Begrüßungsrede von Jens Weidmann bei der zweiten Finanzmarktkonferenz ©Tim Wegner

Weidmann und Mauderer: Klimaschutz ist für Notenbanken sehr bedeutendes Thema

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat davor gewarnt, die Geldpolitik mit umweltpolitischen Zielen zu überfrachten. „Forderungen nach einer grünen Geldpolitik, etwa in Gestalt eines ‚Green QE‘ oder einer gezielten Privilegierung innerhalb des Sicherheitenrahmens, sehe ich sehr kritisch“, sagte Weidmann bei der zweiten Finanzmarktkonferenz der Bundesbank in Frankfurt am Main. „Unser Mandat lautet Preisstabilität, und bei der Umsetzung unserer Geldpolitik ist der Grundsatz der Marktneutralität zu beachten“, so Weidmann weiter. Bevorzugt grüne Anleihen zu kaufen, würde diesem Grundsatz widersprechen. Zudem könnten sich aus Sicht von Weidmann Zielkonflikte ergeben, sobald es geldpolitisch geboten ist, aufs Bremspedal zu treten und den Ankauf von Anleihen zurückzufahren. "Es ist absehbar, dass dann Forderungen laut würden, das grüne Anleihekaufprogramm fortzusetzen", sagte er. Eine entschlossene und wirksame Klimapolitik halte er aber für geboten, nur eben mit den richtigen Instrumenten und durch die dafür demokratisch legitimierten Akteure.

Zentralbanken als Wegbereiter für mehr Nachhaltigkeit

Nichtsdestoweniger gibt es für die Bundesbank laut Weidmann Möglichkeiten, im Einklang mit ihrem Mandat den grünen Wandel im Finanzsystem zu unterstützen. Auf das breite Spektrum der Möglichkeiten ging Sabine Mauderer in ihrer Rede ein, die im Vorstand der Bundesbank unter anderem den Bereich Märkte verantwortet. „Zentralbanken können Wegbereiter für mehr Nachhaltigkeit sein“, unterstrich Mauderer, „insbesondere mit Portfolios, die nicht geldpolitisch geprägt sind, aber auch in ihrer Rolle als Fiskalagent.“ Die Bundesbank prüfe derzeit, wie nachhaltig ihr Euro-Eigenportfolio schon angelegt sei und wo es noch Entwicklungspotenzial gebe, so Mauderer. Darüber hinaus verwalte die Bundesbank als Fiskalagent Portfolios für externe Mandatsgeber der öffentlichen Hand. Eine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand ist aus Sicht von Mauderer für die Akzeptanz von nachhaltigen Finanzen in Deutschland von entscheidender Bedeutung.

Klimawandel als Quelle von Finanzrisiken

Weidmann und Mauderer thematisierten bei der Konferenz zudem die Rolle der Finanzaufsicht. Ihre Aufgabe sei es einzuschätzen, wie bedeutsam klimabezogene Risiken für das Finanzsystem seien, so Weidmann. „Und damit sind nicht nur die Risiken gemeint, die sich aus dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ergeben, sondern auch die Risiken aus dem Klimawandel selbst – etwa die Schäden aus einer Häufung von Extremwetterereignissen“, sagte er. Bislang würden die Kosten klimaschädlichen Handelns unzureichend berücksichtigt, kritisierte er. Mauderer forderte einen Klimastresstest für die Finanzaufsicht, für den allerdings zunächst die erforderlichen Daten und ein wachsendes Grundverständnis vorhanden sein müssten.

Mauderer: Klimaschutz braucht eine klare Rollenverteilung

Rede von Sabine Mauderer bei der zweiten Finanzmarktkonferenz ©Tim Wegner

Mauderer ging zudem auf die Rolle der Politik, des Finanzsektors und der Realwirtschaft für das Gelingen der nötigen Transformation ein. „Von der Politik brauchen wir gute Leitplanken für grüne Finanzierungsformen, im Idealfall auf internationaler Ebene“, sagte Mauderer. Finanzregulierung sei allerdings kein Instrument der Klimapolitik, sondern diene der Stabilität des Finanzsystems. Das Klimapaket der Bundesregierung bezeichnete sie als „gutes Startsignal“. Klar sei aber, dass weitere Schritte folgen müssten.

Von Finanzinstituten forderte Mauderer, die Klimarisiken in den Blick zu nehmen und gleichzeitig die Chancen des Wandels zu nutzen. „Mit einer klugen Kapitalallokation kann der Finanzsektor Renditen erwirtschaften und gleichzeitig Innovations- und Wachstumstreiber für den Klimaschutz sein“, sagte sie. Finanzinstitute und Finanzmärkte spielen laut Mauderer zudem eine zentrale Rolle für die effektive und effiziente Verteilung von Kapital in der Realwirtschaft, da sie mitentscheiden, welche Projekte finanziert würden.

Der wichtigste Akteur ist aus Sicht Mauderers allerdings die Realwirtschaft, insbesondere das produzierende Gewerbe. „Hier werden wichtige Weichen gestellt“, betonte sie. Viele Unternehmen hätten erkannt, dass in neuen Produkten und Dienstleistungen zum schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen wirtschaftliche Chancen steckten. „Jetzt gilt es auch beherzt zu handeln“, so Mauderer.

Green Washing schafft sehr viel Skepsis

Dass auf Kundenseite eine große Nachfrage nach nachhaltigen Investitionen besteht, zeigte das Panel am Nachmittag mit Fachleuten von Banken, Vermögensverwaltern und Versicherungen. Früher habe der Patriarch selbst entschieden, wie das Vermögen investiert worden sei, sagte Axel Weber (UBS). Heute sitze aber die nächste Generation, die sogenannten Millenials, mit am Tisch und fordere Nachhaltigkeit ein. Laut Philipp Hildebrand (BlackRock) könnten Geschäftsmodelle, die diese Bedürfnisse nicht berücksichtigten, gar nicht mehr aufrechterhalten werden. Gerade in Europa sei der Druck der Kundinnen und Kunden enorm. Weber warnte vor dem sogenannten Green Washing, also PR-Methoden, die beabsichtigen, einem Unternehmen ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. „Das schafft sehr viel Skepsis in der Industrie“, so Weber.