Aussitzen könnte für Institute fatal enden Gastbeitrag in der SparkassenZeitung

Das andauernde Niedrigzinsumfeld stellt mittel- bis langfristig für deutsche Kreditinstitute eine enorme Herausforderung dar. Diese resultiert vor allem an der Ausrichtung der Geschäftsmodelle hierzulande, die zu einem sehr großen Teil vom Zinsergebnis abhängen.

Bundesbank und BaFin haben die Herausforderungen früh erkannt und deshalb bereits 2013 und 2015 Umfragen zu den Ertragsperspektiven und zur Widerstandsfähigkeit der Banken und Sparkassen im Niedrigzinsumfeld durchgeführt.[1] Unsere Umfrage 2015 zeigte, dass die Erträge im Zuge rückläufiger Margen im Zinsgeschäft sinken. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Ursachen. Erstens müssen auf der Aktivseite auslaufende, höher verzinste Bestandsgeschäfte durch niedriger verzinste Neugeschäfte ersetzt werden; zweitens ist auf der Passivseite ist die Weitergabe von negativen Zinsen sehr schwierig, zumindest im Privatkundenbereich.

Während also bisher für die Mehrheit, insbesondere für die kleineren deutschen Institute die Refinanzierung durch Kundeneinlagen ein Vorteil war, kehrt sich diese Refinanzierungsstruktur im Niedrigzinsumfeld in einen Nachteil um und wird sogar zur Belastung, da die Mittelaufnahme am Geld- und Kapitalmarkt zusehends attraktiver ist.

Darüber hinaus zeigte die Umfrage erste Anzeichen, dass Banken im Niedrigzinsumfeld höhere Risiken eingehen, um Ertragsverluste zu kompensieren: Im Eigengeschäft mit Wertpapieren wurden vermehrt Portfolioverschiebungen hin zu Wertpapieren mit niedrigeren Ratings und längeren Laufzeiten getätigt.

Mittel- bis langfristig stellt das Niedrigzinsumfeld also eine Gefahr dar. Um für diese Gefahr ein genaueres Gespür zu bekommen, hat die  Umfrage die Ertragslage von Banken und Sparkassen für  drei Szenarien untersucht: Erstens für das Szenario des Fortbestehens niedriger Zinsen, zweitens für den  Fall des weiteren Absinkens des Zinsniveaus sowie drittens für das Szenario eines plötzlichen Zinsanstiegs. Beim Fortbestehen des damals gültigen  Zinsniveaus ergaben die Analysen einen Rückgang des Ergebnisses vor Steuern um rund 25 Prozent. Die anderen Szenarien zeigen ein noch schlechteres Bild: Bei einem weiteren Absinken des Zinsniveaus sinkt das Ergebnis sogar um 60 %. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Geschäftsergebnisse deutscher Kreditinstitute derzeit durch positive wirtschaftliche Rahmenbedingungen begünstigt werden. Im historischen Vergleich übliche Bewertungsergebnisse würden die strukturelle Erosion der Ergebnislage der Kreditinstitute deutlich beschleunigen.

Das Ergebnis der Studie ist, dass es den meisten Instituten in Deutschland im Moment zwar verhältnismäßig gut geht, sie aber vor dem Hintergrund des auf mittlere bis lange Sicht anhaltenden Niedrigzinsumfelds mit einem immer schwierigeren Umfeld rechnen müssen. Die Bundesbank achtet daher besonders auf die zinsbezogenen Risiken und bereiten zudem eine Neuauflage der Niedrigzinsumfeld-Umfrage für das Jahr 2017 vor.

Zinslastige Geschäftsmodelle werden also mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur temporär unter Druck bleiben, sondern ihre Robustheit wird nachhaltig auf die Probe gestellt. Banken und Sparkassen müssen sich diese Herausforderung stellen, um zu bestehen. Jedes Institut wird dabei für sich selbst entscheiden müssen, an welchen Stellhebeln man ansetzen will – Ansatzpunkte gibt es sowohl auf der Kosten- als auf der Ertragsseite. Ein Petitum bleibt: Die Institute dürfen ihre Risikobereitschaft, um sinkende Margen bei risikoarmen Geschäften auszugleichen, nicht unverantwortlich ausweiten. Dem Eurosystem muss es darum gehen, die Geldpolitik zu normalisieren, sobald es aus Sicht der Preisstabilität geboten ist.

Fußnote:

  1. Hieran nahmen rund 1.500 der kleineren und mittelgroßen Institute teil. Für weitere Informationen siehe Pressemitteilung.