Die Herrschaft des Rechts Die 24-Livres-Münze Frankreichs
Republik Frankreich
24 Livres, 1793
Münzstätte: Paris
Material: Gold
Gewicht: 7,64 g
Durchmesser: 23,8 mm
Als am 14. Juli 1789 die Pariser Bevölkerung die Bastille stürmte, veränderte sich das Gesicht Europas nachhaltig. In Frankreich regierte damals Ludwig XVI. als König von Gottes Gnaden. Er stand in der Tradition des Sonnenkönigs Ludwig XIV. und war ein nahezu unumschränkter Herrscher. Das Land befand sich in einer schwierigen Lage. Breite Bevölkerungsschichten waren verarmt, während der Adel in Saus und Braus lebte. An jenem schicksalhaften Tag entlud sich die angespannte Situation.
Die Französische Revolution veränderte Frankreich nachhaltig, auch das Münzwesen blieb davon nicht unberührt. Münzen als gesetzliche Zahlungsmittel drücken immer auch das Selbstverständnis des Staates aus, der sie herausgibt. So tragen die alten Goldmünzen Ludwigs XVI. auf der einen Seite sein Porträt und auf der anderen die gekrönten Wappenschilde Frankreichs und Navarras. Diese Bildsymbolik war mit der neuen Zeit nicht mehr vereinbar. Zunächst wurde nur die Rückseite neu gestaltet, das Porträt des Königs blieb auf der Vorderseite der Münze. Formal war Frankreich weiterhin eine Monarchie mit Ludwig XVI. als König, auch wenn dieser de facto abgesetzt war. Die neuen Rückseiten der Gold- und Silbermünzen wurden nach einem Entwurf von Augustin Dupré gestaltet:
Der geflügelte Genius Frankreichs schreibt mit dem Zepter der Vernunft das Wort "CONSTITUTION" (Verfassung) auf eine Tafel, die auf einem Altar steht. Die Legende verkündet in der Landessprache französisch und nicht mehr lateinisch "REGNE DE LA LOI" (Herrschaft des Rechts). Links vom Genius ist ein Liktorenbündel mit Jakobinermütze dargestellt. Es symbolisiert Einigkeit und bewaffnete Macht. Das Liktorenbündel, ein Rutenbündel mit einer Axt, symbolisierte in römischer Zeit die Rechtsgewalt der Konsuln und Prätoren.
Der Hahn rechts vom Altar wacht über die Freiheit. Augustin Dupré hat seinen Namen in den Sockel des Altars eingravieren lassen.
Als im August 1792 Volksmassen aus den Pariser Vorstädten das Tuilerienschloss, die Residenz der königlichen Familie, am Ufer der Seine stürmten, trat die Französische Revolution in eine neue Phase. Zwei Monate nach diesem Ereignis schaffte der Nationalkonvent die Monarchie ab und rief die (Erste) Republik aus. Ludwig XVI. wurde zum Tode verurteilt und Anfang 1793 durch die Guillotine hingerichtet.
Mit der Einführung der Republik mussten auch die Münzen republikanisch werden. Die neue Umschrift lautete "REPUBLIQUE FRANÇOISE" und ein Eichenkranz ersetzte das königliche Porträt. Im Kranz ist der Nennwert in der Rechnungseinheit Livre angegeben. Unter dem Nennwert steht der Buchstabe "A", der die Münzstätte angibt. Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Frankreich 17 Münzstätten, von denen fünf auch 24-Livre-Stücke prägten. Jede Münzstätte hatte ihr eigenes Zeichen. Unsere Münze wurde in Paris geprägt. Die Symbole "Lyra" und "Leopard" sind ebenfalls administrative Abkürzungen. Sie bezeichnen den für die Prägung verantwortlichen Münzdirektor Alexandre Louis Roëttiers de Montaleau (Leopard) und den Stempelschneider François Bernier (Lyra).
Ein weiteres bemerkenswertes Detail unserer Münze ist ihre Datierung: Während die Rückseite nach christlicher Zeitrechnung datiert ist, zeigt die Vorderseite das Prägejahr nach dem 1793 eingeführten republikanischen Kalender, der am 22. September 1792 mit dem Jahr I begann. Die neue Zeitrechnung überdauerte jedoch kaum ein Jahrzehnt. Schon 1805 war sie wieder Geschichte.
Als 1795 die Dezimalteilung eingeführt und der Franc zur neuen französischen Währungseinheit wurde, endete die Prägung der 24-Livre-Münzen. Die Zukunft sollte dem Franc gehören, der in 10 Décimes zu je 10 Centimes unterteilt war. Der Name Franc, der übersetzt "frei" bedeutet, war als Münzbezeichnung bereits im 14. Obwohl die 24 Livres nur wenige Jahre geprägt wurden, geht mit ihnen eine Epoche der französischen Münzgeschichte zu Ende. Ihr Münzfuß entsprach dem des Louis d’or. Der seit 1640 geprägte Louis d’or war nicht nur über eineinhalb Jahrhunderte die wichtigste französische Goldmünze, sondern zählte auch zu den bedeutendsten Goldmünzsorten überhaupt.