenen Goldpreises die bilanzielle Neubewertungsreserve für Gold, ausgedrückt in Euro, auf der Passivseite merklich gewachsen. Ebenso hat sich die seit Jahren steigende Nachfrage nach Bargeld in der Pandemie, teilweise sogar verstärkt, fortgesetzt.
Die Bilanz der Bundesbank für 2020, die am Mittwoch veröffentlicht wird, ist somit nicht bloß ein flüchtiger Schnappschuss der Lage zum Jahresende. Sie zeigt vielmehr die Spuren eines gesamtwirtschaftlichen Schocks historischen Ausmaßes. Um die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu bewältigen, spielt auch die Geldpolitik in der Pandemie eine bedeutende Rolle. Und genau diese Anstrengungen mit all ihren Auswirkungen schlagen sich in der Bilanz für 2020 – und voraussichtlich auch in diesem Jahr – beachtlich nieder.