Wirtschaftliche Risiken für Deutschland aus der Verflechtung mit China
Die Volksrepublik China kämpft derzeit wirtschaftlich mit erheblichen Problemen, die auch auf Deutschland ausstrahlen könnten. Zudem hat sich das Verhältnis westlicher Industrienationen zur Volksrepublik in letzter Zeit spürbar eingetrübt. Geäußert habe sich dies in verschärften handels- und geopolitischen Spannungen. Insbesondere geopolitische Entwicklungen würden große Gefahren für die Wirtschaftsbeziehungen bergen. Verwirklichen sich diese Risiken, könnte dies die deutsche Wirtschaft hart treffen
, schreiben die Fachleute der Bundesbank im Monatsbericht Januar. Der Bericht untersucht die deutschen Abhängigkeiten zu China. Er geht dabei der Frage nach, inwiefern die deutsche Wirtschaft eine Wirtschaftskrise in China oder eine abrupte Abkopplung von der Volksrepublik verkraften könnte. Dabei werden auch mögliche Lieferkettenstörungen und insbesondere die Risiken für die Finanzstabilität berücksichtigt.
Deutsche Wirtschaft stark von China abhängig
Eine Wirtschaftskrise in China derart, wie sie in der Vergangenheit in anderen Ländern nach einer Korrektur übermäßigen Kreditwachstums eingetreten ist, wäre für die deutsche Wirtschaft wohl verkraftbar
, schreiben die Autoren. Das reale Bruttoinlandsprodukt könne im Falle einer Wirtschaftskrise in China laut Berechnungen der Bundesbank im ersten Krisenjahr um 0,7 Prozent niedriger ausfallen als ansonsten erwartet. Im zweiten Jahr müsse mit Einbußen um 1 Prozent gerechnet werden.
Eine abrupte Abkopplung, etwa infolge einer geopolitischen Krise, würde jedoch speziell die deutsche Industrie erheblich stärker treffen
, heißt es im Monatsbericht. Direkt in China engagierte Unternehmen könnten einen substanziellen Teil ihrer Umsatz- und Gewinnbasis verlieren. Zwar gingen 2022 nur 7 Prozent der gesamten deutschen Warenausfuhren nach China. Einige Branchen wie der Automobilsektor, Maschinenbau, Elektronik oder Elektrotechnik, hingen aber deutlich stärker von der chinesischen Nachfrage ab.
Weitaus größer sei zudem der Kreis der Unternehmen, die direkt oder indirekt von kritischen Vorleistungsgütern, wie beispielsweise Akkus und Batterien, sowie einigen Rohstoffen wie Seltenen Erden aus China abhängen. Ausbleibende Lieferungen könnten in Deutschland zu erheblichen Produktionsausfällen führen. Einer repräsentativen Umfrage der Bundesbank zufolge bezog im Verarbeitenden Gewerbe fast jedes zweite Unternehmen direkt oder indirekt kritische Vorprodukte aus China. Hinzu kämen Ausstrahleffekte, die ähnliche Probleme in anderen Volkswirtschaften auslösen könnten. Über die damit verbundene erhöhte gesamtwirtschaftliche Unsicherheit wären wohl auch weitere Wirtschaftsbereiche hierzulande betroffen
, schreiben die Fachleute. Insgesamt würden die gesamtwirtschaftlichen Einbußen die Kosten der weitreichenden Abkopplung von Russland wohl klar in den Schatten stellen.
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Finanzsystem ebenfalls gefährdet
Aus der engen realwirtschaftlichen Verflechtung zwischen Deutschland und China erwachsen auch beträchtliche Risiken für das deutsche Finanzsystem
, heißt es im Bericht. Zwar seien die direkten Verflechtungen von deutschen Finanzintermediären mit China eher gering. Im Vergleich mit Kreditnehmern aus anderen Ländern nehme das gesamte Kreditvolumen gegenüber China gerade einmal den 20. Platz ein und sei auch in den vergangenen Jahren nicht signifikant gestiegen. Deutsche Banken haben aber hohe Forderungen gegenüber inländischen Unternehmen und Sektoren, die stark von China abhängen
, so die Autoren des Berichts. Eine weitreichende Störung der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen würde diese deutlich treffen und letztlich die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten erhöhen. Hinzu kämen wahrscheinlich weitere Belastungen für das deutsche Finanzsystem unter anderem durch einen allgemeinen Vertrauensverlust auf den weltweiten Finanzmärkten.
Abhängigkeiten, Risiken aber auch Vorteile enger Wirtschaftsbeziehungen zu China
Die Autoren berücksichtigen in ihrem Bericht bei der Bewertung der Risiken auch die Vorteile der engen Verflechtungen zu China. Viele deutsche Industrieunternehmen hätten in der Vergangenheit hohe Umsätze und Gewinne aus der Produktion in China und hohe Erlöse aus den Exporten nach China generiert. Eine Abkehr von China dürfte daher auch langfristig mit unternehmerischen und volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein
, so die Autoren. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Abhängigkeiten geordnet und graduell reduziert würden.
Deutschen Unternehmen würde ein wichtiger Absatzmarkt entgehen und viele Lieferketten ließen sich wohl nur unter größeren Effizienzverlusten neu ausrichten. Hinzu käme, dass China bei manchen Produkten eine starke oder monopolähnliche Stellung einnehme und die Abhängigkeiten daher allenfalls mittel- bis langfristig verringert werden könnten.
Die Autoren sprechen sich daher gegen eine einseitige Abkehr von China aus, fordern aber die Risiken weiter zu reduzieren: Unternehmen und Politik sollten weiter Anstrengungen unternehmen, um Risiken zu reduzieren und die Widerstandsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft zu stärken.