Im Zeichen der Lilie Der Goldgulden von Florenz
Republik Florenz
Fiorino d'oro o.J. (1318/1319)
Münzstätte: Florenz
Münzmeister: Catellino Aldobrandi
Material: Gold
Gewicht: 3,49 g
Durchmesser: 19,9 mm
Florenz gehörte zum Kreis der unabhängigen Stadtstaaten Ober- und Mittelitaliens, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung auch einen Machtfaktor im politischen Kräftespiel darstellten. Mit über 60.000 Einwohnern war das mittelalterliche Florenz eines der größten Gemeinwesen Europas. Grundlage der wirtschaftlichen Macht war neben der hochwertigen Tuchindustrie in zunehmendem Maße der Geldhandel und das sich daraus entwickelnde Bankwesen.
Das Geldwesen des Mittelalters erwies sich für die wirtschaftlich aufstrebenden Städte als Hemmschuh. Fast ein halbes Jahrtausend lang genügte das auf dem silbernen Denar (Pfennig) basierende Währungssystem den Anforderungen von Wirtschaft und Handel im christlichen Europa. Dieses nahm mit seiner Silberwährung eine Sonderstellung ein, denn in den Währungssystemen der islamischen Staaten und des Byzantinischen Reiches waren Goldmünzen fester Bestandteil. In Europa waren sie nicht unbekannt, denn Goldmünzen aus dem Mittelmeerraum gelangten z.B. als Geschenke im Rahmen diplomatischer Beziehungen oder als Kriegsbeute nach Europa. Der entscheidende Wandel in Europa vollzog sich im 13. Jahrhundert, als Wert und Menge des umlaufenden Geldes zunahmen. Nachdem Florenz und Genua 1252 begonnen hatten, Goldmünzen zu prägen, etablierte sich Gold als zweites Währungsmetall neben Silber. Eine Goldmünze ersetzte nicht nur ein ganzes Pfund Pfennige (240 Exemplare), sondern sie zirkulierte auch in größerem Umfang, praktisch in ganz Europa. Dass die ersten Goldmünzen Anfang der 1250er Jahre geprägt wurden, hängt vermutlich auch mit dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II. im Jahr 1250 zusammen. Die Goldprägung galt seit der Antike als kaiserliches Privileg, weshalb man zu Lebzeiten des Kaisers nicht damit zu beginnen wagte. Neben dem Wunsch nach einem hohen Nominal war auch die Möglichkeit, lukrative Geschäfte zu tätigen, ein Anreiz, Goldmünzen zu prägen. Im Handel mit Nordafrika konnte afrikanisches Gold günstig gegen europäisches Silber eingetauscht werden. Das Verhältnis von Gold zu Silber war in Europa mit 1:10 bis 1:12 deutlich höher als im Maghreb, wo der Kurs nur 1:6 bis 1:8 betrug.
Unter den Goldmünzen erlangte die Florentiner Prägung, der Fiorino d'oro, in Deutschland auch Floren genannt, besondere Bedeutung. Dieser Goldgulden war eine Feingoldmünze mit einem Gewicht von 3,53 g. Ein Floren entsprach dem Rechnungspfund (lira) zu 20 Schillingen (soldi) à 12 Pfennige (piccoli). Damit passte er gut in das System der Gewichts- und Maßeinheiten, was für seine Einführung in den Zahlungsverkehr entscheidend war.
Auf der Vorderseite prägten die Florentiner eine Lilie mit drei Blütenblättern und zwei Staubgefäßen sowie die Umschrift "FLORENTIA", also das Wappen und den Namen der Stadt. Von diesem Münzbild der Lilie (lat. flos) leitet sich der deutsche Münzname Floren ab.
Die Rückseite zeigt den Stadtpatron Johannes den Täufer. Der Heilige hält in der Linken ein Kreuzzepter, die Rechte ist segnend erhoben. Die lateinische Umschrift "S(anctus) IOHANNES B(abtista)" erklärt das Bild. Das Symbol links neben dem Johanneskopf ist das Zeichen des Münzmeisters, der für die Prägung verantwortlich war. Die strahlende Sonne bezeichnet den Münzmeister Catellino Aldobrandi, der vom 1. November 1318 bis zum 30. April 1319 die für die Herstellung der Goldmünzen zuständige Münzstätte leitete.
Die Florentiner Goldgulden wurden in großen Mengen geprägt - aus dem 14. Jahrhundert sind jährliche Auflagen von 350.000 bis 400.000 Stück überliefert. Sie dienten auch als Vorbild für eine Reihe weiterer Goldmünzen, von denen der venezianische Dukat, der dem Florentiner gleichwertig war, die bedeutendste war. Im 14. Jahrhundert war es der Floren, der von Spanien über Frankreich, die Niederlande und Deutschland bis nach Ungarn von einer Vielzahl von Münzherren nachgeprägt wurde und so zu einer der beliebtesten Handelsmünzen Europas avancierte. Im Alltag benutzte der "Mann auf der Straße" natürlich die kleinen Silbermünzen, um seine täglichen Geschäfte abzuwickeln. Dafür war der Wert eines Goldguldens viel zu hoch. Er entsprach im 14. Jahrhundert etwa dem Monatslohn eines einfachen Arbeiters, eines Maurers oder Zimmermanns. Der Goldgulden war das Zahlungsmittel der Wahl, wenn es darum ging, größere Summen zu begleichen.
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