Auch Zentralbanken spielen im Kampf gegen den Klimawandel eine Rolle Gastbeitrag in der Financial Times

Klimabedingte Finanzrisiken rücken in den Fokus von Zentralbanken. Sie finden vermehrt Eingang in die Notenbankanalysen zur Finanzstabilität und zur Wirtschaftslage sowie in Stresstests für Banken.

Die Zeit ist reif für Zentralbanken, klimabedingte finanzielle Risiken auch in der Umsetzung der Geldpolitik zu berücksichtigen. Diese Aufgabe stellt eine Herausforderung dar. Sie erfordert eine größere Menge an Daten, die eine Bewertung des Klimarisikos erlauben, eine gründliche Methodik und vor allem Zeit.

Die Durchführung der Geldpolitik – zu der auch Kreditgeschäfte sowie Anleihekäufe zählen – hängt wesentlich von einer sorgfältigen Risikobeurteilung ab. Diese schützt die Bilanzen der Zentralbanken vor potenziellen Verlusten und grenzt das Risiko beim Ausfall von Geschäftspartnern und Emittenten ein.

Im Rahmen der Risikobeurteilung greifen die Notenbanken auf interne sowie auf externe Expertise zurück. Zu nennen sind hier vor allem die wichtigsten Ratingagenturen, die schon jetzt klimabedingte Finanzrisiken verstärkt in den Blick nehmen.

Viele Agenturen veröffentlichen bereits ergänzende Öko-Ratings sowie spezielle Umwelt-Kommentare. Allerdings haben sie bislang noch keine umfassende Ratingmethodik entwickelt, in der die mit dem Klimawandel verbundenen Finanzrisiken auf geeignete Weise berücksichtigt werden und die zugleich den sich weiterentwickelnden regulatorischen Standards genügen.

Dies ist kein leichtes Unterfangen, denn granulare Daten, die abbilden, wie exponiert die Unternehmen und Branchen gegenüber Klimarisiken sind, liegen nicht vor. Ohne historische Evidenz und die Möglichkeit des Backtestings wird die Validierung einer neuen Ratingmethodik wesentlich schwieriger.

Überdies besteht noch das Problem des Zeithorizonts. Im Allgemeinen zeigen Ratingnoten die Ausfallwahrscheinlichkeit über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren an. Große Klimarisiken werden möglicherweise nicht vor Ablauf der nächsten Dekade schlagend. Andere hingegen könnten bald akut werden, da die politisch Verantwortlichen Unternehmen dazu drängen, die Kosten im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu internalisieren.

Welche Möglichkeiten haben Notenbanken, diese Probleme abzumildern? Im Gegensatz zu den Banken des Privatsektors sind Zentralbanken dem Grundsatz der „Marktneutralität“ verpflichtet. Dies bedeutet, dass sie in der Umsetzung der Geldpolitik den Preisfindungsmechanismus der Märkte nicht stören dürfen. Bestimmte Branchen bevorzugt zu behandeln oder sozialem Druck nachzugeben verstieße gegen diesen Grundsatz.

Allerdings können Zentralbanken durchaus als Katalysator fungieren, indem sie die Notenbankfähigkeit von Vermögenswerten an Meldepflichten klimabedingter Risiken knüpfen. Sie könnten beispielsweise keine Wertpapiere von Unternehmen mehr ankaufen, die Klimarisiken nicht ausweisen.

Daraus ergäben sich auch positive Nebeneffekte. Aufgrund strengerer Meldevorgaben wird sich die Verfügbarkeit von Daten, die für eine Einschätzung klimabedingter Finanzrisiken relevant sind, rasch erhöhen.

Aber die Zentralbanken sollten hier nicht aufhören, sondern dieselben Überlegungen auch auf ihre internen Ratings anwenden, indem sie beispielsweise die Bonität von Unternehmen bei fehlender Transparenz herabstufen.

Die Bundesbank schätzt, im Rahmen ihrer Bonitätsanalyse, die einjährige Ausfallwahrscheinlichkeit eines Unternehmens anhand eines zweistufigen Verfahrens. In der ersten Stufe wird ein Klassifizierungsvorschlag auf Basis verschiedener Kennzahlen (z. B. Unternehmensgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) ermittelt. In der zweiten Stufe werden weitere qualitative Informationen berücksichtigt, darunter auch ökologische, soziale und Governance-Gesichtspunkte. Überdies plant die Bundesbankzusätzlich Szenarioanalysen durchzuführen und die potenziellen Kosten klimapolitischer Maßnahmen (wie die Kohlendioxidsteuer) für ein Unternehmen zu berechnen.

Die Entwicklung einer soliden und konsistenten Methode zur Erfassung von Klimarisiken kann nicht im Schnellverfahren erreicht werden. Aber wenn Zentralbanken jetzt zusammenarbeiten, wird es ihnen in den nächsten Jahren gelingen, klimabedingte Finanzrisiken in der Umsetzung der Geldpolitik besser zu erfassen.

Übersetzte Fassung: Dieser Gastbeitrag wurde in eng­li­scher Spra­che veröffentlicht. Der vor­lie­gen­de Text wurde von der Bun­des­bank über­setzt.